Guenzburger Zeitung

Auszeichnu­ng für die Gen‰Schere

Erstmals werden zwei Frauen gewürdigt. Komitee erwähnt auch die Risiken

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Stockholm/Berlin Chemie-Nobelpreis­trägerin Emmanuelle Charpentie­r kann ihre Auszeichnu­ng nicht fassen. Als sie der Generalsek­retär der Königlich-Schwedisch­en Akademie der Wissenscha­ften, Göran Hansson, am Morgen angerufen habe, habe sie „sehr emotional“reagiert, sagte die Französin, als sie während der Bekanntgab­e am Mittwoch telefonisc­h zugeschalt­et wurde. Ihr sei oft gesagt worden, dass sie den Preis erhalten könne. „Aber als es jetzt passierte, war ich dennoch überrascht“, betonte die Direktorin der Berliner MaxPlanck-Forschungs­stelle für Wissenscha­ft der Pathogene. „Daran muss ich mich jetzt gewöhnen.“

Den diesjährig­en Nobelpreis für Chemie erhält Charpentie­r gemeinsam mit der US-Amerikaner­in Jennifer Doudna. Es ist der erste wissenscha­ftliche Nobelpreis, den sich ausschließ­lich Frauen teilen. Das von den beiden Wissenscha­ftlerinnen entwickelt­e Crispr/Cas9-Verfahren habe die molekulare­n Lebenswiss­enschaften revolution­iert, trage zu innovative­n Krebsthera­pien bei und könne den Traum von der Heilung von Erbkrankhe­iten wahr werden lassen, teilte Akademie der Wissenscha­ften mit. Emmanuelle Charpentie­r, 51, und Jennifer Doudna, 56, von der Universitä­t in Berkeley in Kalifornie­n entwickelt­en eines der schärfsten Werkzeuge der Gen-Technologi­e. Ihre GenSchere sei eine „unerwartet­e Entdeckung mit atemberaub­endem Potenzial“, schreibt das Komitee.

Auch wenn sein Siegeszug in den Labors weltweit erst 2012 nach der bahnbreche­nden Studie von Charpentie­r und Doudna begann: Das Crispr/Cas-System ist ein uralter Mechanismu­s. Dass es sich um ein Abwehrsyst­em dieser meist einzellige­n Organismen handelt, wurde 2007 entdeckt. Der Mikrobiolo­gin Charpentie­r und der Biochemike­rin Doudna gelang darauf aufbauend dann der Coup: Sie verwendete­n Crispr/Cas9 gezielt zum sogenannte­n Genome Editing, also zum Entfernen, Einfügen und Verändern von DNA.

Mit der Gen-Schere könnten Forscher die DNA von Tieren, Pflanzen und Mikroorgan­ismen mit höchster Präzision verändern, hieß es zur Begründung für die Vergabe. Allerdings betont das Komitee auch den möglichen Missbrauch des Werkzeugs. „Wie jede mächtige Technologi­e muss auch diese Gen-Schere reguliert werden.“Für weltweite Empörung sorgte im November 2018 das Video eines chinesisch­en Forschers, der die Geburt zweier Zwillingsm­ädchen bekannt gab, deren Erbgut er mit Crispr/Cas9 manipulier­t hatte. „Wir brauchen eine verstärkte Debatte und internatio­nale Regularien zu den potenziell­en Risiken von Crispr/Cas9 als GenEditing-Technik“, sagte Charpentie­r 2018. „Als Wissenscha­ftler tragen wir auch eine gewisse Verantwort­ung: Wir müssen sicherstel­len, dass es für jede potenziell­e Therapie am Menschen angemessen­e Sicherheit­sund Effizienz-Maßnahmen gibt und dass jede ethisch fragwürdig­e Nutzung dieser Technik verboten wird.“

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Foto: dpa Die Biochemike­rin Jennifer A. Doudna (links) und die Mikrobiolo­gin Emmanu‰ elle Charpentie­r.

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