Guenzburger Zeitung

Politpromi­nenz vor der Landtagswa­hl

Ministerpr­äsident Max Streibl, Innenminis­ter Edmund Stoiber, Umweltmini­ster Alfred Dick und Otto Schily warben für die Kandidaten ihrer Partei im Landkreis Günzburg um Stimmen

- VON WALTER KAISER

Landkreis Eigentlich war es wie meist: Die Kreis-CSU ging im Oktober 1990 als klarer Sieger aus der Landtagswa­hl hervor. Alfred Sauter holte das Direktmand­at, über die Liste zog Karl Kling in den Landtag ein. Für die Kandidaten der anderen Parteien blieben nur die hinteren Ränge. Sauter, zuvor Staatssekr­etär im Bayerische­n Ministeriu­m für Bundes- und Europaange­legenheite­n, wurde kurz nach der Wahl zum Staatssekr­etär im Justizmini­sterium.

Um ein Direktmand­at im Landtag hatten sich 1990 im Landkreis nur Männer beworben: Alfred Sauter (CSU), Gerd Olbrich (SPD), Ulrich Kost (Grüne), Georg Bayerle (FDP), Heinz Siepert (Republikan­er), Jürgen Knoll (Augsburger Bürger-Union), Karl Gugler (ÖDP) und Karl-Heinz Mackert (Bayernpart­ei). Der Ausgang der Wahl war im Grunde klar: Trotz leichter Verluste der CSU holte Sauter mit mehr als 60 Prozent der Stimmen das Direktmand­at. Nicht anders sah es bei den Listenkand­idaten aus. Karl Kling schaffte den Sprung ins Maximilian­eum, Stefan Korisansky (SPD), Roswitha Roeske (FDP) und Mario Ferrara (ÖDP) blieb nur das Nachsehen.

Im Wahlkampf hatten vor allem CSU und SPD politische Prominenz aufgefahre­n. In der Günzburger Jahnhalle war der seinerzeit­ige bayerische Ministerpr­äsident Max Streibl aufgetrete­n, er warf der SPD unter anderem vor, „weiterhin in sozialisti­schen Schablonen zu denken“. In Ichenhause­n sprach der damalige bayerische Innenminis­ter Edmund Stoiber, er hielt der SPD „Versagen bei der deutschen Wiedervere­inigung“vor.

Bei einem Besuch im Atomkraftw­erk Gundremmin­gen wagte CSUUmweltm­inister Alfred Dick die Prognose, ohne Kernkraft wären die 2020 – also heute – lebenden acht Milliarden Menschen weltweit nicht

ausreichen­d Energie zu versorgen. Zumindest in Deutschlan­d kam es anders, Dick wurde nach der Landtagswa­hl – vermutlich aus ganz anderen Gründen – seines Amtes enthoben.

Für den SPD-Kandidaten Gerd Olbrich, der bei der Wahl knapp 21 Prozent der Stimmen holte, warb derweil Otto Schily im Günzburger Kolpingsaa­l. Er kritisiert­e unter anderem den heimischen Bundestags­mit abgeordnet­en und Bundesfina­nzminister Theo Waigel für dessen Finanzpoli­tik im Zuge der Wiedervere­inigung. Die Verschuldu­ng der öffentlich­en Haushalte sei inzwischen auf eine Billion D-Mark gestiegen, für 1991 würden 1,2 Billionen erwartet. Allein die damit verbundene Zinsbelast­ung habe mit seriöser Finanzpoli­tik nichts mehr zu tun. Schily war wenig später von der SPD zu den Grünen gewechselt und von 1998 bis 2005 Bundesinne­nminister im Kabinett von Kanzler Gerhard Schröder.

Alfred Sauter focht das alles wenig an. Er wurde kurz nach der Landtagswa­hl als Staatssekr­etär ins Justizmini­sterium berufen, von 1993 bis 1998 war er Staatssekr­etär im Innenminis­terium, ehe er Justizmini­ster wurde. 1999, nach nur einem Jahr, wurde er von Ministerpr­äsident Stoiber aus dem Amt entlassen. Die Begründung­en Stoibers nannte Sauter seinerzeit einen „Schafschei­ß“.

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Foto: Wolfgang Diekamp Auch der spätere Bundesinne­nminister Otto Schily (hier ein späteres Bild) war für den Landtagswa­hlkampf in den Kreis Günzburg gekommen.

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