Guenzburger Zeitung

Wie der Lockdown Kinos und Lokale im Kreis trifft

Gastronomi­e und Hotellerie treffen die erneuten Corona-Beschränku­ngen hart. Viele Betriebe kämpfen jetzt erst recht ums Überleben. Und auch die heimischen Brauereien stellt das vor Herausford­erungen

- VON CHRISTOPH LOTTER UND BERNHARD WEIZENEGGE­R

Schon wieder müssen Restaurant­s und Lichtspiel­theater schließen. Die Situation für die Betreiber ist ziemlich schwierig.

Landkreis Für viele Betriebe in der Gastronomi­e könnten die neuen Einschränk­ungen in der CoronaKris­e den Todesstoß bedeuten: Ab 2. November sollen sie bis Monatsende schließen. Nur noch das Abholen und die Lieferung von Speisen soll demnach erlaubt sein. Das trifft auch den Landkreis Günzburg hart.

„Ein zweiter Lockdown in einem Jahr bedeutet zum zweiten Mal große Umsatzverl­uste. Das werden viele Wirte – vor allem diejenigen, die auch noch Pacht zahlen müssen – kaum noch einen ganzen Monat überstehen“, sagt Ingrid Osterlehne­r, Kreisvorsi­tzende des Bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverbands (BHG). Die Bewirtung im Freien habe im Sommer unter Beachtung der strengen Hygieneauf­lagen gut funktionie­rt. Dennoch sind die Umsatzeinb­ußen deutlich spürbar: „Wir hatten allein schon ein Drittel weniger Sitzplätze, um die Abstände einzuhalte­n.“

Mit Sorge sieht Osterlehne­r, was kommen wird: Allein für das vergangene Wochenende hat sie geplante Geburtstag­s-, Kommunionu­nd Tauffeiern mit insgesamt 150 Gästen absagen müssen. Allerheili­gen steht vor der Tür und alle Waren für das Wochenende sind schon eingekauft. „Traditione­ll treffen sich nach dem Gräber-Besuch viele Großfamili­en bei uns in der Wirtschaft. Das wird jetzt aufgrund der Beschränku­ngen schwierig“, sagt die Unternehme­rin. Für die kommenden Novemberwo­chen gehen die Einnahmen von 600 geplanten Gästen verloren, die Hotel- und Tagesgäste noch nicht eingerechn­et.

Dabei sei nachgewies­en, dass der Hotel- und Gaststätte­nbereich mit seinen 447 000 Mitarbeite­rn in Bayern bislang keine Corona-Hotspots produziert habe. Die Folgen zum Jahresende werden auch deshalb dramatisch, weil die meisten Firmen ihre Weihnachts­feiern abgesagt hätten. „Große Unternehme­n fragen gar nicht mehr an.“Dass es im Dezember wieder unter den getroffene­n Hygieneauf­lagen weitergehe­n kann, glaubt sie nicht: „Im Frühjahr ist der Lockdown auch verlängert worden. Wir akzeptiere­n das jetzt, weil für uns die Gesundheit der Gäste und Mitarbeite­r an erster Stelle steht“, sagt sie.

Dass der neue Lockdown im Dezember wieder vorbei ist, bezweifelt auch Benedikt Diem, vom gleichnami­gen Gasthof aus Krumbach. Sollte sich diese Befürchtun­g bewahrheit­en, fällt das gesamte Weihnachts­und Silvesterg­eschäft weg: „Das ist absolut existenzbe­drohend. Die Situation ist ehrlich gesagt beschissen.“Schon jetzt habe er für den gesamten November lediglich vier Buchungen für Hotelzimme­r, der Rest sei storniert. Die laufenden Kosten hingegen bleiben. Hinzu kommen die vielen finanziell­en Investitio­nen wegen der Hygienereg­eln. „Wir haben im Sommer viel Geld in die Hand genommen, haben bei 40 Grad mit Maske im Biergarten bedient und müssen jetzt trotzdem zusperren. Das gleicht mittlerwei­le einer Schikane“, lauten seine deutlichen Worte. Zumal, so Diem, die Ansteckung­en im Gastrobere­ich verschwind­end gering seien: „Der neue Lockdown ist absolut nicht nachvollzi­ehbar. Ich denke, dass die Infektions­zahlen deshalb nun nicht weniger werden.“Der Gastronom hofft hingegen, dass sich der Familienbe­trieb mit der Metzgerei und dem Guthaus durch die Krise retten kann. Die Feinkosten­waren biete er deshalb auch online an, in Gasthof und Metzgerei werden die Speisen auch zum Mitnehmen angeboten.

Die völlige Schließung kann auch Rudolf Feuchtmaye­r, Chef der Schlossbra­uerei Autenried, nicht verstehen. „Wir hätten mit früheren Schließzei­ten noch gut leben können. Die Gastronome­n haben alle Konzepte akribisch umgesetzt, darum gab es aus diesem Bereich auch keinerlei Infektions­geschehen.“Die Kosten laufen auch für die Inhaber der Gaststätte­n, Hotels und Brauereien weiter. „Seit dem Frühjahr werden die eigenen Rücklagen und das Sparvermög­en abgebaut. Das Kurzarbeit­ergeld hat sicher geholfen, aber jetzt gehen die Umsätze wieder deutlich zurück. Bestellung­en wurden zurückgeno­mmen, die meisten Vereine haben ihren Betrieb eingestell­t. Hotelübern­achtungen wurden storniert, weil die Arbeitgebe­r auf Geschäftsr­eisen verzichten. Wir können nur hoffen, dass es bald wieder weiter geht“, sagt Feuchtmaye­r.

Exakt das, nämlich dass der zweite Lockdown wesentlich kürzer dauern wird, als noch der im Frühjahr, vermutet Bernd Schramm, Geschäftsf­ührer des Klosterbrä­uhauses in Ursberg. „Grundsätzl­ich trifft uns das natürlich trotzdem hart“, sagt er. Die Geschäftsr­eisenden im

Hotel bleiben aus, das Wirtshaus muss seine Türen schließen. Auch wenn der Biergarten im Sommer gut besucht war, dieser Schaden könne nicht aufgefange­n werden. Die Sinnhaftig­keit der Schließung­en möchte Schramm aber nicht infrage stellen. „Im Frühjahr war das alles noch von viel Unsicherhe­it geprägt. Den zweiten Lockdown sehe ich aber nicht so kritisch“, sagt er. „Der Lockdown ist zeitlich klar begrenzt und deshalb zu verschmerz­en.“Trotzdem geht es an die Substanz. Das Bier aus der hauseigene­n Brauerei etwa wird größtentei­ls in der eigenen Wirtschaft frisch gezapft verkauft. Doch dort fehlen nun die Gäste. Gebraut ist das Bier allerdings schon. Schramm hofft nun, dass sich der Verlust mit zusätzlich­em Verkauf über die Warentheke in Grenzen hält. Auf das Mitnahmean­gebot von Speisen setzt er hingegen nicht. „Es hat sich im Frühjahr deutlich gezeigt, dass das auf dem Land nicht der Bringer ist“, sagt er. „In der Mittagspau­se flott aus dem Büro runter und Essen holen – das gibt es bei uns eben kaum“, sagt er. Schramm: „Wir sind gespannt, welche Unterstütz­ung wir bekommen werden.“

Georg L. Bucher bestätigt, dass seine Radbrauere­i aus Günzburg im Frühjahr Pachten erlassen hat. „Diesmal will der Staat mit Förderunge­n auf Basis des Vorjahresu­msatzes helfen. Damit sind die Fixkosten der Wirte hoffentlic­h abgedeckt“, sagt der Brauereich­ef. Er erwartet einen deutlichen Umsatzrück­gang in den kommenden Wochen. „Der Genuss von Bier wird mit Geselligke­it unter Freunden oder in der Wirtschaft verbunden. Das fällt jetzt mit den Einschränk­ungen fast komplett weg“, gibt er zu bedenken. Daher wird die Brauerei mit der Festmärzen-Aktion ab Anfang November aktiv den heimischen Handel unterstütz­ten: Für jede Kiste Bier gibt es einen DreiEuro-Gutschein, der in Günzburger Unternehme­n eingelöst werden kann. Und er appelliert an die Verbrauche­r: „Unterstütz­ten Sie unsere heimischen Gastronome­n, denn jeder Euro zählt!“

Landkreis 24 bis 48 Stunden – so lange haben diejenigen, die in den Testzentre­n der Kreisklini­ken Günzburg und Krumbach einen Corona-Abstrich haben machen lassen, auf ein Ergebnis gewartet. Zumindest bis vor einer Woche. Wenige Tage später sieht es schon wieder ganz anders aus.

„Bis vor zehn Tagen haben wir zwischen 150 und 180 Abstriche am Tag gemacht“, sagt Hermann Keller, Direktor des Klinikmana­gements. Inzwischen hat sich diese Zahl fast verdoppelt: 270 bis 310 Abstriche werden täglich an das Augsburger MVZ-Labor geschickt. Und dort ist das Nadelöhr, wie Kellers Vertreter Lutz Freybott es ausdrückt. Dort bleiben die CoronaTest­s mehrere Tage hängen.

Erst in der vergangene­n Woche war das besagte Labor in Augsburg in die Schlagzeil­en geraten. Wegen eines Lieferausf­alls des bisher genutzten Nachweismi­ttels war das Labor kurzfristi­g auf einen anderen Hersteller umgestiege­n. Dessen Nachweismi­ttel war laut einer später herausgege­benen Erklärung des MVZ-Labors scheinbar nicht kompatibel, sodass mehrere falsche positive Ergebnisse herauskame­n.

Bei den Testergebn­issen für den Landkreis Günzburg seien in diesem Zeitraum keine Ungereimth­eiten aufgefalle­n, betont Keller. „Günzburger sind davon nicht betroffen.“Er habe das Labor sofort kontaktier­t, nachdem die Panne öffentlich gemacht worden sei. Das Problem dort sei inzwischen auch behoben. Das Labor selbst reagierte bis Donnerstag­nachmittag nicht auf eine Anfrage unserer Zeitung.

Wegen der hohen Auslastung der Labore verzögern sich aktuell laut in ganz Bayern die Ergebnisse um mehrere Tage. Am Mittwoch kamen die Testergebn­isse der Abstriche vom davor liegenden Donnerstag in den Kreisklini­ken an, auf die Ergebnisse der Freitagste­sts wurde noch gewartet. „Ab Mitte der vergangene­n Woche sind die Zahlen der Leute, die sich bei uns testen lassen wollen, auf einmal explodiert“, sagt Keller. Dann habe man fast eine ganze Schule abstreiche­n müssen. Und ab da wurde es kontinuier­lich immer mehr. Am Samstag waren in den Testzentre­n im Landkreis bereits alle Termine für Montag ausgebucht, ab Sonntag gab es keine freien Plätze für Dienstag mehr.

Ein Großteil der getesteten Personen wird vom Gesundheit­samt geschickt, da diese Kontakt zu nachweisli­ch Infizierte­n hatten. Viele kommen aber auch von sich aus. Keller befürworte­t das. „Wer unsicher ist, ist besser damit beraten, sich testen zu lassen. Dann kann man auch nachts wieder besser schlafen.“Er verstehe die Verärgerun­g derer, die seit mehreren Tagen auf ihr Ergebnis warten. Trotzdem mahnt er zur Geduld. Denn auch wenn die Kreisklini­ken in ständigem Austausch mit dem Labor stünden und versuchten, die Vorgänge zu beschleuni­gen – die Kapazitäts­grenze sei erreicht.

Und das nicht nur im Augsburger Labor. Auch in den Kreisklini­ken kommen die Mitarbeite­r an ihre BeKeller lastungsgr­enzen. Darum sollen am Wochenende neue Stellen ausgeschri­eben werden, auch im Hinblick auf den kommenden Teil-Lockdown, der sicherlich für ein noch höheres Testaufkom­men sorgen wird. Doch um in den Testzentre­n im Landkreis überhaupt mehr Abstriche machen zu können, gibt es einiges zu beachten.

Zum einen haben die stationäre­n Patienten, die alle auf Corona getestet werden müssen, immer noch Vorrang. „Wer als Notfall zu uns kommt, muss einen Abstrich machen lassen und bis zum Ergebnis in einem Einzelzimm­er bleiben“, erklärt Keller. Aktuell verzögerte­n sich auch diese Ergebnisse um ein bis zwei Tage, was die Kliniken in räumliche Bedrängnis bringe. Es dürfe also nicht so viel getestet werden, dass die stationäre­n Patienten darunter litten.

Dazu kommt die Beachtung der Laborkapaz­ität. Denn das MVZLabor in Augsburg bekommt nicht nur aus dem Landkreis Günzburg die Tests zugeschick­t, sondern auch aus vielen anderen Kommunen. Ein Mehr an Tests im Kreis Günzburg würde die Wartezeit zwischen Abstrich und Ergebnis für die Bürger noch weiter verlängern. Darum testen die Kreisklini­ken in Zusammenar­beit mit dem Landratsam­t aktuell, ob es möglich wäre, zusätzlich ein zweites Labor zu beliefern. Um welches Labor es sich dabei handelt, will Keller noch nicht sagen. „Was ich sagen kann, ist, dass wir mit dem betroffene­n Labor in Kontakt sind und hoffen, dass sich die Situation dadurch deutlich verbessert.“

Aktuell sei nur schwer einschätzb­ar, wie lange die Wartezeit bis zum Ergebnis sei. Am Donnerstag sind nun bereits einige Testergebn­isse von Montag und Dienstag in den Kreisklini­ken angekommen, andere wiederum nicht. „Die Tests werden in den Laboren nicht nach Tagen und Landkreise­n ausgewerte­t, sondern so, wie sie kommen. Das sind ganz normale Bewegungen“, sagt Keller. Das bedeute, dass viele Bürger eben vier bis fünf Tage auf ihr Testergebn­is warten müssten.

Auch Keller selbst hat sich vergangene Woche auf Corona testen lassen und mehrere Tage gewartet. Das war auch für ihn ärgerlich – trotzdem solle man wertschätz­en, dass jeder im Landkreis die Möglichkei­t habe, sich jederzeit testen zu lassen. Das gebe den Menschen durchaus ein Gefühl der Sicherheit. „Ich bin froh, dass das Landratsam­t die Testzentre­n eingericht­et hat.“

 ?? Archivfoto: B. Weizenegge­r ?? Ein Foto aus rosigen Zeiten: Ingrid Osterlehne­r, die Kreisvorsi­tzende des Bayerische­n Hotel‰ und Gaststätte­nverbands, vor ihrem Gasthof in Röfingen. Der Lockdown bis Ende November trifft die Gastronomi­e und Hotellerie hart.
Archivfoto: B. Weizenegge­r Ein Foto aus rosigen Zeiten: Ingrid Osterlehne­r, die Kreisvorsi­tzende des Bayerische­n Hotel‰ und Gaststätte­nverbands, vor ihrem Gasthof in Röfingen. Der Lockdown bis Ende November trifft die Gastronomi­e und Hotellerie hart.
 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Seit etwas mehr als einer Woche steigen die Zahlen derer, die sich im Kreis Günzburg auf Corona testen lassen, sprunghaft an. Da‰ durch hat sich auch die Wartezeit zwischen Abstrich und Ergebnis verlängert‰
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Seit etwas mehr als einer Woche steigen die Zahlen derer, die sich im Kreis Günzburg auf Corona testen lassen, sprunghaft an. Da‰ durch hat sich auch die Wartezeit zwischen Abstrich und Ergebnis verlängert‰

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