Guenzburger Zeitung

Weniger Leistungsd­ruck für Schüler

Gipfeltref­fen Schulen sollen in der Krise weiter offen bleiben. Doch Söder will den Lernstoff nicht „durchboxen“

- VON HENRY STERN UND SARAH RITSCHEL

München Bayerns Schulen sollen trotz Corona auch nach den Herbstferi­en geöffnet sein. Das hat die Staatsregi­erung beim bayerische­n Schulgipfe­l an diesem Mittwoch bekräftigt. Kultusmini­ster Michael Piazolo sagte unserer Redaktion nach dem Treffen: „Wir bleiben bei unserer Linie und halten die Schulen offen. Abweichung­en vom Präsenzunt­erricht kann das Gesundheit­samt bei schwerwieg­endem Infektions­geschehen an den Schulen anordnen.“Vorerst gelte an allen Schularten auch während des Unterricht­s Maskenpfli­cht. Mir persönlich ist wichtig“, betonte der Freie-Wähler-Minister, dass wir faire Bedingunge­n für die Schülerinn­en und Schüler sicherstel­len.“

Die Entscheidu­ng über Schulschli­eßungen ist also auch in Zukunft nicht an die Zahl der CoronaFäll­e in einer Region gebunden. Michael Schwägerl, Vorsitzend­er des Philologen­verbands, hat sich das anders vorgestell­t: Er hofft nach wie vor auf eine „einheitlic­here Vorgehensw­eise in Bayern“. Auch nach dem Gipfel herrsche eine große Unsicherhe­it bei den Lehrkräfte­n. „Letztlich geht es bei steigenden Infektions­zahlen um eine Reduzierun­g der Kontakte.“Er habe „das Gefühl, dass das Virus momentan schneller ist als wir“, so Schwägerl am Mittwochab­end.

Jürgen Böhm, Vorsitzend­er des Realschull­ehrerverba­nds, sagte nach dem Treffen unserer Redaktion: „Die Regierung hat ein riesiges Bedürfnis, dass es an Schulen normal läuft. Das wollen wir alle. Aber die Frage ist, wie in einem Risikogebi­et qualitativ hochwertig­er Unterricht im Klassenzim­mer durchgefüh­rt werden kann – und ob die Gesundheit­sämter immer in der Lage sind, darüber zu entscheide­n.“

Auch Schüler und Lehrer waren per Video zum Gipfeltref­fen zugeschalt­et. Sie hatten erst vor ein paar Tagen in Brandbrief­en Piazolos Corona-Strategie kritisiert und von einer „Notenjagd“mit teils mehreren Prüfungen am Tag gesprochen. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hatte kürzlich gefordert, die Schüler dürften die Folgen der Pandemie „nicht ausbaden“müssen. In der internen Sitzung sollen sich Söder und Piazolo nun nach Angaben von Teilnehmer­n ebenfalls für weniger Leistungsd­ruck in den Klassenzim­mern ausgesproc­hen haben: „Wir können nicht alles durchboxen“, wird der Ministerpr­äsident zitiert. Auch eine Lehrplan-Straffung ist offenbar denkbar. Wie sie umgesetzt werden soll, ob etwa die Lehrer selbst entscheide­n, was sie weglassen oder ganze Lernblöcke gestrichen werden, ist bislang nicht bekannt.

Die Eltern, die Piazolo so heftig angegangen hatten und unter anderem ein „digitales Chaos“an den Schulen beklagen, sind nicht ganz zufrieden mit dem Verlauf des Gipfels: Der Kultusmini­ster habe „ratlos“gewirkt, heißt es vom Bayerische­n Elternverb­and. „Wir hätten uns konkretere Ankündigun­gen gewünscht.“

Simone Fleischman­n, Vorsitzend­e des Bayerische­n Lehrer- und Lehrerinne­nverbands, klingt positiver: Sie bescheinig­t der Staatsregi­erung „Offenheit für Veränderun­gen, aber noch keine Klarheit“. Sie erwarte aber von der Politik, „dass alle Maßnahmen jetzt auch der Bevölkerun­g gut erklärt werden“. Nur so sei eine breite Unterstütz­ung zu erreichen. »Kommentar

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Foto: Charisius, dpa Schüler sollen so lange wie möglich im Schulhaus lernen.

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