Frust im Wirtshaus
Restaurants, Bars und Kneipen müssen vier Wochen lang für Gäste geschlossen bleiben. Viele Betreiber finden die Beschränkungen ungerecht. Zwei Betroffene erzählen
Wertingen/Augsburg Die Nachricht traf Josef Stark wie ein „Schlag in den Magen“, erzählt der Gastronom aus Wertingen (Kreis Dillingen). „Es hat sich angefühlt wie ein schlimmes Déjà-vu, wie damals im Frühjahr, als wegen Corona das ganze Leben runtergefahren wurde.“Seit Mittwochabend steht nun fest: Wieder muss er sein Lokal, den Landgasthof Stark, schließen. Wieder darf er nur To-go-Bestellungen anbieten, vier Wochen lang, den ganzen November über. So haben es am Mittwochabend die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder beschlossen. „Seither steht das Telefon nicht mehr still, alle Reservierungen wurden abgesagt, ich habe noch am Abend die Karte für Mitnehm-Gerichte online gestellt“, sagt der 47-Jährige. „Aber ich bin frustriert. Die Gastronomie hat es im Frühjahr schon hart getroffen. Die Ersten, die schließen mussten, die Letzten, die öffnen durften – und jetzt wieder.“
Wie ihm geht es aktuell vielen Restaurantinhabern, Barbetreibern und Kneipenbesitzern in Bayern. Dass die Gastronomie ab kommendem Montag weitgehend dicht ist – mit Ausnahme von Kantinen – und in Augsburg sogar schon ab Freitagabend, sorgt für Unmut, Sorge und Wut in der Branche. So zum Beiauch bei den Münchner Innenstadtwirten, die sich „fassungslos und bestürzt“äußerten. „Selbst das Robert-Koch-Institut sieht die Infektionsgefahr in der Gastronomie bei lediglich 0,5 Prozent“, sagt Gregor Lemke, Vorsitzender des Vereins der Münchner Innenstadtwirte, am Donnerstag. Auch Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, zeigt Unverständnis. Die gelernte Hotelfachfrau beklagte gegenüber unserer Redaktion: „Das kommt zumindest für den November einem Berufsverbot für uns gleich.“Ähnlich problematisch sieht die Situation auch Josef Ellgass von der Vereinigung Land-Zunge aus dem Allgäu, einem Zusammenschluss aus Gastronomen, die sich für regionale Vermarktung starkmachen. Er sagt: „Diese Entscheidung trifft uns wirtschaftlich, aber auch emotional sehr hart. Nach dem, was wir in den vergangenen Monaten alles geleistet haben, werden wir jetzt wieder vollkommen ausgebremst. Das demoralisiert die gesamte Branche.“
Was er meint, kann Josef Stark aus Wertingen gut nachvollziehen: „Wir Gastronomen haben in den vergangenen Monaten unsere Hausaufgaben gemacht. Haben dokumentiert, desinfiziert, Abstände eingehalten, Masken getragen. Manche haben richtig viel Geld investiert und Plexiglasscheiben, Luftfilteranlagen oder Heizpilze gekauft.“
Wut, Frustration, Sorge – eine Gemengelage an Gefühlen, die auch Anita Babic vom Augsburger Lokal „Il Gabbiano“verstehen kann. Für sie war der Beschluss „noch mal eine ganz schön harte Nummer“. Bis zum letzten Tag hatte sie gehofft, dass es nicht noch einmal dazu komspiel men würde, dass sie ihr Lokal schließen müsse. „Natürlich finde ich die Entscheidung ungerecht. Aber wenn es mit den vier Wochen getan ist und die Zahlen wieder gesunken sind, muss ich mich damit eben abfinden.“
Einen Lichtblick gibt es aber, auf den die Augsburger Gastronomin hofft. So hat der Bund angekündigt, für die von den temporären Schließungen betroffenen Unternehmen – und dazu zählen auch Gastronomen und Hoteliers – eine außerordentliche Wirtschaftshilfe zu gewähren, um sie für finanzielle Ausfälle zu entschädigen. Der Erstattungsbetrag beträgt 75 Prozent des entsprechenden Umsatzes des Vorjahresmonats. „Das wäre super, wenn das so tatsächlich bei uns ankommt. Ich glaube, damit wäre vielen geholfen – auch damit keiner ganz schließen muss.“Josef Stark dagegen steht den versprochenen Hilfen skeptisch gegenüber: „Das glaube ich erst, wenn das Geld bei mir auf dem Konto ist und ich es auch nicht wieder zurückzahlen muss, so wie damals bei den Soforthilfen.“
Trotz der Umstände wollen beide Gastronomen versuchen, optimistisch zu bleiben. Anita Babic sagt: „Wenn es nur vier Wochen sind, werden wir das wirtschaftlich irgendwie hinkriegen. Hauptsache, die Zahlen gehen runter und wir dürfen am 1. Dezember wieder öffnen.“(mit dpa)