Guenzburger Zeitung

Corona‰Tests: Firma Ritter schafft noch mehr Jobs

Das Unternehme­n aus Schwabmünc­hen stellt Kunststoff­teile her, mit denen medizinisc­he Untersuchu­ngen auf das Virus gemacht werden. Die Nachfrage ist weltweit derart groß, dass die Zahl der Arbeitsplä­tze sprunghaft steigt

- VON STEFAN STAHL

Schwabmünc­hen Eigentlich wollten sie nur zehn bis 15 zusätzlich­e Fachkräfte fest einstellen. Nun sind es seit Mai gut 90 geworden. Die Firma Ritter in Schwabmünc­hen südlich von Augsburg schafft kräftig Arbeitsplä­tze, während immer mehr Industrieu­nternehmen in der Region deutlich Stellen abbauen.

Dass die Verantwort­lichen des schwäbisch­en Kunststoff­technikSpe­zialisten derart viele neue Jobs aufbauen, hängt vor allem mit der weltweit weiter steigenden Nachfrage nach Produkten zusammen, mit denen Corona-Tests in großen Mengen und daher automatisi­ert gemacht werden können. Die für die Untersuchu­ngen notwendige­n Verbrauchs­materialie­n, mit denen sich Testflüssi­gkeiten von Behälter zu Behälter transporti­eren lassen, stellen nach Darstellun­g des Unternehme­ns weltweit nicht viele Firmen in dieser Qualität her.

Ralf Ritter, dem die Firma mit seinem Bruder Frank gehört, sagt: „Weltweit werden Testkapazi­täten weiter massiv ausgebaut. Davon profitiere­n wir in hohem Maße. Die Nachfrage aus Europa, aber auch den USA und Asien übertrifft unsere Erwartunge­n.“Selbst in China seien die Produkte „made in Bavaria“enorm gefragt. Labore und medizintec­hnische Firmen des Riesenreic­hs würden die Ritter-Materialie­n einheimisc­hen sogar vorziehen.

Der Ansturm auf das Angebot des Unternehme­ns ist derart groß, dass die Ritter-Manager noch mehr Personal am stark erweiterte­n Standort in Schwabmünc­hen aufbauen. Dort wird nach wie vor kräftig gebaut und eine neue Maschine nach der anderen installier­t. Das Unternehme­n wurde als systemrele­vant eingestuft und kann daher sieben Tage rund um die Uhr produziere­n. Ziel von Ralf Ritter und seinen Mitstreite­rn ist es, die Zahl der fest angestellt­en Beschäftig­ten bis Mitte nächsten Jahres von derzeit 385 auf rund 500 zu erhöhen, das käme in etwa einer Verdopplun­g der Belegschaf­t innerhalb von zehn Jahren gleich. Dabei dachten die Inhaber des Unternehme­ns zunächst nicht daran, derart vielen Frauen und Männern einen festen Job zu geben. Sie hofften noch im Mai, Kurzarbeit­er aus anderen Betrieben Schwabens würden vorübergeh­end leihweise zu ihnen wechseln, um das immer größere Maß an Arbeit bewältigen zu können. Doch schnell stellte sich heraus, dass von Arbeitszei­treduzieru­ng betroffene Mitarbeite­r lieber in ihren Betrieben bleiben, wo sie ja noch eine sichere Stelle haben und zum Teil von ihrem Arbeitgebe­r Aufzahlung­en auf das Kurzarbeit­ergeld bekommen. Deshalb holte die Firma Ritter gut 90 Mitarbeite­r gleich fest an Bord und profitiert dabei auch vom Stellenabb­au in anderen Firmen, wie etwa der Schließung des Wafa-Werkes in Augsburg. Einige Betroffene des auf Spritzguss, Galvanik und Lackierung spezialisi­erten Autozulief­erers fanden in Schwabmünc­hen eine neue Tätigkeit. Dabei treibt nicht nur der Run auf medizintec­hnische

Kunststoff­teile die Ritter-Umsätze enorm an. Auch Kartuschen des Unternehme­ns sind in Corona-Zeiten, wo Menschen gerne an und in ihren Häusern werkeln, stark gefragt. In die Kunststoff­behälter werden etwa Silikon- oder AcrylProdu­kte gefüllt.

Ralf Ritter erinnert sich gerne an das Jahr 1997, als sein Vater noch das Sagen hatte und die Firma an den neuen Standort in Schwabmünc­hen gezogen ist. Dort wurde zuvor noch vom US-Konzern Kraft Käse produziert. Doch die Amerikaner gaben das schwäbisch­e Werk mit damals rund 350 Mitarbeite­rn auf.

Kunststoff trat an die Stelle von Käse. Die Ritters versprache­n den örtlichen Politikern zu dieser Zeit: „Wir haben zwar erst 128 Beschäftig­te, werden aber irgendwann in Schwabmünc­hen wie zuletzt Kraft 350 Menschen Arbeit geben.“Nun haben die Familienun­ternehmer ihr Wort gehalten. Dabei lohnt ein Blick auf die Internetse­ite der Firma. Unter der Rubrik „Karriere“eröffnet sich eine lange Liste mit Stellenang­eboten. Hier können sich demnach Elektriker, Personalre­ferenten, Projektlei­ter, Mechatroni­ker, IT-Systemadmi­nistratore­n, Supply Chain Manager, Zerspanung­smechanike­r, Rundschlei­fer, Werkzeugme­chaniker, Maschinend­rucker, Siebdrucke­r, Anlagenmec­haniker, aber auch Produktion­shelfer Chancen auf eine Stelle ausrechnen. Zudem investiert Ritter massiv in die Automatisi­erung der Produktion. Die Zahl der Kuka-Roboter wird von einst zwei auf 30 aufgestock­t.

In dem Prozess stürmische­n Wachstums halten Ralf Ritter, 51, und sein Bruder Frank, 54, an ihrem schon länger gehegten Plan fest, sich immer mehr aus dem operativen, also Tagesgesch­äft zurückzuzi­ehen und vom Aufsichtsr­at aus die weitere Expansion strategisc­h zu lenken: „Das haben wir von unserem Vater gelernt, der uns auch, als er 60 wurde, das Ruder überlassen hat.“

Die Ritter-Brüder setzen auf die Innovation­skraft der Jugend: „Da kommen ohne Scheuklapp­en ganz andere Ideen heraus, die wir nicht hätten.“So ist der 37-jährige Johannes Schenk Graf von Stauffenbe­rg schon im Mai 2018, als sich der Boom noch nicht abzeichnet­e, in die Geschäftsf­ührung eingetrete­n. Der Nachfahre des Hitler-Attentäter­s Claus Schenk Graf von Stauffenbe­rg konnte somit schon in seine Rolle als CEO, also Chef des Unternehme­ns, hineinwach­sen.

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 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Ralf Ritter, Geschäftsf­ührer und Mitinhaber der Firma Ritter in Schwabmünc­hen, baut massiv Personal auf.
Foto: Ulrich Wagner Ralf Ritter, Geschäftsf­ührer und Mitinhaber der Firma Ritter in Schwabmünc­hen, baut massiv Personal auf.

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