Trauer um zwei bedeutende Männer
Stadtarchivar und Autor Willi Lorenz sowie der dienstälteste bayerische Kommunalpolitiker Franz Lorenz starben
Günzburg Zwei Todesnachrichten ließen im Oktober 1990 nicht nur die Menschen in Günzburg trauern. Im Alter von 83 Jahren war der langjährige Stadtarchivar Willi Lorenz gestorben. Er war vor allem bei Lesern der Günzburger Zeitung bekannt und beliebt – als Verfasser historischer Beiträge und als Autor des legendären Postjörgele. Einem Herzinfarkt war im Alter von 70 Jahren Ratsmitglied Franz Lorenz erlegen. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler war der dienstälteste Kommunalpolitiker in Bayern.
Mehr als 40 Jahre stand Willi Lorenz in den Diensten der Stadt Günzburg. Erst im Alter von 80 Jahren hatte er sein Amt als Stadtarchivar aufgegeben. Nach einem Studium der Philosophie, der Rechtswissenschaften
und der Volkswirtschaft wandte sich Lorenz dem Journalismus zu. Dabei pflegte er stets den aufrechten Gang. Als Redaktionsleiter
beim Tölzer Kurier ließ er sich auch von den Nazis nicht den Mund verbieten – 1941 war er seinen Job los. Als Stadtarchivar arbeitete Willi
Lorenz vor allem die Geschichte seiner Geburtsstadt Günzburg auf, in ungezählten Beiträgen ließ er die Leser der GZ an seinem profunden Wissen teilhaben. Menschliches und Allzumenschliches spießte er liebevoll in der Glosse des Postjörgele auf. Passierte Freunden oder Bekannten ein Missgeschick – man ließ es Willi Lorenz wissen. In schwäbischer Mundart verfasste er kleine Meisterwerke, er spießte menschliche Schwächen auf, ohne zu verletzen. Zu seinen Ehren war das kurze Straßenstück vor seinem Wohnhaus – vom Abzweig Augsburger Straße vorbei am Dossenbergerhaus zum Landmann-Platz – in Wilhelm-Lorenz-Weg umbenannt worden.
Nur wenige Tage vor seinem 71. Geburtstag war der langjährige
Stadt- und Kreisrat Franz Lorenz einem Herzinfarkt erlegen. Von 1948 bis zu seinem Tod war der gebürtige Sudetendeutsche im Günzburger Stadtrat, seit 1972 war der Freie Wähler auch im Kreistag aktiv. Der dienstälteste Kommunalpolitiker Bayerns war für seine Verdienste unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet worden, die Stadt Günzburg hatte ihm den Goldenen Ehrenring verliehen.
Ohne Franz Lorenz wäre Rudolf Köppler möglicherweise nie Oberbürgermeister geworden. Denn der Freie Wähler Lorenz war es, der den SPD-Kandidaten im OB-Wahlkampf 1969 unterstützte und sich damit den Zorn der CSU zugezogen hatte. (kai)