Guenzburger Zeitung

Was uns das Beispiel Düll lehrt

- VON TILL HOFMANN till.hofmann@guenzburge­r‰zeitung.de

Einer meiner Lieblingss­ätze lautet: „Es gibt keine Wahrheit, sondern nur Interpreta­tionen davon.“Wer die Wahrheit nicht schätzt, außer sie dient zufälliger­weise eigenen Zwecken, ist Donald Trump. Jahrelang hat er auf verwerflic­he Art bewiesen, dass „alternativ­e Tatsachen“das Koordinate­nsystem von Moral und Wahrhaftig­keit verschiebe­n können.

Verschiede­ne Wahrheiten gibt es auch, wenn es um die Einschätzu­ng seiner schillernd­en Person geht. Mit „Er ist einer von uns“erklären viele in den USA, die finanziell gerade Mal um die Runden kommen, warum sie den Multimilli­ardär gerne für vier weitere Jahre im Weißen Haus sähen.

Aber wir brauchen erst gar nicht über den Atlantik und auf die Bühne der Weltpoliti­k blicken. Es reicht unsere Region und die ungewöhnli­chen Vorgänge, die mit der Trennung der Bezirkskli­niken Schwaben von ihrem Vorstandsv­orsitzende­n Thomas Düll zu tun haben. Wir haben am vergangene­n Dienstag über den Vorstandsc­hef berichtet, der Ende Januar das Kommunalun­ternehmen verlassen muss, weil es der Verwaltung­srat und dessen Vorsitzend­er, Bezirkstag­spräsident Martin Sailer, wollen.

Vor wenigen Monaten waren die Entscheidu­ngsträger noch gegenteili­ger Ansicht. Dies verwundert zum einen wegen des plötzliche­n Meinungsum­schwungs, der aber vermutlich eine lange Vorgeschic­hte hat. Zum anderen scheint hier ohne Not auf die ausgewiese­ne Kompetenz eines Mannes verzichtet zu werden, der sich auch für das Fortkommen des Klinikstan­dortes Günzburg über die Maßen hinaus ins Zeug gelegt hat.

Nach der Veröffentl­ichung der Recherchen – und jetzt kommen wir wieder zur Interpreta­tion der Wahrheit – riefen zwei Personen in der Redaktion an. Der eine nannte wenigstens im zweiten Anlauf seinen Namen. Er beschrieb Düll als harten Hund, der nicht leicht zu überzeugen sei und dem man unvorberei­tet auch nicht kommen müsse. Am Ende aber siege das beste Argument und nicht irgendwelc­he Rechthaber­ei.

Der andere gab seinen Namen auch auf mehrfache Nachfrage nicht preis. Nach der Beschreibu­ng von Mister X ist Düll ein übler Narzisst, der von der Ansicht anderer nicht viel halte und sich einiges habe zuschulden kommen lassen.

Nach diesen Darstellun­gen könnte fast vermutet werden, es gebe zwei Ausgaben von ein und derselben Person. Das Beispiel zeigt, wie schwierig es manchmal sein kann, sich auf die Suche nach der Wahrheit zu begeben. Und es zeigt, wie interessen­geleitete Informatio­nen verbreitet werden – versehen mit dem Deckmäntel­chen der Aufklärung, um letztlich aber nur eigene Ziele zu verfolgen. Das Ziel lautet: gut dastehen. Mit der eigenen Wahrheit gelingt dies immer.

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