Partner ignoriert Kontaktverbot und greift Frau an
Der vorbestrafte Mann wird vom Günzburger Gericht nur wegen Körperverletzung verurteilt. Denn einige Vorwürfe der Anklage fallen wegen juristischer Fragen nicht mehr ins Gewicht. Und das Opfer überrascht den Richter
Günzburg/Krumbach Was sich in der Beziehung zwischen einem 24-Jährigen und seiner zwei Jahre jüngeren Partnerin abspielte, war alles andere als harmlos. Trotz eines gerichtlich vereinbarten Kontaktverbots kam es im Herbst vergangenen Jahres in Krumbach zu mehrfachen Belästigungen und körperlichen Übergriffen des bereits vorbestraften jungen Mannes. Doch ein Teil der Anklagepunkte fiel bei der Verhandlung im Amtsgericht Günzburg nun wegen eines simplen juristischen Formfehlers unter den Tisch.
Zwischen dem Angeklagten und der Mutter einer gemeinsamen, jetzt zweijährigen Tochter hatte es häufiger gekracht. Das hatte dem 24-Jährigen schon eine Vorstrafe wegen Körperverletzung eingebracht, wegen der er noch unter offener Bewährung stand. Zwischen dem Paar wurde zudem Anfang September vergangenen Jahres ein gerichtlicher Vergleich geschlossen, in dem ihm jeglicher Kontakt zu der Frau untersagt wurde.
Doch diesen juristischen Warnschuss nahm der junge Mann aus einer Gemeinde im nördlichen Landkreis offensichtlich nicht ernst genug. Noch am Tag des Vergleichs besuchte er die 22-Jährige, betrat deren Wohnung, trank dort Wein und legte sich in ihr Bett. Als sie von einem Kinobesuch nach Hause kam, wollte der Angetrunkene mit ihr reden, doch die Frau alarmierte die die den Störer daraufhin auch mitnahm.
Nur wenige Tage später eskalierte die Beziehung erneut: Wieder tauchte der Angeklagte an der im Erdgeschoss liegenden Wohnung auf, hämmerte gegen ein Fenster und verlangte Einlass. Als die Frau kurz vor die Wohnungstür kam, um den Angeklagten wegzuschicken, riss er ihr den Kopf an den Haaren nach hinten. Eine Freundin alarmierte wieder die Polizei, doch der Mann verschwand. Im Stadtpark wurde er erwischt. Am nächsten Tag kam er noch einmal bei der Lebensgefährtin vorbei, kletterte dort sogar auf den Balkon. Dann verschwand er, bevor eine Streifenwagenbesatzung eintraf.
Tags darauf tauchte der 24-Jährige selbst bei der Polizeiinspektion auf, weil er sein Smartphone vermisste. Weil der Angetrunkene dann auf der Wache randalierte, wurde er in eine Zelle gesteckt, wo er sich an den Gitterstäben selbst verletzte. Die Folge war ein kurzer Zwangsaufenthalt in der geschlossenen Abteilung des Günzburger Bezirkskrankenhauses, wo bei ihm eine paranoide Schizophrenie diagPolizei, nostiziert wurde. Doch der BKHAufenthalt wirkte offensichtlich bei dem Angeklagten. „Mir geht’s gut“, sagte er, ist aber nach wie vor auf Medikamente angewiesen.
Dann folgte die Überraschung: Seine Partnerin zog auf Nachfrage von Richter Martin Kramer ihren Strafantrag gegen den Angeklagten zurück: „Er hat sich entschuldigt und sich gebessert, seit er im BKH war.“Außerdem soll er seine Tochter sehen können, meinte die Frau. Die beiden leben getrennt, treffen sich aber unregelmäßig.
Weniger erfreulich verlief der bisherige Lebenswandel des 24-Jährigen, der schon mehrfach juristisch auffiel, unter anderem wegen Fahrens ohne Führerschein und ohne Versicherungsschutz, Diebstahls, Besitzes und Handels mit Drogen sowie Körperverletzung, Erpressung und Beleidigung im März dieses Jahres. Von der siebenmonatigen Bewährungsstrafe sind 60 Stunden gemeinnützige Arbeit offen.
Noch bevor es zu den Plädoyers kam, ging Pflichtverteidiger Uwe Böhm (Ulm) auf ein juristisches Problem ein. Weil der Vergleich formal nicht an seinen Mandanten zugestellt worden war, sei er nicht vollstreckbar und die Verstöße gegen das Kontaktverbot hinfällig. Richter Kramer wollte diesen Einwand zunächst nicht akzeptieren, schließlich sei der Angeklagte bei dem Vergleichstermin dabei gewesen. Um eine Verzögerung des Verfahrens zu vermeiden, wurden mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Anklagevorwürfe aber auf die Körperverletzung beschränkt.
Wegen der Vorverurteilung im Frühjahr kam es zu einer Gesamtbewährungsstrafe von sieben Monaten und zwei Wochen sowie zusätzlicher Arbeitsauflage von 20 Stunden. Das entsprach exakt dem Antrag von Anwalt Böhm und lag um zwei Monate unter der Forderung der Staatsanwältin. Den Angeklagten straffrei gehen zu lassen, so der Richter, sei das falsche Signal, denn der 24-Jährige habe sich „erheblich danebenbenommen“.