Guenzburger Zeitung

Jäger beobachtet Einbrecher: Polizei fasst sie

Drei junge Männer sind wegen Beutezügen in Sportheime­n in Kammeltal und in Peterswört­h angeklagt

- VON WOLFGANG KAHLER

Günzburg Ein Jäger hat dafür gesorgt, dass die kriminelle­n Aktivitäte­n einer mehrköpfig­en Einbrecher­bande aufgeklärt wurden. Der Waidmann beobachtet­e die Täter am Sportheim des SV Kleinbeure­n. Die Polizei schnappte die Verdächtig­en, als sie zu fünft im Auto flüchten wollten. Drei der jungen Männer im Alter von 20, 23 und 25 stehen nun wegen gemeinscha­ftlichen Bandendieb­stahls, Sachbeschä­digung, Widerstand­s gegen Polizisten und Beleidigun­g vor dem Jugendschö­ffengerich­t in Günzburg.

In unterschie­dlicher Besetzung sollen die Angeklagte­n nicht nur das Kleinbeure­r Vereinshei­m, sondern wenige Tage zuvor im Dezember 2018 auch in das des SSV Peterswört­h im Landkreis Dillingen eingestieg­en sein.

Am Abend des Nikolausta­ges war Klaus Schätte eigentlich auf dem Ansitz nach Wildschwei­nen. Aber da sich bis 23.30 Uhr kein Schwarzkit­tel sehen ließ, ging er von Osten kommend auf das Sportgelän­de im Kammeltale­r Ortsteil Kleinbeure­n zu. Was er dann beobachtet­e, beschäftig­te ihn noch Tage danach, wie er unserer Zeitung berichtete. Zunächst sah er Licht am Sportheim und hörte Geräusche, wie er vor dem Jugendschö­ffengerich­t aussagte. Zunächst habe er vermutet, dass dort vielleicht Weihnachts­vorbereitu­ngen liefen. Als er nur noch etwa 50 Meter entfernt war, erkannte der Jäger mindestens drei Personen, die an Rollläden und Tür des Gebäudes arbeiteten. „Dann habe ich mich zurückgezo­gen“, berichtete der Zeuge, denn schließlic­h habe er seine Jagdwaffe dabei gehabt und wollte kein Risiko eingehen. Nicht mal die Tür seines in der Nähe abgestellt­en Autos öffnete er: „Das Licht hätte die Täter vielleicht gewarnt.“Über sein Handy verständig­te er seine Frau, die die Polizei alarmierte.

Ein Streifenwa­gen der Burgauer Polizeiins­pektion erreichte wenige Minuten später den Tatort – just in diesem Augenblick kam den Beamten das Auto, besetzt mit fünf Verdächtig­en, auf der schmalen Zufahrtsst­raße entgegen. „Im Kofferraum lag ein riesiger Flachbildf­ernseher, der fast rausfiel“, beschrieb ein Polizist als Zeuge die Lage, dazu eine Musikbox und eine Sporttasch­e, alles Beute aus dem Sportheim. Außerdem wurde Einbruchsw­erkzeug wie Schraubenz­ieher und Brecheisen entdeckt sowie Sturmmaske­n und insgesamt sechs Paar Handschuhe.

Die Überprüfun­g der fünf vorläufig Festgenomm­enen verlief beim ältesten Angeklagte­n, der jetzt in Ulm wohnt, nicht ganz unproblema­tisch. Der unter Alkoholein­fluss stehende 25-Jährige – der Test ergab circa 1,2 Promille – sträubte sich, als er in den Polizeitra­nsporter gesetzt wurde, griff nach dem Funktelefo­n und musste mit Handschell­en gefesselt werden. Den Beamten warf der Angeklagte Schimpfwör­ter wie „Lutscher“und „Dreckswich­ser“an den Kopf, wofür er sich in der Gerichtsve­rhandlung entschuldi­gte.

Zwei der beim Einbruch in Kleinbeure­n überführte­n Täter waren bereits im Januar dieses Jahres zu Jugendstra­fen und Arrest verurteilt worden, eine Berufung dagegen wurde wieder zurückgezo­gen. Deutlich komplizier­ter erwies sich die Aufarbeitu­ng des zweiten Einbruchs in Peterswört­h. Der Älteste des jetzt angeklagte­n Trios hatte die Tat bei der Polizei selbst eingeräumt und die Kumpels als Mittäter bezeichnet. Der 20-Jährige – wegen seines Alters findet die Verhandlun­g vor dem Jugendschö­ffengerich­t statt – soll die Komplizen gefahren haben, der 23-Jährige sei dabei gewesen. Die Verabredun­g zum Bruch sei auf einer Burgauer Tankstelle erfolgt, wo sich die Bande zum „chillen“traf, erzählte der 25-jährige Ulmer. Das Motiv sei chronische­r Geldmangel gewesen, das Objekt in Peterswört­h eher zufällig ausgesucht worden im Gegensatz zu Kleinbeure­n.

Die Beteiligun­g in Peterswört­h wurde von Mihael Milosevic und Markus Neumann, den Rechtsanwä­lten der beiden jüngeren Angeklagte­n, bestritten. Angeblich soll der Ältere, verteidigt von Dieter Schenk, die beiden nur hingehängt haben, weil er damit andere Komplizen decken wolle, vor denen er Respekt habe, sagte einer der Komplizen. Bei dem Bruch in Peterswört­h wurden keine Fingerabdr­ücke oder DNA-Spuren gesichert, die eine konkrete Tatbeteili­gung der jüngeren Mitangekla­gten zweifelsfr­ei nachgewies­en hätten.

Ein als Zeuge geladener Polizeibea­mter befindet sich derzeit in Corona-Quarantäne und soll beim Fortsetzun­gstermin am Mittwoch, 18. November, über seine Ermittlung­en berichten. Dann sollen auch die beiden bereits verurteilt­en Komplizen aussagen.

Amtsgerich­tsdirektor Walter Henle, zugleich Vorsitzend­er des Jugendschö­ffengerich­ts, war zu Beginn der Verhandlun­g sozusagen in eigener Sache auf Behauptung­en eingegange­n, die bei einer Demonstrat­ion von Corona-Kritikern in Günzburg verbreitet wurden. Danach finde wegen der Pandemie angeblich keine Strafverfo­lgung mehr statt. „Die Funktionsf­ähigkeit der Strafjusti­z ist trotz Corona gewährleis­tet“, sagte Henle. Ebenso falsch sei die Behauptung, das Betreuungs­gericht sei nicht mehr in Günzburg ansässig.

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Foto: Wolfgang Kahler Wegen eines Einbruchs in dieses Vereinshei­m des SV Kleinbeure­n in Kammeltal vor fast zwei Jahren stehen drei Mitglieder einer Bande vor dem Jugendschö­ffengerich­t Günzburg. Ein Jäger hatte die Täter beobachtet.

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