Rentner vergreift sich dreimal an Elfjähriger
Ein 78-jähriger Mann ist in Günzburg wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt. Vor Gericht werden Details zu den Vorfällen genannt. Welche Strafe der Mann für sein Handeln bekommt
Landkreis Der 78-Jährige hatte sich nach Überzeugung des Jugendschöffengerichts dreimal an der Nichte seiner Lebensgefährtin aus sexuellen Motiven vergriffen und damit ein Vertrauensverhältnis schamlos ausgenutzt. Die Mutter des Mädchens war dem Missbrauch auf die Spur gekommen und hatte in einem Fall sogar Schlimmeres verhindert.
Die Übergriffe hatten sich im vergangenen Jahr in einer Gemeinde im südlichen Landkreis abgespielt. Der 78-Jährige war demnach häufiger zu Besuch bei den Großeltern der Elfjährigen, die er durch seine Lebensgefährtin kannte. Als der Senior dort mit dem Mädchen mehrfach allein in einem Bett lag, massierte er zunächst den Rücken des Kindes. Bei weiteren Treffen wurde der Mann laut Anklage immer zudringlicher.
Der gravierendste Vorfall: Als die Großtante der Elfjährigen eines Morgens zum Duschen ging, zog der Mann seine Schlafanzughose herunter und drückte sich an das Mädchen, dem er vorher die Unterhose herunter gezogen hatte. Er berührte das Kind mit seinem Glied an dessen Intimbereich. Außerdem habe er das Kind gefragt: „Wollen wir’s machen?“Nur weil die Tante in diesem Augenblick wieder zurückkam, ließ der Senior von der Elfjährigen ab.
Beim dritten Zusammentreffen wollte der Angeklagte das Kind zum Geschlechtsverkehr überreden, ohne dass er dazu allerdings körperlich in der Lage gewesen wäre. Bevor die Situation eskalierte, klopfte die Mutter des Kindes an der Wohnungstür.
Weil ihr das Verhalten ihrer Tochter und des Seniors seltsam vorkam, stellte die 38-Jährige eigene Recherchen an. Sie schickte dem Rentner mit dem Smartphone der Tochter Nachrichten und stellte die Elfjährige zur Rede, wie sie als Zeugin unter Tränen aussagte. Es folgte eine Anzeige bei der Krumbacher Polizei und die Ermittlungen gegen den Angeklagten kamen ins Rollen.
Dessen Anwalt Andreas Jelden (Stuttgart) hatte im Vorfeld der Verhandlung gegenüber dem Gericht ein Geständnis seines Mandanten angekündigt. Aus diesem Grund hatte Schöffengerichtsvorsitzender Walter Henle die Minderjährige nicht als Zeugin geladen. Als er den Angeklagten darauf ansprach, sagte der Verteidiger, dass sein Mandant zur Sache nichts sagen wolle. „Ich habe keinen Geschlechtsverkehr gewollt, wir haben nur über Probleme gesprochen“, versuchte der Senior die Delikte herunterzuspielen.
Damit gab sich die Anwältin als Vertreterin der Nebenklage nicht zufrieden: „Wir schrammen hier ganz scharf am schweren sexuellen Missbrauch vorbei“, warf sie dem
Angeklagten vor. Erst nach einer Besprechung mit seinem Anwalt gab der Angeklagte zu, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zutreffen.
Die Elfjährige hatte gegenüber einer Kriminalbeamtin die Übergriffe bestätigt, ohne sie zu dramatisieren. Der Angeklagte erklärte, sein Verhalten gegenüber dem Mädchen hänge mit einer selbst erlebten Vergewaltigung als Kind auf der Flucht aus seiner früheren Heimat zusammen, aber auch mit den Problemen mit seiner demenzkranken Ehefrau sowie mit sexuellen Problemen mit seiner Lebensgefährtin. Diese Erklärung nahm ihm Richter Henle nicht ab.
Wegen sexuellen
Missbrauchs von Kindern in drei Fällen wurde der 78-Jährige zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Der Strafrahmen liegt für dieses Verbrechen zwischen sechs Monate und zehn Jahren. „Eine Entscheidung auf Messers Schneide“bezeichnete Amtsgerichtsdirektor Henle das Urteil gegen den Angeklagten aus Stuttgart. Nur weil der Senior nach anfänglichem Zögern die ihm vorgeworfenen Delikte eingeräumt hatte, blieb es bei einer Bewährungsstrafe. Ohne Geständnis wäre das Urteil höher ausgefallen, sagte Henle. Ab zwei Jahren Haft wäre dann eine Bewährung nicht mehr infrage gekommen.
Zusätzlich muss sich der Angeklagte einer Sexualtherapie unterziehen, je 1000 Euro an zwei Augsburger Kinder-Hilfseinrichtungen und dem minderjährigen Opfer 6500 Euro Schmerzensgeld zahlen – unabhängig von einem Zivilverfahren wegen möglicher Spätfolgen für das Mädchen, die das Erlebte bisher offenbar ohne psychische Beeinträchtigung verkraftet hat.
Der Verteidiger hatte wegen des Täter-Opfer-Ausgleichs und dem bisher straffreien Leben seines Mandanten eine höchstens einjährige Bewährungsstrafe gefordert. Ob er gegen das Urteil des Jugendschöffengerichts Rechtsmittel einlegt, blieb in der Verhandlung offen.