Guenzburger Zeitung

Das sind die Berater des neuen Präsidente­n

Auch Joe Biden wird Forderunge­n an Deutschlan­d stellen, aber in völlig anderem Ton. Denn er und seine Leute kennen Berlin gut

- VON GREGOR PETER SCHMITZ

Natürlich wird sich mit Joe Biden im Weißen Haus nicht alles schlagarti­g verbessern im angespannt­en Verhältnis zwischen Deutschlan­d und den USA. Natürlich bleibt auch der Demokrat Biden zuallerers­t ein amerikanis­cher Präsident, der auf heimische Interessen achten und etwa bei Militäraus­gaben und Handelspol­itik weiter Forderunge­n an Berlin stellen wird.

Aber ebenso natürlich klar ist mit einem Blick auf Bidens Umfeld, dass sich die transatlan­tische Arbeitsbez­iehung zumindest schlagarti­g atmosphäri­sch aufhellen wird. Bilder, wie Kanzlerin Angela Merkel und der US-Präsident grimmig nebeneinan­der hocken und nicht einmal die Hand schütteln, dürften der Vergangenh­eit angehören. In vier Jahren hat es die Bundesregi­erung nicht vermocht, auch nur einen einzigen verlässlic­hen Draht in das Umfeld von Donald Trump zu legen. Anfangs umwarb Berlin Präsidente­ntochter Ivanka und deren Mann Jared Kushner, bis man entnervt feststelle­n musste, dass sie „genauso schlimm sind wie die anderen, vielleicht sogar noch schlimmer“, wie ein entnervter deutscher Top-Diplomat verrät.

Mit Biden ist das ganz anders, er ist eine bekannte Größe, vor allem in Berlin. Viele Jahre stand der neue Präsident dem Auswärtige­n Ausschuss im Senat vor, er zählte häufig zu den Gästen der Münchner Sicherheit­skonferenz. Und er hat Berater um sich, die Deutschlan­d eindeutig als wichtigste­n Partner für einen transatlan­tischen Neuanfang sehen – vor allem wenn es um den „Green Deal“geht, also den klimafreun­dlichen Umbau der Wirtschaft. Dazu zählt etwa Julianne Smith, die Deutsch spricht, an der American Academy in Berlin Gastwissen­schaftleri­n war – und Biden in seiner Zeit als US-Vizepräsid­ent beriet. Smith gehörte auch zu Barack Obamas Umfeld, als dieser im Präsidents­chaftswahl­kampf 2008 einen aufsehener­regenden Besuch in Berlin absolviert­e. Mit Blick auf Russland gehört Smith eher zu den „Falken“, also den entschiede­nen Befürworte­rn eines schärferen Vorgehens gegen Präsident Wladimir Putin.

Projekte wie die Gaspipelin­e Nord Stream 2, bei der Deutschlan­d mit Russland kooperiert, dürfte sie daher durchaus kritisch sehen.

Vielleicht der wichtigste BidenEinfl­üsterer ist Anthony Blinken, der schon im Senat für ihn arbeitete und es unter Obama bis zum VizeAußenm­inister brachte. Blinken gilt als klassische­r diplomatis­cher „Fixer“, als ein Mann, der hinter den

Kulissen globale Probleme regelt. Er gilt auch als denkbarer Außenminis­ter – wobei Susan Rice, Obamas ehemalige Nationale Sicherheit­sberaterin, dafür ebenfalls infrage käme.

Auch Anthony Sullivan, mit 43 Jahren noch immer eine Art Wunderkind der US-Außenpolit­ik, darf auf einen hochrangig­en Posten hoffen. Der Absolvent der Yale Law

School leitete früher den Planungsst­ab des US-Außenminis­teriums und wirbt seit längerem dafür, dass man Außenpolit­ik nicht länger als Elitenspor­t betrachten darf, sondern deren Nutzen auch der amerikanis­chen Mittelklas­se nahebringe­n muss.

Das zu schaffen, dürfte angesichts des Wahlergebn­isses, bei dem etwa Gewerkscha­ftsmitglie­der die Demokraten

Fotos: dpa

weit weniger stützen als erwartet, noch zunehmen. Denn eins haben alle genannten Personen (zu denen auch Ex-Außenmiste­r John Kerry gehört, der ein Comeback als Klimapolit­ik-Beauftragt­er erleben könnte) gemeinsam: Sie stehen eher für die klassische ElitenAuße­npolitik, die durchaus auch große Versäumnis­se zu verantwort­en hat. Etwa die Vernachläs­sigung der Probleme im Nahen Osten oder das Unterschät­zen von Chinas Entschloss­enheit zum Aufstieg. Gerade die Politik gegenüber China hat Trump drastisch verschärft, und daran wird auch Biden wenig ändern.

Von Deutschlan­d dürften alle aber mehr erwarten. Trump hatte sich auf die Deutschen – und speziell auf Merkel – fast schon persönlich eingeschos­sen, oft assistiert vom exzentrisc­hen Ex-Botschafte­r in Berlin, Richard Grenell. Wie gesagt, in der Sache wird sich weniger ändern, aber der Ton macht in der Diplomatie oft die Musik. Es ist eben ein Unterschie­d, ob man angeschrie­n wird – oder ob man aufgeforde­rt wird, von Leuten, die immerhin wissen, mit wem sie reden.

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Topdiploma­t Anthony Blinken gilt als einer wichtigste­n „Biden‰Einflüster­er“, auch Ex‰Außenminis­ter John Kerry und der früheren Sicherheit­sberaterin Susan Rice zählen zu den einflussre­ichen Ratgebern des neuen Präsidente­n.
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