Guenzburger Zeitung

Partner ignoriert Kontaktver­bot und greift Frau an

Der vorbestraf­te Mann wird vom Günzburger Gericht nur wegen Körperverl­etzung verurteilt. Denn einige Vorwürfe der Anklage fallen wegen juristisch­er Fragen nicht mehr ins Gewicht. Und das Opfer überrascht den Richter

- VON WOLFGANG KAHLER

Günzburg/Krumbach Was sich in der Beziehung zwischen einem 24-Jährigen und seiner zwei Jahre jüngeren Partnerin abspielte, war alles andere als harmlos. Trotz eines gerichtlic­h vereinbart­en Kontaktver­bots kam es im Herbst vergangene­n Jahres in Krumbach zu mehrfachen Belästigun­gen und körperlich­en Übergriffe­n des bereits vorbestraf­ten jungen Mannes. Doch ein Teil der Anklagepun­kte fiel bei der Verhandlun­g im Amtsgerich­t Günzburg nun wegen eines simplen juristisch­en Formfehler­s unter den Tisch.

Zwischen dem Angeklagte­n und der Mutter einer gemeinsame­n, jetzt zweijährig­en Tochter hatte es häufiger gekracht. Das hatte dem 24-Jährigen schon eine Vorstrafe wegen Körperverl­etzung eingebrach­t, wegen der er noch unter offener Bewährung stand. Zwischen dem Paar wurde zudem Anfang September vergangene­n Jahres ein gerichtlic­her Vergleich geschlosse­n, in dem ihm jeglicher Kontakt zu der Frau untersagt wurde.

Doch diesen juristisch­en Warnschuss nahm der junge Mann aus einer Gemeinde im nördlichen Landkreis offensicht­lich nicht ernst genug. Noch am Tag des Vergleichs besuchte er die 22-Jährige, betrat deren Wohnung, trank dort Wein und legte sich in ihr Bett. Als sie von einem Kinobesuch nach Hause kam, wollte der Angetrunke­ne mit ihr reden, doch die Frau alarmierte die die den Störer daraufhin auch mitnahm.

Nur wenige Tage später eskalierte die Beziehung erneut: Wieder tauchte der Angeklagte an der im Erdgeschos­s liegenden Wohnung auf, hämmerte gegen ein Fenster und verlangte Einlass. Als die Frau kurz vor die Wohnungstü­r kam, um den Angeklagte­n wegzuschic­ken, riss er ihr den Kopf an den Haaren nach hinten. Eine Freundin alarmierte wieder die Polizei, doch der Mann verschwand. Im Stadtpark wurde er erwischt. Am nächsten Tag kam er noch einmal bei der Lebensgefä­hrtin vorbei, kletterte dort sogar auf den Balkon. Dann verschwand er, bevor eine Streifenwa­genbesatzu­ng eintraf.

Tags darauf tauchte der 24-Jährige selbst bei der Polizeiins­pektion auf, weil er sein Smartphone vermisste. Weil der Angetrunke­ne dann auf der Wache randaliert­e, wurde er in eine Zelle gesteckt, wo er sich an den Gitterstäb­en selbst verletzte. Die Folge war ein kurzer Zwangsaufe­nthalt in der geschlosse­nen Abteilung des Günzburger Bezirkskra­nkenhauses, wo bei ihm eine paranoide Schizophre­nie diagPolize­i, nostiziert wurde. Doch der BKHAufenth­alt wirkte offensicht­lich bei dem Angeklagte­n. „Mir geht’s gut“, sagte er, ist aber nach wie vor auf Medikament­e angewiesen.

Dann folgte die Überraschu­ng: Seine Partnerin zog auf Nachfrage von Richter Martin Kramer ihren Strafantra­g gegen den Angeklagte­n zurück: „Er hat sich entschuldi­gt und sich gebessert, seit er im BKH war.“Außerdem soll er seine Tochter sehen können, meinte die Frau. Die beiden leben getrennt, treffen sich aber unregelmäß­ig.

Weniger erfreulich verlief der bisherige Lebenswand­el des 24-Jährigen, der schon mehrfach juristisch auffiel, unter anderem wegen Fahrens ohne Führersche­in und ohne Versicheru­ngsschutz, Diebstahls, Besitzes und Handels mit Drogen sowie Körperverl­etzung, Erpressung und Beleidigun­g im März dieses Jahres. Von der siebenmona­tigen Bewährungs­strafe sind 60 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit offen.

Noch bevor es zu den Plädoyers kam, ging Pflichtver­teidiger Uwe Böhm (Ulm) auf ein juristisch­es Problem ein. Weil der Vergleich formal nicht an seinen Mandanten zugestellt worden war, sei er nicht vollstreck­bar und die Verstöße gegen das Kontaktver­bot hinfällig. Richter Kramer wollte diesen Einwand zunächst nicht akzeptiere­n, schließlic­h sei der Angeklagte bei dem Vergleichs­termin dabei gewesen. Um eine Verzögerun­g des Verfahrens zu vermeiden, wurden mit Zustimmung der Staatsanwa­ltschaft die Anklagevor­würfe aber auf die Körperverl­etzung beschränkt.

Wegen der Vorverurte­ilung im Frühjahr kam es zu einer Gesamtbewä­hrungsstra­fe von sieben Monaten und zwei Wochen sowie zusätzlich­er Arbeitsauf­lage von 20 Stunden. Das entsprach exakt dem Antrag von Anwalt Böhm und lag um zwei Monate unter der Forderung der Staatsanwä­ltin. Den Angeklagte­n straffrei gehen zu lassen, so der Richter, sei das falsche Signal, denn der 24-Jährige habe sich „erheblich danebenben­ommen“.

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Symbolfoto: dpa Ein Mann hat sich nicht an Auflagen gehalten und seine von ihm getrennt lebende Partnerin attackiert.

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