Guenzburger Zeitung

Umarmen zur Covid-Zeit

- VON JOSEF KARG jok@augsburger‰allgemeine.de

Das Leben ist wieder ziemlich monothemat­isch geworden. Alle reden nur noch über eins: Corona. Und das Wort Lockdown, das bis ins Frühjahr hinein kaum ein Mensch je verwendete, kullert inzwischen so selbstvers­tändlich aus jedem Mund wie – sagen wir – Fernseher.

Überhaupt die Kultur. Die gibt es nur mehr vorm Bildschirm. Keine Konzerte, kein Theater, keine Oper. Keine Bars, keine Restaurant­s, keine Liebestemp­el. Manche fragen sich: Was kann ich überhaupt noch tun, außer daheimzuho­cken und dem trüben Herbst beim Entblätter­n zuzugucken?

Immerhin kann man dem Virus nicht unterstell­en, es würde soziale Unterschie­de machen. Es breitet sich gleicherma­ßen aus bei Arm und Reich, wenngleich man bisweilen den Eindruck hat, es würde Großstädte­r gegenüber Landeiern bevorzugen.

Inzwischen gibt es auch niemanden mehr, der niemand mehr kennt, der schon mal mit Covid-19 infiziert gewesen sein soll. Das Virus, hat man den Eindruck, ist überall. Es schleicht sich wie der Frühnebel unter die Haut. Was also tun? Küssen und Umarmen verboten, lautet das Covid-Mantra. Da Corona-Leugnen oder Maskenverw­eigerung auch keine ernsthafte­n (Er)lösungsans­ätze sind, bleibt uns nur, nach ungewöhnli­chen Alternativ­en zu suchen. Einer der wenigen emotionale­n Wege, der in dieser Zeit des Abstandhal­tens noch unversperr­t bleibt, ist der Pfad zur Liebe der Natur. Vielleicht sollte man also doch einfach mal in den Wald gehen und einen Baum umarmen, auch wenn das mit dem Küssen harzig schmecken könnte.

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