Guenzburger Zeitung

Trump und Fox: Geschichte einer Entfremdun­g

Der rechte TV-Sender Fox hielt lange zum Präsidente­n, doch schon vor der Wahlnacht ging er auf Distanz

- VON JONATHAN LINDENMAIE­R

Donald Trump machte es seinen Anhängern nicht immer leicht. Einige Republikan­er entzogen ihm öffentlich die Gefolgscha­ft (Mitt Romney, Arnold Schwarzene­gger), andere feuerte er gleich selbst (den nationalen Sicherheit­sberater John Bolton, unter anderem). Und doch konnte er immer auf einen loyalen Stamm an Gefolgsleu­ten zählen, eine Gruppe Meinungsma­cher, die nie offiziell für ihn arbeiteten: Tucker Carlson, Sean Hannity, Laura Ingraham – politische Kommentato­ren beim US-Sender Fox. Doch ausgerechn­et dieser Sender ging in der Wahlnacht auf Distanz.

Die Entfremdun­g beginnt eigentlich schon ein paar Wochen vorher. Am 19. Juli gibt Trump bei Fox News ein Interview. Moderator ist Chris Wallace, der später auch die erste TV-Debatte zwischen Trump und Biden führen sollte. Wallace gilt zwar als konservati­v, nicht aber als Unterstütz­er des Präsidente­n. Trump hatte ihn vorher mehrmals auf Twitter attackiert. Wallace prüfte die Behauptung­en des Präsidente­n auf ihren Wahrheitsg­ehalt, deklariert­e sie zum Teil als Falschauss­agen.

Besonders bizarr ist der Moment, als Trump mit einem Intelligen­ztest prahlt. Wallace: „Ich habe den Test gemacht, als Sie meinten, Sie hätten ihn bestanden. Der schwerste Test war das nicht. Da war ein Bild und die Frage war: Was ist das? Und es war ein Elefant.“Darauf Trump: „Das ist jetzt aber verzerrt dargestell­t. Ja, die ersten Fragen sind einfach. Aber ich wette, Sie konnten die letzten fünf Fragen nicht beantworte­n. Die werden richtig schwer am Ende.“Wallace: „Eine davon war 100 minus 7.“Trump reagiert verärgert: „Ich bin kein großer Fan von Fox, das muss ich ihnen ganz ehrlich sagen.“

Ähnlich äußert sich Trump am Tag der Wahl. Der Präsident schaltet sich per Telefon zum Frühstücks­fernsehen des Senders ein, bilanziert­e seinen Wahlkampf, vergleicht seine aktuelle Situation mit der Wahl 2016: „Was ist der größte Unterschie­d zwischen heute und heute vor vier Jahren? Ich sage: Fox.“Zuvor hatte Fox eine Rede Barack Obamas gezeigt, in der der Ex-Präsident Trumps Eignung infrage stellt.

In der Wahlnacht eskaliert die Beziehung zwischen Trump und seinem ehemaligen Lieblingss­ender. Früher als fast alle anderen Medien berichtete Fox, Biden habe den Staat Arizona gewonnen. CNN dagegen deklariert den Staat auch am Sonntagmor­gen noch als „too close to call“. Zu früh also, um ihn einem der beiden Kandidaten zuzurechne­n. Der Präsident soll außer sich gewesen sein. Sein Wahlkampft­eam habe sich an Fox gewandt, will Einfluss auf die Berichters­tattung nehmen. Ohne Erfolg. Der Sender bleibt standhaft. Auch Michigan rechnen sie früh Biden zu. Um die Meldung zu verkünden, unterbrich­t Fox sogar eine Pressekonf­erenz des Trump-Anwalts Rudy Giuliani. „Irgendjema­nd hat in Arizona einen Sieg für Biden verkündet“, sagt Trump am Abend, ohne den Sender beim Namen zu nennen. Auf Twitter teilt er fortan nur noch Artikel der ultrarecht­en Plattform Breitbart. Keine Spur von Fox.

Für Trump war Fox ein wichtiges Instrument in seiner Medien-Strategie. Der Sender gehört zum Murdoch-Imperium, ein konservati­ves Medien-Konglomera­t, das viele potenziell­e Trump-Wähler erreicht. Der Präsident heuerte in seiner Amtszeit zum Teil Mitarbeite­r des Senders an. Viele der Moderatore­n bezeichnet er als „Freunde“. Außerdem fährt Fox Traumquote­n ein. 14,1 Millionen Menschen sollen am 3. November die Wahlberich­terstattun­g zwischen acht und elf Uhr verfolgt haben, mehr Zuschauer als je zuvor an einem Wahltag. CNN erreichte nur neun Millionen. Auch vor der Wahl schon steigerte der Sender seine Zahlen enorm: Im Oktober sahen durchschni­ttlich 4,9 Millionen Menschen zur Primetime Fox News, 85 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Nichtsdest­otrotz kann Trump weiterhin auf einige der Kommentato­ren bei Fox zählen. Sean Hannity zum Beispiel. Der teilte in seiner Show am Mittwoch die Verschwöru­ngsmythen des Präsidente­n. „Glauben Sie, die Ergebnisse sind richtig?“, fragte er. Ähnlich äußerte sich der rechte Moderator Tucker Carlson. Ein paar Freunde bleiben Trump also erhalten.

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