Die wichtigsten Künstler der Gegenwart
Die Liste des „Kunstkompasses“führt seit 17 Jahren ein deutscher Maler an
Köln Gerhard Richter steht schon länger an der Spitze des „Kunstkompasses“als Angela Merkel Bundeskanzlerin ist. Seit nunmehr 17 Jahren behauptet sich der Maler in dem Ranking als weltweit einflussreichster Künstler. Dieses Jahr hat er bekannt gegeben, mit dem Malen aufgehört zu haben. Das dürfte die Preise noch einmal steigen lassen, weil man weiß, dass jetzt nichts mehr nachkommt.
Dieses Jahr wird der „Kunstkompass“50 Jahre alt. Er erscheint seit 1970, mittlerweile umfasst er 30 000 Künstler. Das „Ruhmesbarometer“geht von der Annahme aus, dass die Qualität von Kunst nicht messbar ist, wohl aber die Resonanz in der Kunstwelt. Bewertet und mit Punkten gewichtet werden von der Kölner Kunstjournalistin Linde RohrBongard unter anderem Ausstellungen von nahezu 300 Museen, Rezensionen in Fachmagazinen, Ankäufe führender Museen und Auszeichnungen. Preise und Auktionserlöse
werden dagegen nicht berücksichtigt.
Wenn man sich ansieht, welche Künstler den ersten „Kunstkompass“vor 50 Jahren dominierten, spricht das aus Sicht von Rohr-Bongard für die Verlässlichkeit des Rankings. Der Erstplatzierte war damals der Pop Art-Maler Robert Rauschenberg (1925–2008), gefolgt von dem französischen Maler Victor Vasarely (1906–1997). Weiter hinten folgten unter anderem Claes Oldenburg, Roy Lichtenstein und Andy Warhol. Deren Werke hängen heute in den bedeutendsten Museen der Welt. Übrigens war Gerhard Richter schon 1970 unter den Top 100 – auf Rang 57. Joseph Beuys belegte Platz 32 – hinter den deutschen Zero-Künstlern Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker. Mack und Uecker sind noch unter den Lebenden.
Im ersten „Kunstkompass“von 1970 dominierten US-Amerikaner, es war die große Zeit der Pop Art. Heute sind Deutsche auffallend gut vertreten: Unter den Top Ten befinden sich allein vier Deutsche, neben Gerhard Richter noch Georg Baselitz, Rosemarie Trockel und
Anselm Kiefer. „Führende Nation der Gegenwartskunst des Jahres 2020 ist Deutschland mit 29 Künstlern unter den Top 100, dicht gefolgt von den USA mit 27 Künstlern“, schreibt das Magazin Capital, das den „Kompass“veröffentlicht.
Ob diese deutsche Dominanz allerdings von Dauer sein wird, ist fraglich: In der Liste „Die Stars von morgen“sind nicht mehr so viele Deutsche zu finden.
Dieses Ranking wird im Jahr 2020 angeführt von der in Antwerpen lebenden Nigerianerin Otobong Nkanga, dahinter folgen der Performancekünstler Tomas Saraceno aus Argentinien und der in London lebende kolumbianische Maler Oscar Murillo. „Generell erobern immer mehr Künstler aus den sogenannten Schwellenländern wie Nigeria, Ghana, Brasilien, Kolumbien und Indien die westlichen Kunstbühnen“, sagt RohrBongard. „Dabei geben die Frauen mächtig Gas.“