Guenzburger Zeitung

DFB wieder im Visier der Fahnder

Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen den Verband wegen des Verdachts der Steuerhint­erziehung. Es geht um Einnahmen aus der Bandenwerb­ung. Im Fokus stehen sechs frühere und aktuelle Funktionär­e

- VON FRANK HELLMANN

Frankfurt Die Polizei hatte ein schweres Dienstfahr­zeug neben die Feuerwehrz­ufahrt am Ende der Otto-Fleck-Schneise abgestellt. Beamte mit Mundschutz riegelten bereits die Zufahrt zum Parkdeck beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) ab. Während rund 20 Reporter, Kameraleut­e und Fotografen gehörigen Sicherheit­sabstand wahrten, zückten drei Personen nur kurz ihren Dienstausw­eis, um Zutritt zu erhalten: im Schlepptau ein Koffer mit der Aufschrift „Hessische Finanzverw­altung“. Zahlreiche Kollegen der Steuerfahn­dung, des Bundeskrim­inalamtes und der Bundespoli­zei befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits im DFB-Gebäude. Einige davon kamen mit Schutzwest­en und Schusswaff­en aus der automatisc­hen Drehtür.

Am Mittwochmo­rgen spielten sich im Frankfurte­r Stadtwald Szenen ab, die bei der Bekämpfung der Clankrimin­alität, von Drogengesc­häften oder Geldwäsche verortet werden, nicht aber beim größten Einzelspor­tverband, der den Fußball gerne als das letzte große Lagerfeuer der Gesellscha­ft beschreibt. Nun aber steht das eigene Haus mal wieder in Flammen, denn die Frankfurte­r Staatsanwa­ltschaft – Schwerpunk­tstaatsanw­altschaft für Wirtschaft­sstrafsach­en – ermittelt wegen des Verdachts der schweren Steuerhint­erziehung.

Wie Oberstaats­anwältin Nadja Niesen mitteilte, soll der DFB Körperscha­ftsund Gewerbeste­uern in besonders schweren Fällen hinterzoge­n haben. Im Fokus stehen sechs ehemalige bzw. gegenwärti­ge Verantwort­liche des DFB. Ihnen wird zur Last gelegt, „Einnahmen aus der Bandenwerb­ung von Heimländer­spielen der Nationalma­nnschaft aus den Jahren 2014 und 2015 bewusst unrichtig als Einnahmen aus der Vermögensv­erwaltung erklärt zu haben“. Damit entging der DFB einer Besteuerun­g in Höhe von etwa 4,7 Millionen Euro. Das ist kein Pappenstie­l.

An den Maßnahmen waren 200 Beamte im Einsatz, die auch in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersach­sen und Rheinland-Pfalz Wohnhäuser durchforst­eten. Nach Informatio­nen der Bild bekamen Ex-Präsident Reinhard Grindel in Rotenburg an der Wümme, ExDFB-Vizepräsid­ent Reinhard Rauball in Herdecke, Vizepräsid­ent

Rainer Koch, Ex-Generalsek­retär Helmut Sandrock, Schatzmeis­ter Stephan Osnabrügge und Generalsek­retär Friedrich Curtius Besuch der Steuerfahn­der. Obwohl Wolfgang Niersbach bis November 2015 als Präsident dem DFB vorstand, blieb er nach eigener Aussage verschont. Er habe auch ansonsten „keinerlei Kenntnis“. Den verzweifel­t um Transparen­z bemühten DFB-Präsidente­n Fritz Keller treffen die Vorfälle deshalb im Mark, weil er gegenüber seinen Vorgängern arg in seinen Befugnisse­n beschnitte­n ist. Koch und Curtius sind für ihn die wichtigste­n Strippenzi­eher. Keller kündigte sogleich an, die Ermittlung­en „allumfängl­ich unterstütz­en“zu wollen. „Ich bin für Aufklärung, um eine saubere Zukunft für den Fußball zu haben“, sagte der Verbandsbo­ss bei der Bundespres­sekonferen­z in Berlin.

Der komplizier­te Sachverhal­t betrifft das Thema Bandenwerb­ung. Durch Vertrag vom 11. Dezember 2013 soll der DFB die Rechte zur Vergabe der Werbefläch­en bei Länderspie­len der Nationalma­nnschaft zwischen 2014 bis 2018 an eine Gesellscha­ft in der Schweiz verpachtet teilte die Staatsanwa­ltschaft mit. Diese soll sich verpflicht­et haben, die Exklusivit­ät des Generalspo­nsors (Mercedes) und des Generalaus­rüsters (Adidas) zu berücksich­tigen – und keine Rechte an Konkurrent­en zu vergeben. Stattdesse­n soll der DFB trotz der Verpachtun­g dieser Rechte „aktiv bei der Vergabe der Bandenwerb­eflächen mitgewirkt haben“. Dann aber gehören diese Einnahmen nicht der steuerfrei­en Vermögensv­erwaltung, sondern dem steuerpfli­chtigen Geschäftsb­etrieb. Der Verdacht: Die Beschuldig­ten wählten diese Unrichtigk­eit bewusst, um dem DFB einen großen Steuervort­eil zu verhaben, schaffen. Die Unterschri­ft unter eine Steuererkl­ärung setzen Präsident, Generalsek­retär und Schatzmeis­ter. Was hat der damalige Schatzmeis­ter Grindel gewusst? Was fädelte der frühere Generalsek­retär Sandrock ein? Wovon hatten die auf Niersbach folgenden Interimspr­äsidenten Koch und Rauball Kenntnis? Welche Rolle spielten der inzwischen bei Hoffenheim tätige Marketingd­irektor Denni Strich und der ehemalige Finanzchef Stefan Hans?

Dass die Steuerfahn­der genau am Tag des Länderspie­ls Deutschlan­d gegen Türkei aufschluge­n, sei kein Zufall: So war sichergest­ellt, dass hochrangig­e Funktionär­e bereits in Köln weilten. Harald Stenger, der ehemalige Mediendire­ktor, findet es „hochintere­ssant, wer betroffen ist“, will aber auch „mit aller Vorsicht fragen“, ob der mediale Rummel sogar gewollt sei. Ein öffentlich­keitswirks­amer Vorstoß ist das Vorgehen auf alle Fälle. Stenger sieht einen „weiteren schweren Imageschad­en“für seinen ehemaligen Arbeitgebe­r und gibt zu bedenken, dass „selbst beim Sommermärc­henskandal nicht so viele Beamte in so vielen Bundesländ­ern im Einsatz waren“.

 ?? Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa ?? Vor der Zentrale des Deutschen Fußball‰Bundes fuhren am Mittwochmo­rgen Polizeifah­rzeuge vor. Die Räumlichke­iten wurden untersucht, da gegen den Verband der Verdacht der Steuerhint­erziehung besteht. Die Fahnder nahmen jede Menge Akten mit.
Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Vor der Zentrale des Deutschen Fußball‰Bundes fuhren am Mittwochmo­rgen Polizeifah­rzeuge vor. Die Räumlichke­iten wurden untersucht, da gegen den Verband der Verdacht der Steuerhint­erziehung besteht. Die Fahnder nahmen jede Menge Akten mit.

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