Miriam Ruf erobert mit ihrer Harfe die Welt
Kultur Die 23-jährige Günzburgerin ist schon als kleines Kind musikalisch erfolgreich. Inzwischen studiert die junge Frau in New York. Die Harfenistin erhält einen hoch dotierten Musikförderpreis und spricht über ihre Ziele und Corona
Günzburg Konzentriert sitzt Miriam Ruf vor ihrer Harfe, ihre Finger zupfen spielerisch an den Saiten, während ihre Füße die unterschiedlichen Pedale für die verschiedenen Tonhöhen bedienen – so in die Musik vertieft ist die international preisgekrönte Solistin aus Günzburg auf der Bühne zu sehen, wenn sie vor Publikum spielt. Doch im Gespräch mit unserer Zeitung zeigt sich die 23-Jährige von einer anderen, völlig entspannten und lockeren Seite. Miriam Ruf ist in ihrer Mietwohnung in New York, während sie per Videoschaltung über ihre Liebe zur Harfe, ihre Erfolge und das kostspielige Studium im Ausland spricht.
Der musikalische Weg von Miriam Ruf war früh geebnet. Sie war mit ihrer Schwester im Kinderchor, im zarten Alter von sechs Jahren erhielt sie Harfenunterricht an der Musikschule in Günzburg. Warum sie sich gerade für dieses Instrument entschieden hat, weiß die 23-Jährige nicht genau. Ihre Mutter spielte Klavier, doch das färbte nicht auf sie ab. „Ich habe die Harfe jede Woche in der Musikschule gesehen und wollte sie unbedingt spielen“, sagt Miriam Ruf. Dass es die richtige Entscheidung war und sie eine talentierte Harfenistin ist, zeigte sich schnell.
Bereits mit sieben Jahren nahm sie an dem Wettbewerb „Jugend musiziert“teil. Sie errang in den folgenden Jahren mehrere erste Preise – sowohl auf Regional- als auch auf Landesebene, sowohl in der Soloals auch in der Ensemblewertung. Damit war ihr Ehrgeiz geweckt. Mit 15 nahm sie Harfenunterricht an der Musikschule Ulm, zwei Jahre später gewann sie bei Jugend musiziert auf Bundesebene und erhielt Sonderpreise der Deutschen Stiftung Musikleben und den Zonta-Musikpreis. Quasi nebenbei schloss sie 2015 erfolgreich ihr Abitur am Dossenberger-Gymnasium in Günzburg ab.
Mit dem Abitur in der Tasche stellen sich viele junge Erwachsene die Frage nach der Zukunft. Soll es eine Ausbildung sein? Oder doch ein
Studium? Oder wie wäre es mit einer ausgedehnten Reise? Für Miriam Ruf war eines sofort klar: Es soll mit der Musik weitergehen. Deshalb ging sie zum Studieren nach Amsterdam. Die dortige Harfenklasse habe einen sehr guten Ruf, so die Musikerin. Nach vier Jahren schloss sie ihr Bachelorstudium am Konservatorium von Amsterdam ab und ging 2019 nach New York.
Doch bevor sie dort ihren Master in Angriff nehmen konnte, musste sie zuerst die Aufnahme bestehen. Der Bewerbungsprozess war aufwendig: Neben Empfehlungsschreiben musste Miriam Ruf auch in New York vor den dortigen Professoren der Hochschule vorspielen. 20 Minuten dauerte der Auftritt, vor dem die Günzburgerin wahnsinnig aufgeregt gewesen sei. „Außerdem war ich noch nie so weit gereist und bin eine Woche in New York geblieben“, sagt Ruf.
Und die junge Frau überzeugte die Professoren an der New Yorker Juilliard School – sie erhielt den begehrten Studienplatz. Sie zog zunächst in das Zimmer einer Bekannten ein, inzwischen teilt sie sich mit einer Amerikanerin eine Wohnung. Man mag es kaum glauben, aber das Studentenwohnheim wäre noch teurer. Überhaupt ist das Studium in New York alles andere als günstig. 50 000 Dollar betragen die gesamten Studiengebühren. Ruf hat zwar zwei Stipendien, aber dennoch bleibt ein nicht unerheblicher Betrag übrig. Da kommt es gerade zur rechten Zeit, dass der Bezirk Schwaben die Günzburgerin nun mit dem Musikförderpreis ausgezeichnet hat.
Ruf ist eine von drei diesjährigen Preisträgern. „Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben unsere Künstler besonders hart getroffen. So ist es uns in diesem Jahr ein besonderes Bedürfnis, mit dem Musikförderpreis des Bezirks Schwaben wichtige Persönlichkeiten aus dem schwäbischen Musikleben zu fördern“, sagte Bezirkstagspräsident Martin Sailer im Rahmen der Auszeichnung. Zu den Voraussetzungen für eine Bewerbung um den Förderpreis zählten, dass die Künstler herausragende musikalische Leistungen erbracht hatten und dass sie von nationaler und internationaler Bedeutung sind. Es gingen 28 Bewerbungen ein – auch die von Miriam Ruf. Ihre ehemalige Harfenlehrerin erzählte ihr von dem Förderpreis. Es folgte die Bewerbung und Monate später kam die positive Antwort vom Bezirk Schwaben. Mit 10000 Euro wird Rufs Studium gefördert – das reicht, um die Kosten für etwa ein komplettes Semester zu decken, freut sich die 23-Jährige.
Seit einem Jahr studiert sie nun in New York, doch die vergangenen zwölf Monate waren komplett anders, als sie gedacht hat: Stichwort Corona. In den Vereinigten Staaten habe man zunächst nicht viel über das gefährliche Virus mitbekommen.
Nach dem Abitur geht es zum Studieren nach Amsterdam
Miriam Ruf verlässt die USA kurz vor dem Lockdown
Doch innerhalb einer Woche hat sich das schlagartig gewandelt. Mitte März seien die ersten CoronaFälle in New York aufgetaucht, die Hochschule machte dicht. „Man hat gemerkt, dass die Leute panisch wurden. Die Preise für Flugtickets gingen schnell nach oben“, sagt Ruf. Auch sie wollte nicht länger in den USA bleiben und schnappte sich – gerade noch rechtzeitig vor dem Lockdown – einen Flug in die Heimat.
Ruf verbrachte den Sommer über im Landkreis Günzburg – bei ihrer Familie und ihren Freunden. Das Studium lief digital ab, Theorie war problemlos möglich, aber das Spielen und Proben im Orchester war unmöglich. Mitte Oktober ging es wieder zurück nach New York.
Ihr großes Ziel ist es, von der Musik einmal leben zu können. Sie ist sich bewusst, dass dies schwierig ist. Am liebsten würde sie eine feste Stelle in einem Orchester annehmen, doch diese sind rar. Zwei oder drei solcher Stellen gibt es jährlich – und zwar deutschlandweit. „Da gehört viel Glück dazu. Der Druck ist ähnlich wie bei der Aufnahmeprüfung für das Studium, denn das Orchester stimmt ab, wer die Stelle bekommt“, sagt Ruf.
Doch die junge Frau geht die Sache positiv an. Sie hat unter anderem in der weltbekannten Carnegie Hall gespielt und übt hart für ihr großes Ziel. Vier bis fünf Stunden täglich übt die Günzburger an der Harfe – nur so kann sie das Maximum aus sich und dem komplexen Instrument herausholen.