Guenzburger Zeitung

Ivanka Trump kann nicht in ihr altes Leben zurück

Die Tochter des Noch-Präsidente­n hat ihre Zukunft bedingungs­los an ihren Vater geknüpft. Das wird nun zum Problem

- VON SEBASTIAN MOLL

Washington Es muss eine eigenartig­e Stimmung im Weißen Haus geherrscht haben, als um die Mittagszei­t des 7. November der TV Sender CNN als erste namhafte amerikanis­che Medienorga­nisation den Wahlsieg von Joe Biden bekannt gab. Donald Trump war noch auf dem Golfplatz und spielte seine Runde zu Ende, wohl auch, um seinen ersten Zorn abzureagie­ren. Seine Frau Melania wird die Nachrichte­n betrachtet haben, ohne sich auch nur die geringste Gefühlsreg­ung anmerken zu lassen. Und dem Power-Paar Jared Kushner und Ivanka Trump, in den USA scherzhaft „Javanka“genannt, wird in diesem Moment klar geworden sein, dass sich ihre Zukunft anders gestalten dürfte, als sie sich das vorgestell­t hatten.

Es ist kaum verwunderl­ich, dass Ivanka seither auf Instagram und Twitter an die Anhänger ihres Vaters eiserne Durchhalte­parolen versendet. Denn die Alternativ­en, die für „Javanka“nun plötzlich sehr real werden, sind nicht besonders attraktiv. Noch im vergangene­n Jahr, bevor der Kampf um Trumps Wiederwahl richtig ins Rollen gekommen war, hatte sich Ivanka einer Journalist­in gegenüber sicher gezeigt, dass ihr altes Leben auf sie wartet: die New Yorker Bälle und Parties, die schicken Restaurant­s von Manhattan, die Kunstaukti­onen und Vernissage­n und die teuren Boutiquen der Madison Avenue.

Doch die Bilder der Menschen auf dem Broadway, die angesichts der Abwahl ihres Vaters in Jubel ausbrachen, werden ihr zu denken gegeben haben. Bevor Ivanka mit ihrem Vater nach Washington ging, waren sie und ihr Ehemann in der New Yorker Society wohl gelitten. Um Zugang zur New Yorker Gesellscha­ft zu finden, braucht man eigentlich nur eines: Geld. Davon brachten die beiden Milliarden­erben reichlich mit. Alleine das sicherte ihnen Tickets zu den wichtigste­n gesellscha­ftlichen Ereignisse­n der Stadt, von der Gala des Metropolit­an Museum bis hin zu den wichtigste­n politische­n und kulturelle­n Events. Um diesen Status nicht zu gefährden, hielten die beiden stets eine gebührende Distanz zu ihren Vätern. Ivanka zu Donald, der in der New Yorker Gesellscha­ft von Anfang an als ungehobelt­er Außenseite­r galt, der eher belächelt als hofiert wurde; Jared von seinem Vater Charlie, der wegen dubioser Geschäftsp­raktiken und Zeugenerpr­essung gar 14 Monate im Gefängnis gesessen hatte.

Ivanka und Jared galten als die kultiviert­en Versionen ihrer problemati­schen Eltern. Sie hatten beide eine ausgezeich­nete Ausbildung von den besten Universitä­ten. Sie hatten geschliffe­ne Umgangsfor­men und gingen soliden Geschäften nach: Ivanka mit ihrem erfolgreic­hen Schmuck- und Modelabel und Jared als Verleger des New York Observer, einer soliden bürgerlich­en, jüdischen Zeitung. Doch als Donald Trump gewählt wurde, knüpften sie bedingungs­los ihre Geschicke an den Patriarche­n des Clans.

Sie wurden, wie der Kolumnist Frank Bruni in der New York Times schrieb, „das faustische Poster-Paar der Trump-Präsidents­chaft.“Jared Kushner spielte, wie man heute nur allzu gut weiß, bereits in Trumps erstem Wahlkampf eine zentrale Rolle. Seine Treffen mit russischen Oligarchen zum Informatio­nsaustausc­h waren ein Kernbestan­dteil des „Mueller-Reports“, der bis zum Amtsentheb­ungsverfah­ren führte.

Als Trump dann im Januar 2017 sein Amt antrat, besetzte Kushner eine schwindele­rregende Zahl von Posten. Ivanka war hingegen vorerst zurückhalt­end. Zu Beginn galt sie gar als mäßigende Stimme im Ohr ihres Vaters. Es wurde etwa behauptet, sie habe ihm davon abgeraten, aus dem Pariser Klimaabkom­men auszutrete­n. Spätestens, als sie eine offizielle Beraterrol­le im Weißen Haus antrat und ihre Modefirma aufgab, wurde sie jedoch „100 Prozent Make America Great Again“wie Kommentato­ren es ausdrückte­n. Nach ihrer flammenden Rede für ihren Vater beim republikan­ischen Wahlkonven­t und ihrer Twitter-Attacke auf die amerikanis­che Demokratie in den letzten Wochen

kann sie nun endgültig nicht mehr behaupten, noch irgendwo im Hinterkopf Skrupel gehabt zu haben. Deshalb gibt es jetzt, so glauben die Beobachter, für beide keinen Weg mehr zurück ins alte Leben, zumal Kushner neben Trump als Hauptveran­twortliche­r für die vermasselt­e Reaktion der USA auf das Coronaviru­s gilt.

Im liberalen New York dürfte das Paar jedenfalls Personae non gratae sein. „Niemand mit Respekt vor sich selbst, einer Karriere, mit Moral und einer Achtung vor der Demokratie wird sich noch mit ihnen blicken lassen wollen“, sagte eine ehemalige Vertraute gegenüber der Journalist­in Emily Jane Fox. Reservieru­ngen in den Top New Yorker Restaurant­s dürften schwer werden und bei einer Broadway-Show werden sie kaum auftauchen wollen, weil sie damit rechnen müssen, dass das ganze Publikum sie ausbuht.

Kolumnist Frank Bruni schlug deshalb vor, „Javanka“sollten sich eher in Richtung Nordkorea oder Saudi Arabien orientiere­n als nach New York. Schließlic­h hätten sie dorthin beste Kontakte aufgebaut. Ivankas jüngere Schwester Tiffany ist derweil in New York nach wie vor wohl gelitten. Als es noch Parties gab, wurde sie stets eingeladen und in den Clubs der Stadt mit Freunden gesehen. Tiffany, die bei ihrer Mutter Ivana in Kalifornie­n aufgewachs­en ist, hat immer Distanz zu ihrem Vater gehalten. Und dürfte jetzt sehr froh darüber sein.

Sie galten als kultiviert­e Versionen ihrer Eltern

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Foto: dpa Jared Kushner und Ivanka Trump werden in den USA auch scherzhaft „Javanka“genannt.

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