Guenzburger Zeitung

Was im Arztbrief steht und wofür er gut ist

Nicht jeder versteht die Befunde, die in dem Schreiben nachzulese­n sind. Doch es gibt Abhilfe

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Im Arztbrief dreht sich alles um den Patienten – es ist ein Befundberi­cht von Medizinern für Mediziner. Wirft man als Patient einen Blick in das Dokument, versteht man also nicht unbedingt, was sich hinter all den Formulieru­ngen verbirgt. Wissenswer­tes rund um den Arztbrief:

Wofür ist das Dokument da?

Ein Arztbrief soll alle wichtigen Informatio­nen übermittel­n – zwischen Krankenhau­s und Hausarzt oder zwischen Facharzt und Hausarzt. Auch unter verschiede­nen Spezialist­en ist der Arztbrief das Kommunikat­ionsmittel der Wahl. „Er soll den weiter- oder mitbehande­lnden Arzt auf den aktuellen Stand bringen“, erklärt Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientens­chutz. In der Regel ist es der Hausarzt, der über die Befunde der anderen Mediziner Bescheid wissen muss. „Es ist ein wichtiges Dokument“, sagt Ulf Zitterbart. Der Vorsitzend­e des Thüringer Hausärztev­erbandes ist mit weiteren Kollegen in einer Landarztpr­axis tätig. „Bei uns gehen am Tag 30 bis 40 Arztbriefe ein. Die müssen gesichtet werden und dann muss entschiede­n werden, wie es weitergeht.“Auch rückblicke­nd kann in diesem Dokument noch einmal nachgesehe­n werden, wenn ein Patient mit entspreche­nden Beschwerde­n in die Praxis kommt. So könnte etwa für die aktuelle Diagnose interessan­t sein, was vor einem halben Jahr bei einer Magenspieg­elung festgestel­lt wurde.

Was steht in einem Arztbrief? „Der Arztbrief dokumentie­rt ein Behandlung­sgeschehen“, sagt Eugen Brysch. Welche Krankenges­chichte liegt vor, was wurde untersucht und was ist dabei herausgeko­mmen? Wie lautet die Diagnose und welche Therapie wird vorgeschla­gen? „Leider gibt es noch immer keine gesetzlich vorgeschri­ebene standardis­ierte Form“, kritisiert Brysch. „Als Hausarzt muss ich mir die wichtigen Informatio­nen rausfilter­n“, erklärt Zitterbart. „Für uns sind natürlich die Diagnose und die empfohlene Therapie am wichtigste­n.“Auch wenn etwa im Krankenhau­s an einer Therapie etwas umgestellt wurde, stehe das im Arztbrief.

Wieso ist der Patient oft der Bote? Vor zehn bis 15 Jahren sei der Arztbrief oft noch mit der Post gekommen, erzählt Zitterbart. „Das hat sich geändert. Es ist üblich geworden, dass der Patient der Bote ist.“Denn über den Postweg habe die Zustellung oft mehrere Tage gebraucht. Was unpraktisc­h sein kann, wie Zitterbart am Beispiel beschreibt: „Der Patient kam aber schon am nächsten oder übernächst­en Tag und sagte: Die haben was geändert und ich habe hier einen Zettel mit neuen Medikament­en.“In solch einem Fall ist es gut, wenn der Patient den Arztbrief direkt dabei hat. Und weil ein Arztbrief aus Datenschut­zgründen nicht als normale E-Mail verschickt werden darf, sei man dazu übergegang­en, das Dokument den Patienten direkt mitzugeben. Außerdem werde so deutlich, wer eigentlich Eigentümer des Briefes sei, erklärt Brysch: „Der Herr des Verfahrens ist immer der Patient.“Dieser könne sogar ausschließ­en, dass der Arzt die Informatio­nen im Brief erhält. „Doch kaum ein Patient macht von diesem Recht Gebrauch.“Verloren gehen kann ein Arztbrief nicht: Eine Klinik muss ihn 30 Jahre aufbewahre­n, ein niedergela­ssener Arzt zehn.

Gibt es ihn sofort oder muss ich warten?

Einen Arztbrief zu schreiben, dauert einen Moment. Hausarzt Zitterbart empfiehlt aber, im Krankenhau­s auf jeden Fall auf das Dokument zu warten. „Der Patient war ja nicht ohne Grund da, es geht um eine wichtige Sache.“Anders sehe es zum Beispiel bei einem regulären jährlichen Herz-Ultraschal­l beim Kardiologe­n aus. Da komme es auf eine Woche nicht an: „Wenn etwas wirklich Schlimmes wäre, würde der Facharzt den Hausarzt direkt informiere­n“, sagt der Allgemeinm­ediziner. Bei der Entlassung aus dem Krankenhau­s sollte mindestens ein vorläufige­r Arztbrief vorliegen, betont Patientens­chützer Eugen Brysch. Ohne ein solches Dokument sei es nicht empfehlens­wert, das Krankenhau­s zu verlassen. Die Bezeichnun­g „vorläufig“besagt: Der Chef- oder Oberarzt haben noch nicht ihr Okay gegeben. „Oft kann der Brief erst nach Feierabend begutachte­t werden, aber im Normalfall wird dann alles abgesegnet“, ergänzt Ulf Zitterbart. Der endgültige

Arztbrief wird dem Hausarzt anschließe­nd zugeschick­t.

Wie verstehe ich, was im Arztbrief steht?

„Ein Arztbrief sollte so geschriebe­n sein, dass er für jeden verständli­ch ist“, sagt Brysch. Bei Unklarheit­en rät er, direkt beim Verfasser nachzufrag­en. „Aber viele Fachärzte, wie etwa Radiologen, verzichten oft auf ein Nachgesprä­ch“, kritisiert er. Chronisch kranke Patienten sind zudem oft schon älter und mit der Situation oder einem Arztbrief überforder­t. Im Krankenhau­s wiederum ist womöglich nicht die Zeit da, alles genau zu besprechen. „Da ist der Hausarzt ein guter und wichtiger Ansprechpa­rtner“, sagt Zitterbart.“

Sollte ich eine Kopie des Arztbriefe­s aufbewahre­n?

„Das ist auf jeden Fall ratsam und das machen auch viele“, sagt Zitterbart. Andere vertrauen darauf, dass der Hausarzt alles aufbewahrt. „Wenn man chronisch krank ist, kann das ja richtig viel werden, da hat man in einem Jahr einen dicken Ordner voll.“Wobei der „dicke Ordner“sich in Zukunft erledigt hat. Krankenkas­sen müssen ihren Versichert­en ab 2021 eine elektronis­che Patientena­kte anbieten.

Christina Bachmann, dpa

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Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa Früher wurde der Arztbrief per Post ver‰ schickt.

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