Guenzburger Zeitung

Wie viel Geld die katholisch­e Kirche Missbrauch­sopfern „in Anerkennun­g des Leids“künftig zahlen will

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● Laut der vor zwei Jahren vorgestell‰ ten „MHG‰Studie“sollen zwischen 1946 und 2014 insgesamt 3677 Kinder und Jugendlich­e, überwiegen­d min‰ derjährige Jungen, von 1670 Geistliche­n missbrauch­t worden sein. Im Bistum Augsburg gab es demnach 85 Beschul‰ digte und 164 Opfer. Vier Weltpries‰ ter, vier Diakone und zwei Ordensprie­s‰ ter seien in andere Diözesen versetzt worden, hieß es damals.

● Die katholisch­en Bischöfe beschlos‰ sen auf ihrer Herbst‰Vollversam­m‰ lung in Fulda Ende September, dass künftig alle „Leistungen in Anerken‰ nung des Leids“durch ein zentrales und unabhängig­es Gremium festgelegt werden. Dieses „Entscheidu­ngsgremi‰ um“soll mit sieben Frauen und Män‰ nern besetzt sein – Fachleute aus Medi‰ zin, Recht, Psychologi­e und Pädago‰ gik –, die in „keinem Anstellung­sver‰ hältnis zu einer (Erz‰)Diözese oder ei‰ ner anderen kirchliche­n Einrichtun­g ste‰ hen“dürfen. Wer dies ist, ist nicht be‰ kannt. Ausgewählt werden sie von ei‰ nem hierfür gebildeten Ausschuss.

● Im Unterschie­d zu früher soll das Gre‰ mium die Höhe der jeweiligen Ein‰ malzahlung an ein Missbrauch­sopfer festlegen und auch die Auszahlung anweisen. Bislang lag diese Entschei‰ dung bei den Bistümern; sie zahlten jeweils in der Regel um die 5000 Euro. ● Missbrauch­sopfer sollen, so der Be‰ schluss der Bischöfe in Anlehnung an von Gerichten zugesproch­enen Schmer‰ zensgelder­n in vergleichb­aren Fällen, nun Einmalzahl­ungen von bis zu 50000 Euro erhalten. Betroffene müssen hierzu einen Antrag stellen, ent‰ schieden wird nach Plausibili­tät. Sie müssen ihren Missbrauch­sfall also nicht detaillier­t belegen. Auch eine erneute Antragstel­lung – über die zuständige Diözese – ist ab dem 1. Januar 2021 möglich. Bereits erhaltene Leis‰ tungen werden angerechne­t. Zudem können Missbrauch­sopfer Kosten für Therapie‰ oder Paarberatu­ng erstat‰ tet bekommen.

● Eine entspreche­nde Verfahrens­ord‰ nung werde künftig in allen 27 (Erz‰)Diözesen in Deutschlan­d einen „einheitlic­hen Leistungsr­ahmen ge‰ währleiste­n“, erklärte der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing. Aller‰ dings gibt es bereits Bistümer, die ei‰ nen Sonderweg gehen – darunter das Bistum Regensburg und das Erzbis‰ tum Freiburg. Das kündigte auf Anfrage an, seinen bisherigen „Maximalbe‰ trag von 30 000 Euro“auf 50 000 Euro erhöhen zu wollen – und zugleich an regelmäßig­en Unterstütz­ungsleistu­ngen an bedürftige Betroffene von bis zu 800 Euro monatlich festzuhalt­en.

● Die Entscheidu­ng, ob und wie das Bistum Augsburg die Verfahrens‰ ordnung umsetzt, steht aus. Es be‰ schreitet selbst einen Sonderweg, in‰ dem es – noch vor dem Beschluss der Bischofsko­nferenz – seit Juni Einmal‰ zahlungen von bis zu 25 000 Euro leis‰ tet. In den letzten Jahren zahlte es nach eigenen Angaben in 127 Fällen Geld „in Anerkennun­g des Leids“so‰ wie für therapeuti­sche Hilfen, insgesamt knapp 777 000 Euro. (wida)

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