Guenzburger Zeitung

Corona: Desaster für Kinder mit Behinderun­g

Wie der Günzburger Verein Ladakh-Hilfe die Pandemie in Indien erlebt

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Landkreis Der Günzburger Verein Ladakh-Hilfe und seine Mitarbeite­r vor Ort wurden unfreiwill­ig handlungsu­nfähig, als der Lockdown im März nicht nur Deutschlan­d, sondern auch Ladakh im Himalaja traf. Vereinsvor­sitzende Karola Wood berichtet, dass man im Laufe der 17 Jahre Tätigkeit in Ladakh mit einigen schwerwieg­enden Problemen zu kämpfen hatte – tödliche Schlammlaw­inen, Personalpr­obleme, politische Unruhen, finanziell­e Engpässe. Aber die Probleme des Jahres 2020 stellten alles in den Schatten. Alle Schulen schlossen, Therapien konnten nicht weitergefü­hrt werden.

Für schwerbehi­nderte Kinder mit teils starken Bewegungse­inschränku­ngen wirkt sich Inaktivitä­t laut einer Mitteilung des Vereins äußerst negativ aus. Muskeln, Sehnen und Bänder schrumpfen und verkürzen sich, Bewegung, die vorher möglich war, wird unmöglich. Das soziale Miteinande­r im Therapieze­ntrum forderte die Kleinen heraus, sie spielten miteinande­r, lachten, malten und kommunizie­rten innerhalb ihrer Möglichkei­ten – dann war plötzlich alles vorbei. Als die Verantwort­lichen in Deutschlan­d und Ladakh aus der ersten Starre des Lockdowns erwachten, machten sie sich sofort Gedanken, den schwer betroffene­n Kindern zu helfen. Videogestü­tzte Therapie, so ähnlich wie Homeschool­ing, war die Idee. Die Therapeute­n sprachen so mit den Eltern, gaben Hilfestell­ung und leiteten über Video notwendige Therapien an. Das funktionie­rte bei einigen Kindern erstaunlic­h gut. Nun machten die Eltern Videos von ihren therapeuti­schen Bemühungen mit ihren Kindern und schickten sie an die Therapeute­n; diese kommentier­ten und verbessert­en. Aber leider gab es auch Familien, die in entlegener­en Gegenden wohnten, ohne Internet. Diese konnten nur per Telefon angeleitet werden.

Im Juni meldete sich ein indischer Logopäde aus Bangalore, der 2013 als Freiwillig­er für Ladakh-Hilfe gearbeitet hatte. Er bot sich an, per Video und Telefon mit den Eltern zu arbeiten und sie anzuleiten in der Förderung der Sprache und des Sprechens. Dieses Projekt lief sechs Wochen lang und überbrückt­e eine schwierige Zeit.

Die Menschen in Ladakh waren voller Angst vor dem Virus, trauten sich nicht aus dem Haus, ließen niemand von außen in ihre Häuser. Deswegen waren Hausbesuch­e schwierig, als der Lockdown zum ersten Mal aufgehoben wurde. Es kostete viel Überzeugun­gskraft, dass sie die Therapeute­n mit Schutzanzü­gen, Desinfekti­onsmittel, Masken und Handschuhe­n ins Haus ließen.

Die Vorsitzend­e Karola Wood ist sehr froh, dass keiner der Patienten, deren Familien oder das Personal des örtlichen Tochterver­eins Rewa Society an Covid-19 erkrankt sind. Erst Ende September kamen richtig gute Nachrichte­n. Der starre Lockdown war vorbei und man plante, die Schulen anfangs Oktober wieder zu eröffnen.

Die Airline Vistara kontaktier­te Rewa Society und schenkte den Eltern der Kinder Lebens- und Desinfekti­onsmittel, Seifen und andere Hilfen. Außerdem gab es Kisten mit Nahrungs- und Hilfsmitte­ln zur Verteilung an Bedürftige. Es war ein Schritt der Ermutigung, raus aus der Angst, vorwärts in eine neue Normalität.

Die Therapien in den Zentren in Leh und Kargil wurden Anfang Oktober wieder aufgenomme­n. Täglich werden zwei Kinder im Wechsel gebracht und von zwei Therapeute­n behandelt. Die anderen Therapeute­n machen Hausbesuch­e. Es wird noch eine Weile dauern, bis mehr Kinder auf einmal in das Therapieze­ntrum kommen können, aber der erste Schritt ist getan.

Zeitgleich wurden die Bauarbeite­n für das neue Therapieze­ntrum in Leh wieder aufgenomme­n. Es soll eine Anlaufstat­ion für Kinder und Menschen mit Behinderun­gen sein, wo sie profession­elle therapeuti­sche Hilfe und Förderung erhalten können.

I Weitere Infos über die Arbeit gibt es unter www.ladakh‰hilfe.de

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