So lief die Drogenübergabe am Pendlerparkplatz ab
Berliner Drogentrio hatte Aufenthalt im Raum Günzburg nicht geplant. Warum sie sich dennoch ein Zimmer nahmen
Memmingen Vor ziemlich genau einem Jahr begannen zwei Männer aus dem Raum Berlin/Brandenburg, ein Drogengeschäft zu planen. Ihr Ziel: schnelles Geld verdienen. Zehn Kilogramm Marihuana wollten sie kaufen und es, portionsweise eingetütet, an Abnehmer in Berlin weiterverkaufen. Ihr Plan führte sie im Oktober 2019 auf den Pendlerparkplatz an der B16 nahe Deffingen. Den Jahrestag begehen die beiden Männer hinter Gittern. Sie sitzen aktuell in den Justizvollzugsanstalten Kempten und Memmingen in Untersuchungshaft. Wegen ihres Drogengeschäfts wird ihnen aktuell am Landgericht Memmingen der Prozess gemacht.
Am jüngsten Verhandlungstag vor der ersten Strafkammer wurden nun weitere Details über die Planung und Durchführung des Drogendeals bekannt. Nachdem die beiden Männer mitsamt ihrem mitangeklagten Fahrer von der Polizei auf frischer Tat ertappt und verhaftet worden waren (wir berichteten), stellten die Beamten auch die Mobiltelefone der Angeklagten sicher. In den darauf gespeicherten Chats über den Messenger-Dienst Telegram ist die Planung der Drogenübergabe umfangreich dokumentiert.
Wie der zuständige Ermittler der Kriminalpolizei Neu-Ulm vor Gericht berichtet, hatte der Angeklagte Wolfgang W. den Deal organisiert. Bei einem Kontakt namens „Lit neu“, hinter dem sich eine litauische Handynummer verbarg, hatte W. Anfang Oktober 2019 die zehn Kilogramm Marihuana bestellt. Die Drogen stammten wohl aus dem Ausland, weshalb „Lit neu“sie nicht per Post schicken wollte. W. schlug vor, das Rauschgift innerhalb Deutschlands zu übergeben und dann per Post zu schicken, weil es innerhalb der Grenzen keinen Zoll gebe, der Pakete kontrolliert. „Lit neu“beorderte W. daraufhin in den Raum Augsburg.
Hier kam nun der Angeklagte Kevin U. ins Spiel. Er sollte seinen Kumpel W. zur Übergabe begleiten. Auf Sprachnachrichten, die vor Gericht abgespielt werden, unterhalten sich die beiden in ausgeprägtem
Berliner Dialekt über den Deal. U. äußerte die Befürchtung, dass die Ware von minderwertiger Qualität sein könnte. Das würde den Weiterverkauf erschweren. W. betonte aber, man solle den Teufel nicht an die Wand malen. Einen Versuch sei es wert.
Zunächst ging es aber am 23. Oktober 2019 von Berlin aus Richtung
Süden. W. hatte den mitangeklagten Gabriel M. als Fahrer organisiert, weil weder er noch U. einen Führerschein haben. Der Kontakt „Lit neu“lotste das Trio schließlich zum Pendlerparkplatz in Deffingen. Dort sollten sie das Auto unverschlossen abstellen und sich 50 Meter entfernen. Ein Unbekannter legte daraufhin die Tasche mit der Ware in den Kofferraum.
Als U. und W. sich die Drogen genauer ansahen, war die Enttäuschung groß. Die zuvor geäußerten Befürchtungen U.s hatten sich bestätigt. Die Ware war nicht, wie vereinbart, luftdicht verpackt. Wie aus Nachrichten W.s an „Lit neu“hervorgeht, verströmte das Gras zudem einen unangenehmen Geruch. „Ich kann das so nicht nehmen“, schrieb W. an den Verkäufer und betonte, er wollte die Zusatzkosten erstattet haben.
Der Plan, die Drogen von Günzburg aus per Post weiterzuschicken, war also erst einmal gescheitert. Das Trio beschloss, sich in der Nähe ein Zimmer zu nehmen, die Drogen selbst zu verpacken und sie am nächsten Tag zur Post zu bringen. Hätten sie das nicht getan, sie wären womöglich nicht auf frischer Tat erwischt worden.
So aber kauften die drei in einem Supermarkt Lebensmittel, Hygieneartikel und ein Vakuumiergerät. Wenig später wurden sie in der angemieteten Ferienwohnung festgenommen. Unter anderem hatte der Pensionsinhaber die Polizei informiert.
Von einer Tat bei der „in Sachen Professionalität noch Luft nach oben“sei, sprach der Vorsitzende Richter Christian Liebhart in der Verhandlung. Die Sachlage ist so eindeutig, dass zumindest die beiden Initiatoren des Deals nicht um langjährige Haftstrafen herumkommen werden. Das Urteil soll am 20. Oktober fallen.
Die Käufer waren mit den Drogen nicht zufrieden