„Niemals aufgeben“
Benjamin Ferencz hat als Chefankläger bei den Nürnberger Prozessen Geschichte geschrieben. Welche Schlüsse der 100-Jährige aus seinem Leben zieht
Nürnberg Der 100 Jahre alte damalige Chefankläger bei den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen, Benjamin Ferencz, hat zum Engagement für Frieden und gegen den Krieg aufgefordert. „Wir müssen das Recht aller Menschen in jedem einzelnen Land schützen, in Frieden und Würde zu leben. Das ist mein Ziel. Wenn Ihr dieses Ziel auch habt: Tut dafür, was immer Ihr könnt“, sagte er. Er habe drei wichtige Ratschläge, die er jungen Leuten gerne mit auf den Weg gebe: „Nummer eins: Niemals aufgeben! Nummer zwei: Niemals aufgeben! Und Nummer drei: Niemals aufgeben!“An diesem Montag erscheint seine Autobiografie auf Deutsch. „Sag immer Deine Wahrheit“heißt das Buch. Untertitel: „Was mich 100 Jahre Leben gelehrt haben“.
Ferencz war nicht einmal 30 Jahre alt, als er Nazi-Kriegsverbrechern in Nürnberg den Prozess machte. Er war Chefankläger in einem der zwölf sogenannten Nachfolgeprozesse, die von 1946 bis 1949 auf das Verfahren gegen die Hauptkriegsverbrecher wie Hermann Göring und Rudolf Heß folgten. 24 führende SS-Leute klagte er unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen an. Mit 100 Jahren ist er heute der letzte noch lebende Zeitzeuge der Prozesse. Vor den Prozessen war er als US-Soldat bei der Befreiung mehrerer Konzentrationslager dabei, deckte grauenhafte NaziVerbrechen auf. „Es gab bei den Nazis Anweisungen, bei einer Mutter, die ein Baby hält, durch das Baby zu schießen, weil man so beide auf einmal umbringen kann. Das sind Horrorgeschichten, aber sie sind wahr und wir müssen uns mit ihnen beschäftigen, damit sie nicht noch mal passieren“, sagte er. „Ich habe das Gefühl, für die Opfer zu sprechen, für ermordete Männer, Frauen und Kinder. Kleinkinder, deren Köpfe an Bäumen zerschellten.“Vor allem für ein deutsches Publikum sei wichtig, was er zu sagen habe, betont Ferencz: „Ich habe erlebt, dass aus eigentlich anständigen Menschen Massenmörder werden können. Krieg kann das machen. Krieg zerstört jede Form von Moral und wurde trotzdem jahrhundertelang glorifiziert. Ich habe mein Leben damit verbracht, diese Ansicht umzudrehen und dafür zu sorgen, dass das, was immer glorifiziert wurde, als das schreckliche Verbrechen gesehen wird, das es ist.“