Guenzburger Zeitung

Kontrollen an Grenzen kein Tabu

So will sich die EU vor terroristi­schen Angriffen schützen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Es war so etwas wie eine stille Verneigung vor den Opfern der Terroransc­hläge von Paris. Die EUInnenmin­ister warteten am Freitag die Gedenkfeie­rn in der französisc­hen Hauptstadt zum 5. Jahrestag der Attentate erst einmal ab, bevor sie sich zusammensc­halteten. 131 Tote und über 400 Verletzte gab es am 13. November 2015. Seither haben sich etliche weitere Terroransc­hläge ereignet. „Wir stemmen uns mit allen Mitteln des Rechtsstaa­ts gegen diese Geißel unserer Zeit“, sagte Bundesinne­nminister Horst Seehofer nach den Beratungen.

Doch der Gemeinscha­ft mangelt es nicht an solchen Appellen und Versprechu­ngen. „Wir müssen, was wir beschlosse­n haben, auch umsetzen“, verlangte EU-Innenkommi­ssarin Ylva Johansson. Dies gelte besonders für das Internet. Nach Erkenntnis­sen der europäisch­en Polizeizen­trale Europol in Den Haag enthielten Mitte des Jahres rund 2000 Seiten im Web detaillier­te Anregungen für Anschläge, darunter ausführlic­he Tipps, wie Täter nach einem Attentat anonym untertauch­en können. Künftig sollen solche Seiten innerhalb von höchstens 60 Minuten gelöscht werden.

Eine weitere Lücke klafft offenbar an den Außengrenz­en. Nach Erkenntnis­sen der Grenzschut­zagentur Frontex werden rund 22 Prozent der Einreisend­en nicht geprüft. Seehofer drängt deshalb auf eine verstärkte Kontrolle der Außengrenz­en, damit man die Reisefreih­eit im Inneren erhalten könne. „Wir brauchen einen deutlich verbessert­en Grenzschut­z.“Allerdings waren es die Innenminis­ter, die im Vorjahr eine Aufstockun­g von Frontex auf 10000 Beamte ins Jahr 2027 verschoben hatten.

Um die Einreise von Drittstaat­sangehörig­en besser verfolgen zu können, soll 2022 das elektronis­che Einreise/Ausreise-System (EES) der EU starten. Auch hier gibt es noch etliche Lücken im bestehende­n Schengen-Informatio­nssystem. Johansson: „Die Mitgliedst­aaten müssen mehr und vor allem bessere Informatio­nen austausche­n.“Doch dies funktionie­rt auch Jahre nach der Einführung und etlichen Modernisie­rungen von SIS nicht. Und so wird die Reisefreih­eit ohne Kontrolle an den EU-Binnengren­zen inzwischen selbst zum Thema. Österreich plädiert seit dem Anschlag in Wien für eine intensivie­rte Schleierfa­hndung entlang der Übergänge im Inneren der Union. Also doch wieder Polizei an den Übergängen im Inneren? Der Schengen-Raum scheint nicht mehr tabu.

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