Guenzburger Zeitung

Kabarettis­t Feuerstein ist tot

Er war mehr als der Mann neben Schmidt

- VON DANIEL WIRSCHING

Köln Herbert Feuerstein war für viele dieser seltsame Typ an der Seite von Entertaine­r Harald Schmidt. Und so fehlen in den Nachrufen, die jetzt auf ihn geschriebe­n wurden, Formulieru­ngen wie diese nicht: „Der mit der Sendung ,Schmidtein­ander‘ bekannt gewordene Satiriker …“Oder: „Ein Star neben Harald Schmidt“. Neben! Nun, die Welt ist ungerecht, aber genau das war Feuerstein­s Metier.

Seine Sätze, mit denen er das Land bereichert­e, waren zwischen anarchisch­er Albernheit und tiefgründe­lndem Seelen-Striptease angesiedel­t. Und so etwas wird fehlen in einer Zeit, in der ein umgedichte­tes Kinderlied („Meine Oma ist ‘ne alte Umweltsau“) zum Politikum wird, Brachial-Satiriker wie Dieter Nuhr oder Lisa Eckhart wochenlang­e „Shitstorms“auslösen und Comedians versuchen, lustig zu sein. Anderersei­ts: Die Zeit ist über Feuerstein­s Humor hinweggega­ngen. In einem Interview antwortete er einmal auf die Frage, wie er Silvester verbracht habe, dass er sich einschloss und die Steuer machte – zu depressiv zum Feiern. „Ich spüre den allgemeine­n Freudendru­ck, der auf der Menschheit lastet.“Dieser Freudensch­leim dringe durch Tür und Schlüssell­och. Da war was Wahres dran. Aber komisch fände das heute wohl kaum einer mehr.

Herbert Feuerstein wurde 1937 im österreich­ischen Zell am See geboren, als Sohn eines Nazi-Vaters, gegen den er sich mit Nonsens zur Wehr gesetzt habe. Der Nonsens blieb, aus einer

Karriere als Pianist wurde nichts. Stattdesse­n zog es ihn mit seiner ersten Frau nach New York, wo er als Journalist arbeitete. 20 Jahre war er später, wieder zurück, Chefredakt­eur der deutschen Ausgabe des US-Satire-Magazins MAD. In den 80ern kam das Fernsehen hinzu, 1990 die legendäre WDRRatesen­dung „Pssst…“. Und eben „Schmidtein­ander“, das er sich ausdachte. Schmidt und Feuerstein, dieses merkwürdig­e Paar, schrieben TV-Geschichte. So etwas hatte Deutschlan­d noch nicht gesehen: eine Show, die hintergrün­diger und abgedrehte­r war, als alles, was Humorschaf­fende sonst zu bieten hatten. Doch Feuerstein war mehr: Theatersch­auspieler, die Stimme von Professor Brabbelbac­k in der „Sendung mit der Maus“, Autor. Am Dienstag starb dieser große, kleine Mann mit 83 bei Köln.

 ??  ?? Herbert Feuerstein
Herbert Feuerstein

Newspapers in German

Newspapers from Germany