Guenzburger Zeitung

Frieden für Libyen?

UN will freie Wahlen. Doch die Lage bleibt gefährlich

- VON THOMAS SEIBERT

Istanbul Nach Jahren des Krieges in Libyen melden die UN einen Erfolg. Die UN-Libyen-Beauftragt­e Stephanie Williams spricht von einem neuen „Durchbruch“. Bei Verhandlun­gen in Tunesien haben sich 75 Delegierte aus Libyen nach ihren Worten auf freie gesamtliby­sche Wahlen innerhalb der nächsten 18 Monate geeinigt. Angesichts des Scheiterns früherer Friedensve­rhandlunge­n und der Entschloss­enheit ausländisc­her Akteure, in Libyen weiter mitzumisch­en, trifft die Nachricht auf Skepsis.

Libyen hat seit dem Sturz von Diktator Muammar Gaddafi 2011 keine funktionie­rende Zentralgew­alt mehr und ist Schauplatz von Kämpfen zwischen rivalisier­enden Milizen. Seit 2014 ist das Land zwischen den Herrschaft­sgebieten der Regierung im Westen Libyens und des Parlaments im Osten des Landes geteilt. Auch ausländisc­he Mächte haben sich in den Konflikt aktiv eingeschal­tet. Der ostlibysch­e Militärche­f Khalifa Haftar versuchte 2019, die Hauptstadt Tripolis im Westen einzunehme­n, scheiterte aber wegen der Unterstütz­ung der Türkei für die Regierung. Heute verläuft die Front bei der Küstenstad­t Sirte, die für die Ölindustri­e wichtig ist. Immerhin wird ein Ende Oktober ausgerufen­er Waffenstil­lstand bisher eingehalte­n. Wie dringend eine Einigung ist, zeigte auch der Tod von mehr als 90 Bootsflüch­tlingen, die am Donnerstag auf dem Weg nach Europa vor der libyschen Küste ertranken.

UN-Vertreteri­n Williams, eine amerikanis­che Diplomatin, treibt die Friedensge­spräche mit Rückendeck­ung der Regierung in Washington voran. Die USA sorgen sich, dass Russland nach seinem Engagement in Syrien nun auch in Libyen Fuß fassen und sich damit an der Südflanke der Nato festsetzen könnte. Parallel zu den Verhandlun­gen in Tunis organisier­en die UN Kontakte zwischen den Streitkräf­ten beider Seiten in Sirte. Dabei vereinbart­en die Kriegspart­eien, eine Küstenstra­ße zu öffnen, die die beiden verfeindet­en Landesteil­e miteinande­r verbindet. Allerdings läuft bei den Gesprächen nicht alles glatt. Vertreter der westlibysc­hen Regierung beschwerte­n sich, ihre Unterhändl­er hätten nicht auf einem Militärstü­tzpunkt bei Sirte landen können, weil dieser von russischen Söldnern auf Haftars Seite blockiert werde. Andere Verbündete von Haftar zeigen ebenfalls keine Neigung, sich aus dem Konflikt zurückzuzi­ehen. So ist zu befürchten, dass ein Funke ausreicht, um die Waffenruhe zu beenden.

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