Was der Volkstrauertag für die Gegenwart bedeutet
In Günzburg erinnern Politik und Geistlichkeit an das, was nicht wiederkommen darf
Günzburg Der Millionen Opfer von Krieg, Gewalt, Hass und Rassenwahn zu gedenken, ist das eine. Aus dem Elend der beiden Weltkriege die richtigen Lehren für Gegenwart und Zukunft zu ziehen, das andere. Bei der Gedenkveranstaltung zum gestrigen Volkstrauertag am Mahnmal für die Opfer des Ersten Weltkriegs auf dem Günzburger Friedhof riefen Oberbürgermeister Gerhard Jauernig sowie die Pfarrer Christoph Wasserrab und Alexander Bauer dazu auf, für Frieden, Freiheit und Demokratie einzustehen. Und es gelte, aufzustehen gegen alte und neue Nazis, gegen Nationalisten, Holocaustleugner und
Hassprediger. Deren Wege könnten nur in neues Unglück führen.
Angesichts steigender CoronaZahlen hatte die Stadt auf die üblichen Gedenkfeiern auch in den Stadtteilen verzichtet. Fahnenabordnungen von Vereinen, Feuerwehr und Bundeswehr waren deshalb gemeinsam mit Mitgliedern des Stadtrates sowie zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern zur zentralen Gedenkveranstaltung auf dem Günzburger Friedhof zusammengekommen. Musikalisch begleitet wurde die Feier von Bartolomeo Sabbarese (Trompete).
In seiner Ansprache erinnerte der Oberbürgermeister, der am Mahnmal einen Kranz niederlegte, an „Schrecken und Leid“während der beiden Weltkriege, an die „unsagbaren Verbrechen“, die im Namen des deutschen Volkes vor allem im Zweiten Weltkrieg begangen worden seien. Auch die Geschichte Günzburgs sei geprägt von Tätern und Opfern; wobei Opfer – etwa Pfarrer Adam Birner oder der Sozialdemokrat Otto Geiselhart – lange weniger beachtet worden seien als die Täter.
Vor allem den Jüngeren müsse verdeutlicht werden, dass Frieden, Freiheit und Demokratie keine
Selbstverständlichkeit seien, ebenso wenig wie das seit 75 Jahren währende friedliche Miteinander in Europa, betonte Jauernig. Umso erschreckender sei, dass „selbst in deutschen Parlamenten“wieder nationalistische und fremdenfeindliche Töne angeschlagen und Hasstiraden verbreitet würden. „Wir müssen wachsam sein“, forderte das Stadtoberhaupt – am Stammtisch und in allen anderen Bereichen des Lebens.
In einer „persönlichen Anmerkung“ging Jauernig auf die aktuellen Demonstrationen von CoronaLeugnern ein. Es sei geradezu „zynisch“, wenn Maskenverweigerer angesichts Tausender Infizierter und Toter von einer Einschränkung ihrer Grundrechte oder gar von einer Diktatur sprächen, nur weil sie einen Mund-Nasen-Schutz tragen, Abstand halten oder Kontakte möglichst gering halten sollten.
Der katholische Stadtpfarrer Christoph Wasserrab betonte, nur eine richtige Erinnerungskultur mache eine gute Gesellschaft aus. Die Toten durch Krieg und Gewalt, durch Verfolgung und Vertreibung seien keine anonymen Nummern. Sie seien Menschen gewesen, nicht selten die Nächsten. In einem Gebet rief der evangelische Stadtpfarrer Alexander Bauer dazu auf, „Geschichtsklitterern, alten und neuen Nazis sowie Holocaustleugnern“entschieden entgegenzutreten. „Damit das Undenkbare nicht wiederkommt.“