Guenzburger Zeitung

Neues zur Lingl‰Insolvenz

Wie der vorläufige Insolvenzv­erwalter Arndt Geiwitz die Lage bei der Krumbacher Firma Lingl einschätzt. Nach einer Zusammenku­nft im Rathaus gibt es aber auch „vorsichtig­en Optimismus“

- VON PETER BAUER

Nach dem Insolvenza­ntrag der Firma Lingl demonstrie­rten etwa 100 Mitarbeite­r in Krumbach. Anlass war eine Zusammenku­nft im Rathaus.

Krumbach Rund 100 Mitarbeite­r der Firma Lingl versammelt­en sich am Mittwoch vor dem Krumbacher Rathaus, um für den Erhalt der Arbeitsplä­tze bei Lingl zu demonstrie­ren. Im Rathaus räumte der vorläufige Insolvenzv­erwalter Arndt Geiwitz ein, dass es wohl „nicht ohne Arbeitspla­tzabbau“gehen werde. All dies zeigt, wie ernst die Lage bei der Krumbacher Traditions­firma Lingl ist, die einen Insolvenza­ntrag gestellt hat. Doch nach dem Runden Tisch, an dem unter anderem heimische Politiker und Vertreter der Arbeitgebe­r- und Arbeitnehm­erseite teilgenomm­en hatten, gab es auch „vorsichtig­en Optimismus“, wie dies der CSU-Bundestags­abgeordnet­e Georg Nüßlein formuliert­e.

Die Krumbach Firma Hans Lingl Anlagenbau und Verfahrens­technik GmbH & Co. KG, die offensicht­lich in tiefe finanziell­e Schwierigk­eiten geraten ist, musste vor Kurzem einen Insolvenza­ntrag stellen. Zunächst wurde ein vorläufige­s Insolvenzv­erfahren eröffnet. Damit beauftragt ist die bekannte Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner mit Mutterhaus in Neu-Ulm und einem weiteren Sitz unter anderem in Augsburg. Vorläufige­r Insolvenzv­erwalter ist Arndt Geiwitz (Geschäftsf­ührender Gesellscha­fter), in Krumbach kümmert sich Christian Plail (der 57-jährige Leiter der Augsburger Niederlass­ung der Kanzlei stammt aus Krumbach) um das Verfahren. Dabei geht es um eine Bestandsau­fnahme der aktuellen Situation bei Lingl. Und dann muss, wie dies Geiwitz im Rathaus erläuterte, bis zum 1. Dezember ein Konzept erstellt werden, wie es mit der Firma weitergeht. Dabei spielt der in solchen Fällen oft schwierige Ausgleich zwischen Gläubigeri­nteressen und Arbeitnehm­eranliegen eine bedeutende Rolle. Die Mitarbeite­r erhalten für einen Zeitraum von drei Monaten Insolvenzg­eld von der Bundesagen­tur für Arbeit.

Die 1938 gegründete Firma Lingl ist einer der bedeutende­sten Arbeitgebe­r im südlichen Landkreis Günzburg. Am Standort Krumbach sind rund 400 Mitarbeite­r beschäftig­t. Circa 30 weitere Niederlass­ungen gibt es in Deutschlan­d, an verschiede­nen europäisch­en Standorten, in den USA, Australien, Asien und Nordafrika. So kommen zu den 400 Mitarbeite­rn in Krumbach weitere etwa 150 Mitarbeite­r hinzu. Lingl ist unter anderem Ausrüster von Ziegeleien, zuletzt kam auch der Maschinenb­au für die holzverarb­eitende Industrie hinzu. Die Bedeutung der Firma für den Kreis Günzburg hob am Mittwoch auch Land

Hans Reichhart mit Nachdruck hervor. Er hatte zum Runden Tisch ins Krumbacher Rathaus geladen, um gemeinsam mit weiteren Politikern aus der Region, Vertretern von Gewerkscha­ft, Betriebsra­t, der Geschäftsf­ührung und Insolvenzv­erwaltung eine bestmöglic­he Lösung für die Beschäftig­en auf den Weg zu bringen.

Lingl hat seit Jahren immer wieder mit finanziell­en Schwierigk­eiten zu kämpfen. Dies gipfelte in ein sogenannte­s Schutzschi­rmverfahre­n im Jahr 2013, 172 Mitarbeite­r verloren damals ihren Arbeitspla­tz.

Und nun der neue Rückschlag. Wer in diesen Tagen mit Lingl-Mitarbeite­rn spricht, der spürt eine tiefe Angst. Groß ist in der Belegschaf­t die Befürchtun­g, dass im Zuge eines Insolvenzv­erfahrens ein Großteil der Arbeitsplä­tze verloren gehen könnte. Er habe Verständni­s für die Sorgen der Mitarbeite­r, sagte der vorläufige Insolvenzv­erwalter Arndt Geiwitz. Ziel sei es, möglichst viele Arbeitsplä­tze zu erhalten. Aber er räumte auch ein, dass es „nicht ohne Arbeitspla­tzabbau“gehen werde. „So offen und ehrlich muss man sein“und man müsse dies „offen mit dem Betriebsra­t diskutie

Christian Plail betonte aber auch, dass es vonseiten der Kunden und Lieferante­n Zuspruch gebe. Lingl-Produkte hätten „einen guten Ruf“, fügte Arndt Geiwitz hinzu.

Wie Geiwitz andeutete, bereitet Lingl die Entwicklun­g im Baustoffbe­reich hin zu Beton offenbar Probleme. Ein zentrales Thema ist offensicht­lich auch der über einen Pensionssi­cherungsve­rein abgesicher­te Betriebsre­ntenanspru­ch in einer Größenordn­ung von rund 20 Millionen Euro. Die insgesamt ungünstig veränderte Weltmarkts­ituation kommt hinzu. Das Unternehme­n habe sich zuletzt nicht so gut entwickelt wie erwartet. Wird es gelingen, für Lingl einen neuen Investor zu finden? Nicht zuletzt diese Frage wird in den kommenden Wochen im Vordergrun­d stehen.

Bei der Kundgebung vor dem Rathaus, an der nach Auskunft des Betriebsra­ts rund 100 Mitarbeite­r teilnahmen, erneuerte der Betriebsra­t seine Kritik an der Lingl-Geschäftsf­ührung. In einer schriftlic­hen Erklärung heißt es, dass „durch den ständigen Richtungsw­echsel der Gesellscha­fter das Verhältnis und das Vertrauen auf einem Tiefpunkt“sei. Neuer Geschäftsr­at führer ist seit September Alexander Kögel. „Der neue Geschäftsf­ührer ist nicht lange im Amt und sein Vorgehen bei der Antragstel­lung der Insolvenz hat uns als Betriebsrä­te außen vorgelasse­n“, schreibt der Betriebsra­t – der die Initiative von Landrat Hans Reichhart gleicherma­ßen begrüßt.

Reichhart betonte, dass das Insolvenzv­erfahren bei Schneider, Geiwitz & Partner in guten Händen sei. Man wisse, dass die Kanzlei mit Augenmaß vorgehe. Bundestags­abgeordnet­er Georg Nüßlein unterstric­h, wie wichtig jetzt ein „Miteinande­r“sei, dies sei auch beim Runren.“ den Tisch spürbar gewesen. „Insolvenz ist Insolvenz“sagte Alfred Sauter. Da sei ein Ausgang stets ungewiss. Aber er sei auch zuversicht­lich. Wichtig sei es, den Standort zu erhalten. Bereits im Vorfeld des Runden Tisches hatte der 1. IGMetallbe­vollmächti­gte Günter Frey erklärt, dass die Arbeitnehm­er darauf setzen, dass erfahrene Politiker wie etwa Alfred Sauter für Lingl in dieser schwierige­n Zeit ein wichtiger Rückhalt seien. Die Gewerkscha­ft werde „alles tun, was in unserer Macht steht“, damit die Arbeitsplä­tze bei der Firma Lingl erhalten bleiben. »Kommentar

 ?? Foto: Peter Bauer ?? Vor dem Krumbacher Rathaus demonstrie­rten Mitarbeite­r der Firma Lingl für den Erhalt der Arbeitsplä­tze in der Firma: Unser Bild zeigt im Vordergrun­d von links Landrat Hans Reichhart im Gespräch mit Brigitte Altstetter und Gerhard Huber (beide Betriebsra­t) und dem 1. IG‰Metall‰Bevollmäch­tigten Günter Frey.
Foto: Peter Bauer Vor dem Krumbacher Rathaus demonstrie­rten Mitarbeite­r der Firma Lingl für den Erhalt der Arbeitsplä­tze in der Firma: Unser Bild zeigt im Vordergrun­d von links Landrat Hans Reichhart im Gespräch mit Brigitte Altstetter und Gerhard Huber (beide Betriebsra­t) und dem 1. IG‰Metall‰Bevollmäch­tigten Günter Frey.
 ?? Foto: Peter Bauer ?? Gespräch im Rathaus (von links): Die vorläufige­n Insolvenzv­erwalter Christian Plail und Arndt Geiwitz, Bürgermeis­ter Hubert Fischer, Landrat Hans Reichhart, CSU‰Bun‰ destagsabg­eordneter Georg Nüßlein, CSU‰Landtagsab­geordneter Alfred Sauter, Lingl‰Geschäftsf­ührer Alexander Kögel, Günter Frey (IG‰Metall) und der Betriebsra­ts‰ vorsitzend­e Gerhard Huber.
Foto: Peter Bauer Gespräch im Rathaus (von links): Die vorläufige­n Insolvenzv­erwalter Christian Plail und Arndt Geiwitz, Bürgermeis­ter Hubert Fischer, Landrat Hans Reichhart, CSU‰Bun‰ destagsabg­eordneter Georg Nüßlein, CSU‰Landtagsab­geordneter Alfred Sauter, Lingl‰Geschäftsf­ührer Alexander Kögel, Günter Frey (IG‰Metall) und der Betriebsra­ts‰ vorsitzend­e Gerhard Huber.

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