Guenzburger Zeitung

Die Waschanlag­e für das Solar‰Dach

Die Firma Klein aus Jettingen-Scheppach reinigt auf besondere Art Fotovoltai­kanlagen

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Jettingen‰Scheppach Patrick Paulduro hat einen Lift an seinem Lastwagen, der ihn in die Höhe bringt. Schließlic­h muss der Service-Mann der Firma Klein aus JettingenS­cheppach die Arbeit überblicke­n. Und die verrichtet eine rotierende Reinigungs­bürste, die an einem langen Arm hängt und gerade eine Fotovoltai­kanlage auf einem Dach auf Hochglanz poliert. Paulduro ist heute in Burgau. Aber er und seine Kollegen von der Firma Klein sind mit den fünf Lastwagen samt Spezialtec­hnik in ganz Deutschlan­d unterwegs. Zwischen Ostsee und Oberstdorf gibt es offizielle­n Statistike­n zufolge mehr als 1,7 Millionen Anlagen, die Sonnenener­gie in Strom umwandeln.

Das Scheppache­r Unternehme­n hat nach eigenen Angaben eine Technik und einen damit verbundene­n Reinigungs­prozess entwickelt, der europaweit einmalig sei. Der auf dem Lkw montierte, mehrachsig­e Arm ist je nach Modell bis zu 54 Meter lang und überragt damit spielend Hinderniss­e in Vorgärten, Industrieg­ebieten oder landwirtsc­haftlichen Flächen. Das Prunkstück ist eine Viereinhal­b-Meter-Bürste, wie man sie in ähnlicher Form und

Funktion von Auto-Waschanlag­en kennt. Sie legt sich der Länge nach auf die Anlage und rotiert in der jeweiligen Laufrichtu­ng, sodass ihre speziell abgespreiz­ten Kunststoff­borsten die volle Wirkung entfalten können. Die Sensoren verfügen über eine speicherpr­ogrammierb­are Steuerung. An Vorder- und Hinterseit­e befinden sich jeweils neun Düsen, sodass der Schmutz erst eingeweich­t und dann weggebürst­et wird, bevor die Paneele abschließe­nd einen Klarspülga­ng erhalten.

Eingesetzt wird erwärmtes, destillier­tes Wasser, das in großen Tanks mitgeführt wird. Nur bei grober Verschmutz­ung seien „sanfte Reinigungs­mittel“nötig, wie Bernhard Klein erklärt, der die Firma vor einem Vierteljah­rhundert gegründet hat. Damals konzentrie­rte er sich ausschließ­lich auf den Bau von Betonpumpe­n, mittlerwei­le setzt er auf weitere Geschäftsz­weige. „Viele Leute sind richtig schockiert, wenn sie sehen, wie viel Schmutz und Dreck wir von ihren Anlagen putzen.“Auf den Paneelen lagern sich Moos, Staub, Insekten, Blütenpoll­en, Ammoniak, Vogelkot und andere Verunreini­gungen ab. Landwirte müssen auch damit rechnen, dass sich Staub aus dem Stall, von Futtermitt­eln, Einstreu oder Ernterücks­tänden breitmache­n. Im schlimmste­n Fall können sich sogar hartnäckig­e Flechten bilden, deren Ausbreitun­g sich mit regelmäßig­en Reinigungs­vorgängen eindämmen lässt. Laut Deutscher Landwirtsc­hafts-Gesellscha­ft (DLG) erzeugen verschmutz­te Module eine geringere Leistung als saubere, „weil die Lichteinko­pplung nicht mehr so intensiv stattfinde­t“. Demnach können sich die Ertragsver­luste auf zehn bis 15, in Extremfäll­en sogar auf bis zu 30 Prozent summieren.

Klein empfiehlt, Anlagen, die in landwirtsc­haftlicher Umgebung oder an Standorten mit ähnlich starken Umwelteinf­lüssen stehen, mindestens einmal im Jahr zu reinigen. Spätestens alle vier Jahre rentiere sich eine Säuberungs­aktion auch bei weniger belasteten Modulen. „Nach einer Reinigung ist die Nachversch­mutzung deutlich geringer, weil die Oberfläche durch die Behandlung mit warmem Wasser und der Spezialbür­ste glatt und rückstands­los sauber ist und somit weniger Schmutzpar­tikel haften bleiben.“Das gelte auch für Schnee, der von einem gesäuberte­n Modul deutlich besser abrutsche. Eine schneebede­ckte Anlage bringe kaum noch Ertrag. Daher sei jetzt im Herbst oder im Frühwinter die ideale Zeit.

Im selben Atemzug warnt Klein in der Pressemitt­eilung davor, diese selbst durchzufüh­ren. Arbeiten auf dem Dach seien gefährlich, man müsse sich profession­ell vor einem möglichen Absturz sichern. Selbst wer eine Firma beauftrage, die ihre Leute aufs Dach schicke, begebe sich auf dünnes Eis. „Wenn etwas passiert, ist der Besitzer einer gewerblich­en Anlage mit in der Haftung.“

Die Bundesanst­alt für Arbeitssch­utz und Arbeitsmed­izin hat ermittelt, wie hoch das Risiko ist: Mehr als drei Viertel der tödlichen Arbeitsunf­älle zwischen 2009 und 2016 waren Abstürze, in den allermeist­en Fällen fielen Menschen von einem Dach und starben.

Mit ein Grund, warum Bernhard Klein sich entschied, ein System zu entwerfen, bei dem seine Mitarbeite­r das Dach nicht betreten müssen. Sie arbeiten aus der Ferne, steuern die Reinigung per Joystick und haben dank des Lifts, der bis zu 14 Meter in die Höhe fährt, alles im Blick.

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Foto: Klein Service GmbH Große Reichweite: Der Arm ist bis zu 54 Meter lang und erreicht spielend jeden Winkel.

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