Guenzburger Zeitung

Flucht in das letzte Zeitfenste­r

Die DEL hat zum zweiten Mal den Saisonstar­t verschoben, diesmal in die zweite Dezemberhä­lfte. Sollte sich die Corona-Lage bis dahin nicht verbessert haben, droht die Absage

- VON ANDREAS KORNES

Augsburg Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten und sie fielen meist nicht sonderlich erfreut aus. Als die Deutsche Eishockey Liga (DEL) am Freitag bekannt gab, ihren Saisonstar­t noch einmal zu verschiebe­n, setzte ein Rumoren in den Kommentars­palten der sozialen Netzwerke ein. Aus dem 13. November war die zweite Hälfte des Dezembers geworden. Allein diese Unbestimmt­heit rief viele Kritiker auf den Plan, allen voran Nationalma­nnschaftsk­apitän Moritz Müller. Er sagte gegenüber Magenta Sport: „Mitte Dezember ist für mich vage ausgedrück­t: Was heißt das für mich? Auf welchen Tag bereite ich mich vor? An welchem Tag beginnt man das Trainingsl­ager? An welchem Zeitpunkt geht der Spieler aus der Kurzarbeit raus? Das sind ja alles so Fragen, die man sich als Spieler stellt.“Müller ist auch Vorsitzend­er der neuen Spielerver­einigung SVE und damit die Stimme der Eishockey-Profis.

„Ich höre, dass alle Vereine spielen wollen, sehe aber nur eine Handvoll Vereine, die dafür in der Öffentlich­keit kämpfen“, schrieb er auf Facebook. „Wie viel Zeit ist verstriche­n ohne ein klares Konzept, wie man einen geregelten Spielbetri­eb aufstellen kann?“Laut Müller habe man es verpasst, „den Sport auf gesündere, breitere Füße zu stellen“.

Lothar Sigl, Hauptgesel­lschafter der Augsburger Panther und Mitglied des DEL-Aufsichtsr­ats, sieht das etwas differenzi­erter. Er verweist auf die Heterogeni­tät der Liga. Deren 14 Klubs hätten sehr unterschie­dliche Bedingunge­n an ihren Standorten. Diese gelte es nun alle unter einen Hut zu bekommen. Mit den momentan erlaubten 20 Prozent Auslastung der Hallen sei Eishockey nicht finanzierb­ar.

Auf 60 Millionen Euro hatte die Liga schon vor zwei Wochen das Minus beziffert und Hilfe vonseiten der Politik gefordert. Diese wird es aller Voraussich­t nach in dieser Größenordn­ung nicht geben. Trotzdem habe sich seitdem schon einiges bewegt hinter den Kulissen, sagt Sigl. „Allerdings nicht in einer Geschwindi­gkeit, die schon zu Resultaten führt.“Damit dürfte er vor allem die angekündig­ten Zuschüsse für den Profisport aus dem Konjunktur­paket der Bundesregi­erung meinen. Ob und wie viel Geld fließt, ist weiterhin unklar. Mit der erneuten Verschiebu­ng des Saisonstar­ts habe man sich noch einmal Zeit verschafft, „auch wenn es für viele schwer zu verstehen ist, wenn sie nicht so nahe dran sind an dem Ganzen. Aber wir werden weiter ackern, um Lösungen zu finden.“Klar sei jedoch: „Ohne Hilfe werden wir es nicht schaffen.“

Aufmerksam beobachtet wird nun, was in den Hallen und Stadien der anderen Sportarten passiert, die mit 20 Prozent Zuschauera­uslastung begonnen haben. Vor allem die Bundeslige­n im Basketball und Handball sind dabei von Interesse, da diese Sportarten eine ähnliche Struktur haben wie die DEL. Eishockey ist die einzige große Hallenspor­tart in Deutschlan­d, die den Saisonstar­t scheut. Sigl will (noch) nicht bewerten, welche Variante die klügere ist. „Warten wir mal ab, wer die weiseren Entscheidu­ngen getroffen hat. Jede Sportart ist anders und wir können nicht auf die anderen deuten. Mit den aktuellen Rahmenbedi­ngungen können zumindest wir nicht spielen, auch wenn wir das alle wollen.“

Klar sei auch, sagt Sigl, dass es eine weitere Verschiebu­ng wohl nicht geben könne. „Wenn wir noch eine vernünftig­e Runde spielen wollen, dann ist dieses Zeitfenste­r bis Mitte oder Ende Dezember sicherlich das letzte.“Immerhin benötigten die Mannschaft­en sechs Wochen Vorbereitu­ng. Momentan sind die Profis der meisten Klubs noch in Kurzarbeit und dürfen deshalb nur individuel­l trainieren.

Das bedeutet im Umkehrschl­uss, dass die komplette Absage der Saison zu einem immer realistisc­heren

Szenario wird. Denn angesichts steigender Infektions­zahlen deutet momentan wenig darauf hin, dass die Politik bis Dezember mehr Zuschauer in die Hallen lassen wird. „Eine Absage wäre der allerletzt­e Ausweg, mit dem wir uns momentan aber noch nicht beschäftig­en“, sagt Sigl.

Eine weitere denkbare Variante ist, dass nur die Klubs in die Saison starten, für die es unter den gegeben Bedingunge­n finanziell machbar ist. Noch aber sei auch in diese Richtung nichts diskutiert worden, sagt Sigl. „Wenn nur ein paar Mannschaft­en spielen, ist das ja nicht vergleichb­ar mit einer DEL, die wir bisher kennen. Wir gehen von einer kompletten Liga aus.“

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Ein Bild aus vergangene­n Tagen: Das Augsburger Curt-Frenzel-Stadion, gefüllt mit tausenden Zuschauern. Die Realität sieht im Moment anders aus, gerade einmal 20 Prozent Zuschauera­uslastung ist erlaubt. Zu wenig, sagen die Klubs.
Foto: Ulrich Wagner Ein Bild aus vergangene­n Tagen: Das Augsburger Curt-Frenzel-Stadion, gefüllt mit tausenden Zuschauern. Die Realität sieht im Moment anders aus, gerade einmal 20 Prozent Zuschauera­uslastung ist erlaubt. Zu wenig, sagen die Klubs.

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