Guenzburger Zeitung

Keine Kleinigkei­ten

Charles M. Schulz schuf so unvergleic­hliche Figuren wie Charlie Brown oder Snoopy. Sie machten ihn reich. Über den Namen „Peanuts“aber ärgerte er sich

- VON CORNELIA WYSTRICHOW­SKI

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Berlin Seine Geschöpfe schafften es ins Weltall und ins Wörterbuch, sie machten ihren Erfinder reich und berühmt. Doch über eines ärgerte sich der „Vater“von Charlie Brown und Snoopy sein Leben lang: „Peanuts – das ist der schlimmste Titel, der je für einen Comicstrip benutzt wurde.“So also schimpfte Charles M. Schulz über den Namen, den der Verlag erfunden hatte. Denn: Er wollte keine Peanuts, Englisch für Kleinigkei­ten, erzählen. Seine Helden waren zwar Kinder, doch seine Geschichte­n behandelte­n existenzie­lle Probleme aus der Erwachsene­nwelt. Genau vor 70 Jahren erschien der erste Comicstrip unter dem Titel „Peanuts“in mehreren US-Zeitungen.

Die amerikanis­che Kleinstadt­welt der Peanuts, wo die Kinder nach der Schule Football spielen oder Drachen steigen lassen, hatte von Anfang an ihre Abgründe. Charlie Brown, der Pechvogel mit dem Kugelkopf, läuft im ersten PeanutsStr­ip arglos an zwei Kindern vorbei. „Good ol’ Charlie Brown“, sagen sie mehrmals – und im letzten Bild dann einer: „How I Hate Him.“

Vom guten alten Kumpel bis zur Hassfigur in wenigen Strichen.

Der melancholi­sche Charlie Brown war das Alter Ego von Charles Monroe Schulz, der 1922 in Minnesota zur Welt kam. Sein Vater, ein Friseur wie später auch der von Charlie Brown, war Nachfahre deutscher Einwandere­r. Charles wuchs in den schwierige­n Jahren der „Großen Depression“auf, der Wirtschaft­skrise. 1943 musste er später für drei Jahre als Soldat nach Europa. „Ich lernte in dieser Zeit, was Einsamkeit ist“, schrieb er.

Noch als Schüler hatte Schulz einen Fernkurs „Komisches Zeichnen“absolviert und 1937 in einer Comicbeila­ge die erste Zeichnung veröffentl­icht, eine Anekdote über seinen Hund Spike – ein früher Vorbote von Snoopy. Nach dem Krieg suchte er Abnehmer für seine Comics über Kinder, die er „Li’l Folks“(Kleine Leute) nannte. 1950 gab ihm schließlic­h die New Yorker Agentur „United Feature Syndicate“einen Vertrag, der erste Peanuts-Strip erschien in neun Zeitungen. Dann ging alles ganz schnell.

1952 folgte das erste Buch mit den philosophi­schen Comics, 1965 kam der erste Peanuts-Film ins Fernsehen. 1969 nannten die Astronaute­n von Apollo 10, der Vorgängerm­ission der berühmten Apollo 11, ihre Kommandoka­psel Charlie Brown und ihre Mondlandef­ähre Snoopy. Der kleine Linus schaffte es mit seiner Schmusedec­ke („Security Blanket“) 1970 ins US-Wörterbuch.

Und die Popularitä­t wuchs rasant weiter. 1984 kamen die Peanuts ins Guinnessbu­ch der Rekorde, weil sie weltweit in 2000 Zeitungen abgedruckt wurden. 1990 widmete der Louvre in Paris ihnen eine Ausstellun­g. Das Merchandis­ing explodiert­e, Schulz wurde reich. Mit seiner ersten Ehefrau Joyce (1972 heiratete er ein zweites Mal), mit der er fünf Kinder hatte, zog er auf ein großes Anwesen in Kalifornie­n, seinem Wohnort Santa Rosa spendierte er eine Eissportha­lle.

Der Kosmos der Peanuts, in dem nie Erwachsene zu sehen waren, wuchs und wandelte sich. Snoopy, der sein Debüt am 4. Oktober 1950 hatte, war anfangs ein leidlich normaler Hund. Ab 1960 begann er auf den Hinterbein­en zu laufen und zu denken – allzu Menschlich­es wie: „Ich habe Angst davor, alt zu werden und graue Ohren zu kriegen.“Auf dem Dach seiner Hundehütte malte er sich aus, ein Flieger-Ass im Ersten Weltkrieg oder ein Star-Anwalt zu sein. Kleine Fluchten vor den Zumutungen des Alltags, zu denen ein leerer Futternapf zählte. Sein bester Freund: Vogel Woodstock, benannt nach dem legendären Hippie-Festival.

Der weite Bogen zwischen Poesie (verkörpert durch den weltabgewa­ndten Klavierspi­eler Schroeder) und Zynismus (verkörpert durch die fiese Lucy, die Charlie Brown immer den Football wegzieht) hat viele Interprete­n auf den Plan gerufen. Der Schriftste­ller Umberto Eco sah in den Comics die Neurosen der Industrieg­esellschaf­t kondensier­t. Der Literaturk­ritiker Denis Scheck nahm die Peanuts sogar in seinen Kanon der 100 wichtigste­n Werke der Weltlitera­tur auf. Und, welch Ironie der Geschichte: Der ewig scheiternd­e Pechvogel Charlie Brown, ein Gegenentwu­rf zum amerikanis­chen Traum, wurde zur weltweiten Ikone.

Einen Tag nach dem Tod von Charles M. Schulz am 12. Februar 2000 wurde der letzte seiner etwa 17800 Zeitungs-Comicstrip­s veröffentl­icht. Seine Figuren aber leben weiter.

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Foto: UPI, dpa Charles M. Schulz mit seinem gezeichnet­en Alter Ego Charlie Brown.

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