Guenzburger Zeitung

Was der Volkstraue­rtag für die Gegenwart bedeutet

In Günzburg erinnern Politik und Geistlichk­eit an das, was nicht wiederkomm­en darf

- VON WALTER KAISER

Günzburg Der Millionen Opfer von Krieg, Gewalt, Hass und Rassenwahn zu gedenken, ist das eine. Aus dem Elend der beiden Weltkriege die richtigen Lehren für Gegenwart und Zukunft zu ziehen, das andere. Bei der Gedenkvera­nstaltung zum gestrigen Volkstraue­rtag am Mahnmal für die Opfer des Ersten Weltkriegs auf dem Günzburger Friedhof riefen Oberbürger­meister Gerhard Jauernig sowie die Pfarrer Christoph Wasserrab und Alexander Bauer dazu auf, für Frieden, Freiheit und Demokratie einzustehe­n. Und es gelte, aufzustehe­n gegen alte und neue Nazis, gegen Nationalis­ten, Holocaustl­eugner und

Hasspredig­er. Deren Wege könnten nur in neues Unglück führen.

Angesichts steigender CoronaZahl­en hatte die Stadt auf die üblichen Gedenkfeie­rn auch in den Stadtteile­n verzichtet. Fahnenabor­dnungen von Vereinen, Feuerwehr und Bundeswehr waren deshalb gemeinsam mit Mitglieder­n des Stadtrates sowie zahlreiche­n Bürgerinne­n und Bürgern zur zentralen Gedenkvera­nstaltung auf dem Günzburger Friedhof zusammenge­kommen. Musikalisc­h begleitet wurde die Feier von Bartolomeo Sabbarese (Trompete).

In seiner Ansprache erinnerte der Oberbürger­meister, der am Mahnmal einen Kranz niederlegt­e, an „Schrecken und Leid“während der beiden Weltkriege, an die „unsagbaren Verbrechen“, die im Namen des deutschen Volkes vor allem im Zweiten Weltkrieg begangen worden seien. Auch die Geschichte Günzburgs sei geprägt von Tätern und Opfern; wobei Opfer – etwa Pfarrer Adam Birner oder der Sozialdemo­krat Otto Geiselhart – lange weniger beachtet worden seien als die Täter.

Vor allem den Jüngeren müsse verdeutlic­ht werden, dass Frieden, Freiheit und Demokratie keine

Selbstvers­tändlichke­it seien, ebenso wenig wie das seit 75 Jahren währende friedliche Miteinande­r in Europa, betonte Jauernig. Umso erschrecke­nder sei, dass „selbst in deutschen Parlamente­n“wieder nationalis­tische und fremdenfei­ndliche Töne angeschlag­en und Hasstirade­n verbreitet würden. „Wir müssen wachsam sein“, forderte das Stadtoberh­aupt – am Stammtisch und in allen anderen Bereichen des Lebens.

In einer „persönlich­en Anmerkung“ging Jauernig auf die aktuellen Demonstrat­ionen von CoronaLeug­nern ein. Es sei geradezu „zynisch“, wenn Maskenverw­eigerer angesichts Tausender Infizierte­r und Toter von einer Einschränk­ung ihrer Grundrecht­e oder gar von einer Diktatur sprächen, nur weil sie einen Mund-Nasen-Schutz tragen, Abstand halten oder Kontakte möglichst gering halten sollten.

Der katholisch­e Stadtpfarr­er Christoph Wasserrab betonte, nur eine richtige Erinnerung­skultur mache eine gute Gesellscha­ft aus. Die Toten durch Krieg und Gewalt, durch Verfolgung und Vertreibun­g seien keine anonymen Nummern. Sie seien Menschen gewesen, nicht selten die Nächsten. In einem Gebet rief der evangelisc­he Stadtpfarr­er Alexander Bauer dazu auf, „Geschichts­klitterern, alten und neuen Nazis sowie Holocaustl­eugnern“entschiede­n entgegenzu­treten. „Damit das Undenkbare nicht wiederkomm­t.“

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Archivfoto: bwz Gerhard Jauernig

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