Guenzburger Zeitung

„Ich glaube an die Mannschaft“

Vor dem Start in die dritte Liga: Was der Günzburger Handball-Trainer Gábor Czakó über die Vorbereitu­ng in der Corona-Krise, die Neuzugänge und die Atmosphäre im Team sagt

- Von der Mannschaft zum Team hinter dem Team. Sie erhalten nun Unterstütz­ung durch Sandro Jooß, der als Co-Trainer geholt wurde, sowie durch den neuen Torwarttra­iner Andreas Theimer. In wiefern erleichter­t das Ihre Arbeit? Oder anders: Bedeutet die dritte

Es lockt das Abenteuer dritte Liga und alles, wirklich alles ist Neuland für die Günzburger Handballer. Jede Menge positive Emotionen begleiten die Spieler, die zu großen Teilen bereits als Kinder begeistert das VfL-Trikot getragen haben. Gleichzeit­ig verhageln ihnen die während der Corona-Pandemie plötzlich sehr eng gezogenen Grenzen ein wenig die Laune. Welche Stimmungsl­age überwog denn in der Vorbereitu­ng, Coach Czakó?

Gábor Czakó: Das ist mit einem Wort schwer zu beschreibe­n. Es ist wirklich alles sehr kurios. Aktuell haben wir von beiden Seiten ein bisschen was. Ich hoffe, dass es mehr die Vorfreude ist, weil es jetzt wieder weiter geht. Aber eine gewisse Unsicherhe­it ist schon da bei den Spielern. Kann wirklich durchgespi­elt werden? Wird es weitere Einschränk­ungen geben? So etwas fragen sich die Spieler natürlich.

Die Corona-Pandemie hat unter anderem das Problem geschaffen, dass zu Saisonbegi­nn nur einige wenige Fans in die Halle dürfen. Ausgerechn­et der VfL Günzburg zählt aber zu jenen Teams, die sich von Heimspiel-Atmosphäre unglaublic­h beflügeln lassen. Wird es die Mannschaft dennoch schaffen, auch mal kritische Phasen im Spiel zu überstehen?

Czakó: In der Vorbereitu­ng hatten wir ja einige Spiele, in denen wirklich gar niemand in der Halle sein durfte. Das war beim abschließe­nden Test gegen Laupheim schon ein anderes Gefühl. Dass wir jetzt zum Start wenigstens einige Zuschauer begrüßen dürfen, ist wieder ein Schritt nach vorne. Ich glaube sowieso, man vergleicht als Sportler die aktuelle Situation nicht mehr mit der Lage vor Corona, sondern eher mit der, als gar niemand dabei sein durfte.

Bleiben wir beim alles beherrsche­nden Thema, der Corona-Pandemie. Erst wurde wochenlang nicht um Punkte gespielt, dann durfte keiner mehr in die Halle. Der Neubeginn mit Kleingrupp­en bot alles andere als gehobenes Handball-Niveau. Vergleichs­weise spät erst war richtiges Handballsp­ielen möglich. Natürlich ging das allen Vereinen so. Aber war es deshalb auch für alle dasselbe Problem oder ist ein Aufsteiger mit überwiegen­d jungen Spielern da ärmer dran als ein gestandene­r Drittligis­t mit einem Kader voller Routiniers?

Czakó: Das grundlegen­de Problem ist für alle gleich und heißt ganz einfach, dass eine derart lange Pause gewisse Risiken mit sich bringt. Ein Beispiel ist die Gefahr von Verletzung­en, wenn es dann wieder losgeht. Ich bin deshalb glücklich, dass wir in den Trainingsb­etrieb eingestieg­en sind, sobald es überhaupt ging. Was die Spielleist­ung angeht: Wenn in der Mannschaft schon mehrere Hundert Bundesliga­spiele Erfahrung sind, verschwind­et das nicht von heute auf morgen. Diese Erfahrung haben wir nicht, da müssen wir als Kollektiv dagegenhal­ten.

Vor einem Jahr haben Sie im unmittelba­ren Vorfeld der Bayernliga-Runde gesagt, sie hätten jetzt 14 weitere Söhne. Inzwischen sind, um im Bild zu bleiben, ein paar Jungspunde ausgezogen, während andere hinzukamen. Wie läuft’s in der Familie?

Czakó: Gut. Ich bin glücklich, weil eher mehr dazu gekommen sind und deshalb in der Summe ein Zuwachs zu betrachten ist. Und dass Siege eine Mannschaft immer zusammen schweißen, ist kein Geheimnis. Wir müssen nur darauf vorbereite­t sein, dass wir diese Saison vielleicht nicht so viele Siege haben werden als vergangene. Auch darauf muss man sich vorbereite­n, wenn man sich das Ziel Klassenerh­alt vorgenomme­n hat.

Kommen wir konkret zu den Neuzugänge­n. Der VfL Günzburg ist durch die Verpflicht­ungen von Oliver Köppel (Rückraum-Mitte), Matevz Kunst (Rückraum variabel) Balasz Toth (Rückraum links/Linksaußen) und Luca Kaulitz (Linksaußen) auf fast allen Feldspiele­r-Positionen mindestens zweifach besetzt. Wie machen sich die Neuen?

Czakó: Sie fühlen sich wohl. Aufnahme und Akzeptanz seitens der Mannschaft waren auch von Anfang an da. Sportlich ist es so, dass die neuen Spieler – außer Kunst vielleicht – aus unserer oder aus unteren Ligen kamen. Sie haben sich das Ziel gesetzt, oben anzuknüpfe­n. Manche schaffen das ganz schnell, bei anderen kann es länger dauern. Aber alle machen Fortschrit­te, alle machen es richtig.

Die bereits als perfekt gemeldete Verpflicht­ung von Anes Becic dagegen ist geplatzt. Es ist auch eine Nebenwirku­ng der Corona-Pandemie, dass für ihn als Nicht-EU-Ausländer Visumprobl­eme aufgetrete­n sind. Kurzzeitig hatten die Verantwort­lichen beim VfL Günzburg ja gedacht, die Rechtsauße­n-Position und damit die seit dem Weggang von Frieder Bandlow nach Großwallst­adt größte Baustelle im Kader sei mit der Hinzunahme des Bosniers geschlosse­n. Können Sie da kurzfristi­g noch etwas bewegen? Czakó: Es kann das Handballsp­ielen tatsächlic­h taktisch einschränk­en, wenn man auf dieser Position keinen Linkshände­r hat. Doch diese Baustelle kann womöglich noch vor unserem Auftaktspi­el geschlosse­n werden. Ganz klar ist die Sache zwar nicht, aber ich glaube, da bewegt sich noch was.

Czakó: Das ist definitiv der Fall. Ich habe, als es in Sachen Aufstieg ganz gut aussah, vereinsint­ern immer wieder betont, dass um die Mannschaft herum Verstärkun­g notwendig wäre. Ich freue mich riesig für unser Team, dass die beiden jetzt da sind. Davon kann der ganze Verein profitiere­n. Und es erhöht unsere Chancen deutlich.

Die Generalpro­be gegen den Württember­gligisten RW Laupheim hat der VfL Günzburg in eigener Halle gewonnen, die Umsetzung des Hygienekon­zepts gilt ebenfalls als bestanden. Was nehmen Sie mit aus dieser letzten Etappe der Vorbereitu­ngsphase? Czakó: Sportlich war die Partie gegen Laupheim ein Schritt in die richtige Richtung. Wir haben gezeigt, dass wir viel Potenzial haben, aber auch, dass noch viel Arbeit vor uns liegt. Atmosphäri­sch war es wie ein Feiertag, nach einem halben Jahr wieder mit Fans in der Halle sein zu dürfen. Ich möchte mich auch bedanken für die Unterstütz­ung der

Fans und der vielen ehrenamtli­chen Helfer, die erst ermöglicht haben, ein solches Konzept aufzustell­en und umzusetzen.

Am Staatsfeie­rtag beginnt die Drittliga-Saison mit dem Heimspiel gegen die SG Leutershau­sen. Was ist drin für den VfL Günzburg?

Czakó: Leutershau­sen war vorige Saison schon ganz vorne dabei, der Kader hat sich kaum verändert und das Team ist in dieser Begegnung definitiv Favorit. Aber, wenn wir die Liga halten wollen, muss unser Ziel sein, vor allem zu Hause alles in die Waagschale zu werfen und jeden Gegner mindestens zu ärgern. Ich glaube an die Mannschaft. Aber wo man nach einer so langen Pause wirklich steht, erfährt man erst nach einigen Begegnunge­n.

Das Gespräch führte Jan Kubica

 ?? Foto: Ernst Mayer ?? Klare Ansagen zählen zu den Markenzeic­hen von Gábor Czakó. Der Trainer des Drittliga-Aufsteiger­s VfL Günzburg nimmt sich immer viel Zeit für die direkte Kommunikat­ion mit seinen Handballer­n (hier Stephan Jahn). Lob und Kritik äußert der 49-Jährige am liebsten sofort – ob im Training oder während des Spiels.
Foto: Ernst Mayer Klare Ansagen zählen zu den Markenzeic­hen von Gábor Czakó. Der Trainer des Drittliga-Aufsteiger­s VfL Günzburg nimmt sich immer viel Zeit für die direkte Kommunikat­ion mit seinen Handballer­n (hier Stephan Jahn). Lob und Kritik äußert der 49-Jährige am liebsten sofort – ob im Training oder während des Spiels.
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