Die Schaffers schaffen
Nördlingen Wenn irgendwo mal gerade etwas nicht so läuft wie geplant, dann sind die Schaffers da. So erzählt das Ehepaar, dass der frühere Leiter der Tourismus-Information und heutige Oberbürgermeister auch mal anruft, wenn eine Begleiterin des Volkshochschulkurses ausfällt, und fragt, ob sie nicht aushelfen können. Und das tun sie. Diesen Ruf haben sie sich durch ihr Engagement erarbeitet, für das sie die Silberdistel unserer Zeitung bekommen.
Ein Beispiel für ihren Einsatz ist die Nördlinger Nachbarschaftshilfe. Die wurde im Jahr 2015 unter anderem von ihnen gegründet. Von Bekannten wurden sie gefragt, ob sie bereit wären, da mitzumachen. Und das waren sie. „Da suchen die natürlich Macher und nicht nur Redner, und so kam das zustande“, schildert Susanne Schaffer. Die beiden sind nicht alleine, im Vorstand des Vereins gibt es noch weitere Mitglieder, die helfen. Doch sie beide übernehmen viel: Karl macht die Buchhaltung, Susanne koordiniert aus der eigenen Küche die Einsätze für die Helfer, vermittelt und geht mit zu den ersten Treffen.
Die Nachbarschaftshilfe, das ist Fahrdienst, Einkaufshilfe oder auch einfach mal Gesellschaft leisten. Karl Schaffer erzählt von einer Frau, die sich den Oberschenkel gebrochen hat und auf den Rollator angewiesen ist. Sie bekommt Physiotherapie vom Arzt verschrieben, hat aber keine Möglichkeit, diese in
Anspruch zu nehmen – ein Taxi kann sie sich nicht leisten, mit dem Rollator kommt sie nicht zum Stadtbus. Da springt jemand von der Nachbarschaftshilfe ein. „Wir füllen da Lücken in unserem Sozialsystem“, sagt der 57-Jährige.
Dass sich das Ehepaar Schaffer so engagiert, hat einen Grund. Die beiden müssen für ihren Lebensunterhalt nicht mehr arbeiten. Karl Schaffer hat im Bereich Private Banking für ein großes deutsches Unternehmen gearbeitet und sich einmal das Ziel gesetzt, mit 50 nicht mehr arbeiten zu müssen. Mit 48 hatte Karl Schaffer das erreicht.
Er erzählt, dass er während seines Berufslebens lange noch in Nördlingen gewohnt, aber bereits in Aalen und Heidenheim gearbeitet hat: „Ich bin morgens früh aus dem Haus gegangen und abends spät heimgekommen. Und am Wochenende habe ich mich um Haus und Eltern gekümmert, das heißt, man hat nie Zeit gehabt, sich für die Stadt ...“– „... und für die Gesellschaft einzubringen“, vollendet Ehefrau Susanne den Satz. Das kommt bei den beiden häufiger vor. Im Jahr 2011 kamen sie nach Nördlingen zurück, zurück in die Heimat. Über diese Zeit sagt Susanne Schaffer: „Wenn man aus dem Berufsleben aussteigt, braucht man für sich eine sinnvolle Tätigkeit. Unser Grundanliegen war, dass wir bis jetzt Glück im Leben hatten. Wir hatten nie finanzielle Sorgen. Da will man auch etwas an die Gesellschaft zurückgeben.“Gerade die Generation zuvor habe ein tolles Lebensumfeld geschaffen.
Doch diese Generation gerate jetzt ein bisschen ins Abseits, sagt Susanne Schaffer. Und deswegen
Susanne und Karl Schaffer engagieren sich seit vielen Jahren in Nördlingen. Der Bü cherschrank ist nur ein Teil ihres Engagements.
Mit der Silberdistel ehrt unsere Redaktion seit vielen Jahren Menschen aus der Region für ihr besonderes bürgerschaftliches Engagement. Der Preis besteht aus einer Urkunde und einer kunstvoll in Silber gearbeiteten Distelblüte, die
●
Auszeichnung wollen sie diesen Menschen auch etwas Gutes tun. Einige nehmen die Nachbarschaftshilfe in Anspruch, doch die 45-Jährige glaubt, dass sicher noch mehr Menschen in Nördlingen Unterstützung benötigen.
Diese sollten keine Scheu haben, auf sie zuzukommen.
Die Nachbarschaftshilfe ist längst nicht der einzige Bereich, in dem sich die Schaffers engagieren. So haben sie den Freundeskreis „Amici dell’arte“, Freunde der Kunst, mitgegründet. Ein Freund von ihnen hatte einen Spendenaufruf einer Stiftung zur Erhaltung von Denkmälern in Bayern gesehen und die Schaffers drauf angesprochen. „Wir haben überlegt, was wir tun können.“Im Stadtmuseum wurden sie fündig. Eine Altarverzierung wurde restauriert, außerdem ein historisches Buch hergerichtet und ein Epitaph, ein Erinnerungsmal aus dem 17. Jahrhundert, restauriert. Die Mittel dafür hat der Freundeskreis zusammengetragen: „Wir haben verschiedene Aktionen gemacht. Es hat sich herausgestellt, dass der Verkauf von selbst gebackenen Plätzchen und selbst gemachter Marmelade auf dem Weihnachtsmarkt eine sehr schöne Möglichkeit ist, Geld zu sammeln“, sagt Karl Schaffer. Seine Ehefrau ergänzt, es sei ihnen wichtig, den Leuten einen Gegenwert zu geben und nicht nur Geld zu sammeln. Die Zutaten stammen aus der Region, die Rezepte von den Eltern. Die Plätzchen kommen gut an bei den Menschen, schon jetzt sei er angesprochen worden, wann es wieder welche gebe, sagt Karl Schaffer. Doch in diesem Jahr wird es keine geben – Corona. Das Virus hat zudem dafür gesorgt, dass Susanne Schaffer ihre wöchentliche Kartelrunde im Altenheim einstellen musste.
Die Schaffers sagen, dass sie viel Glück im Leben hatten. Doch so ganz stimmt das nicht. Vor zwei Jahren erkrankte Susanne Schaffer an Brustkrebs. „Ich habe versucht, mein Leben so normal wie möglich weiterzuleben. Rausgerissen zu werden aus diesem Kranksein, da hat mir das Ehrenamt wahnsinnig viel gebracht.“
Die Silberdistel