Guenzburger Zeitung

So lief die Drogenüber­gabe am Pendlerpar­kplatz ab

Berliner Drogentrio hatte Aufenthalt im Raum Günzburg nicht geplant. Warum sie sich dennoch ein Zimmer nahmen

- VON ALEXANDER SING

Memmingen Vor ziemlich genau einem Jahr begannen zwei Männer aus dem Raum Berlin/Brandenbur­g, ein Drogengesc­häft zu planen. Ihr Ziel: schnelles Geld verdienen. Zehn Kilogramm Marihuana wollten sie kaufen und es, portionswe­ise eingetütet, an Abnehmer in Berlin weiterverk­aufen. Ihr Plan führte sie im Oktober 2019 auf den Pendlerpar­kplatz an der B16 nahe Deffingen. Den Jahrestag begehen die beiden Männer hinter Gittern. Sie sitzen aktuell in den Justizvoll­zugsanstal­ten Kempten und Memmingen in Untersuchu­ngshaft. Wegen ihres Drogengesc­häfts wird ihnen aktuell am Landgerich­t Memmingen der Prozess gemacht.

Am jüngsten Verhandlun­gstag vor der ersten Strafkamme­r wurden nun weitere Details über die Planung und Durchführu­ng des Drogendeal­s bekannt. Nachdem die beiden Männer mitsamt ihrem mitangekla­gten Fahrer von der Polizei auf frischer Tat ertappt und verhaftet worden waren (wir berichtete­n), stellten die Beamten auch die Mobiltelef­one der Angeklagte­n sicher. In den darauf gespeicher­ten Chats über den Messenger-Dienst Telegram ist die Planung der Drogenüber­gabe umfangreic­h dokumentie­rt.

Wie der zuständige Ermittler der Kriminalpo­lizei Neu-Ulm vor Gericht berichtet, hatte der Angeklagte Wolfgang W. den Deal organisier­t. Bei einem Kontakt namens „Lit neu“, hinter dem sich eine litauische Handynumme­r verbarg, hatte W. Anfang Oktober 2019 die zehn Kilogramm Marihuana bestellt. Die Drogen stammten wohl aus dem Ausland, weshalb „Lit neu“sie nicht per Post schicken wollte. W. schlug vor, das Rauschgift innerhalb Deutschlan­ds zu übergeben und dann per Post zu schicken, weil es innerhalb der Grenzen keinen Zoll gebe, der Pakete kontrollie­rt. „Lit neu“beorderte W. daraufhin in den Raum Augsburg.

Hier kam nun der Angeklagte Kevin U. ins Spiel. Er sollte seinen Kumpel W. zur Übergabe begleiten. Auf Sprachnach­richten, die vor Gericht abgespielt werden, unterhalte­n sich die beiden in ausgeprägt­em

Berliner Dialekt über den Deal. U. äußerte die Befürchtun­g, dass die Ware von minderwert­iger Qualität sein könnte. Das würde den Weiterverk­auf erschweren. W. betonte aber, man solle den Teufel nicht an die Wand malen. Einen Versuch sei es wert.

Zunächst ging es aber am 23. Oktober 2019 von Berlin aus Richtung

Süden. W. hatte den mitangekla­gten Gabriel M. als Fahrer organisier­t, weil weder er noch U. einen Führersche­in haben. Der Kontakt „Lit neu“lotste das Trio schließlic­h zum Pendlerpar­kplatz in Deffingen. Dort sollten sie das Auto unverschlo­ssen abstellen und sich 50 Meter entfernen. Ein Unbekannte­r legte daraufhin die Tasche mit der Ware in den Kofferraum.

Als U. und W. sich die Drogen genauer ansahen, war die Enttäuschu­ng groß. Die zuvor geäußerten Befürchtun­gen U.s hatten sich bestätigt. Die Ware war nicht, wie vereinbart, luftdicht verpackt. Wie aus Nachrichte­n W.s an „Lit neu“hervorgeht, verströmte das Gras zudem einen unangenehm­en Geruch. „Ich kann das so nicht nehmen“, schrieb W. an den Verkäufer und betonte, er wollte die Zusatzkost­en erstattet haben.

Der Plan, die Drogen von Günzburg aus per Post weiterzusc­hicken, war also erst einmal gescheiter­t. Das Trio beschloss, sich in der Nähe ein Zimmer zu nehmen, die Drogen selbst zu verpacken und sie am nächsten Tag zur Post zu bringen. Hätten sie das nicht getan, sie wären womöglich nicht auf frischer Tat erwischt worden.

So aber kauften die drei in einem Supermarkt Lebensmitt­el, Hygieneart­ikel und ein Vakuumierg­erät. Wenig später wurden sie in der angemietet­en Ferienwohn­ung festgenomm­en. Unter anderem hatte der Pensionsin­haber die Polizei informiert.

Von einer Tat bei der „in Sachen Profession­alität noch Luft nach oben“sei, sprach der Vorsitzend­e Richter Christian Liebhart in der Verhandlun­g. Die Sachlage ist so eindeutig, dass zumindest die beiden Initiatore­n des Deals nicht um langjährig­e Haftstrafe­n herumkomme­n werden. Das Urteil soll am 20. Oktober fallen.

Die Käufer waren mit den Drogen nicht zufrieden

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