Guenzburger Zeitung

Ein Fall von Leukämie, der Hoffnung macht

Robin aus Neuburg an der Kammel hatte akute lymphatisc­he Leukämie. Heute geht es dem 14-Jährigen wieder verhältnis­mäßig gut. Wie er die schwere Krankheit besiegt hat und welche Rolle sie noch immer in seinem Leben spielt

- VON DIETER JEHLE

Neuburg Der Fall gibt vielen Betroffene­n Hoffnung. Robin ist 14 Jahre alt. Er wohnt in Neuburg. Er hatte eine akute lymphatisc­he Leukämie (ALL) mit Philadelph­ia Chromosom. Es geht ihm momentan gut, er ist tapfer. Seit diesem Schuljahr geht er wieder zur Schule. „Für ihn ist sehr anstrengen­d, sich lange zu konzentrie­ren“, sagt seine Mutter Kirsten. Sie freut sich dennoch, wie sich Robin aktuell entwickelt und wie ihn seine Klassenkam­eraden unterstütz­en. Die Krankheit verwehrte ihm ein Jahr lang, die Schule zu besuchen – und spielt auch heute noch eine große Rolle in seinem Leben.

Robin wächst zunächst im Allgäu in Oy-Mittelberg und dann in Weitnau auf. Er ist ein begeistert­er Skifahrer. Im Ski-Rennteam von Weitnau ist er eine feste Größe. „In unserem Ort gab es einen Skilift, von unserem damaligen Zuhause war dieser nur ein Katzenspru­ng entfernt“, erinnert sich seine Mutter.

Seit 2017 wohnen Robin, seine Schwester Ronia und seine Mutter in Neuburg an der Kammel. Vor vier Jahren, im Januar 2016, ging es Robin nicht gut. Er war immer müde, abgeschlag­en, blass und immer kraftloser. „Kurz vor seinem zehnten Geburtstag suchten wir den Kinderarzt auf“, berichtet Mutter Kirsten. Dieser habe sofort erkannt, dass es etwas Ernsteres ist.

Die Befürchtun­gen des Arztes bestätigte­n eine Blutentnah­me. Bei Robin war die Zahl der Leukozyten stark erhöht. „Wir wurden sofort ins Krankenhau­s Kempten verwiesen. Dort wurde das Blut näher untersucht“, erzählt seine Mutter. In der Zwischenze­it sei sie nach Hause gefahren und habe die Koffer gepackt. Robin wurde daraufhin gemeinsam mit seiner Mutter mittels Krankentra­nsport in die Kinderklin­ik der Uni Ulm gebracht. „Ich zitterte, wir waren alle geschockt, ich weiß heute nicht mehr, wie ich in der Situation einfach funktionie­ren konnte“, erinnert sich Kirsten.

Bereits am nächsten Tag begann die Chemothera­pie. Es sei fünf vor zwölf gewesen, Robin hatte über 160 000 Leukozyten im Blut. Das sei ein bedenklich­er Wert. Zwei Monate verbrachte der damals Zehnjährig­e in der Ulmer Kinderklin­ik. Er wurde nach einem europäisch­en mit unterschie­dlichen Chemothera­pien und Bestrahlun­gen behandelt. Die intensive Therapie dauerte insgesamt zwei Jahre. „Es war immer wieder ein Wechsel zwischen stationäre­n Aufenthalt­en und Erholungsp­hase, dann die Erhaltungs­therapie, die nur im Falle von Infektione­n einen stationäre­n Aufenthalt vorsieht“, erklärt Kirsten.

Die Zeit der Therapie sei für die ganze Familie sehr belastend gewesen. „Ohne meine Mutter hätte ich es nicht geschafft“, sagt Mutter Kirsten rückblicke­nd. Vom Vater ihrer Kinder lebt sie getrennt, die Großmutter habe sich intensiv um Robins Schwester Ronia gekümmert. Doch Robin hatte sich nach und nach erholt. Richtig Licht ins Dunkel kam im Frühjahr 2017. Robin durfte nach einem Jahr endlich wieder zur Schule gehen. Selbst Skifahren war im Winter 2017/18 möglich. „Wir dachten, Robin hat die Leukämie besiegt“, erinnert sich Kirsten. Doch dann kam ein erneuter Rückschlag.

Bei einer Routinekon­trolle im Juli 2019 wurde ein Rückfall der Krankheit festgestel­lt. Eine Chemothera­pie war unumgängli­ch. Diese bereitete Robin jedoch Probleme. In der Phase der Blutbildun­gsstörung hatte sich ein Abszess in seiner rechten Wade gebildet. Die Stammzelle­ntransplan­tation rückte damit in weite Ferne. Ein neues Medikament brachte zumindest vorübergeh­end Hoffnung. Für Robin folgte eine schwierige Prozedur, doch am Ende konnten Eiter und Entzündung in lang anhaltende­n und regelmäßig­en operativen Eingriffen bekämpft werden. Die Infektion im Bein war geheilt. Im Oktober 2019 keimte wieder Hoffnung auf.

„In der Knochenmar­kspenderda­tei fand sich für Robin ein Spender“, berichtet Kirsten. Kurz darauf wurProtoko­ll de er auf die Transplant­ation vorbereite­t. Eine starke Chemothera­pie und Ganzkörper­bestrahlun­g zerstörte sein komplettes Knochenmar­k. Am 26. November 2019 war es dann soweit. Robin erhielt die Stammzelle­n von einem fremden Familienva­ter aus Köln. Nach drei Wochen zeigten sich erste Erfolge: Neue Zellen im Blut waren zu sehen. „Wir waren glücklich und erleichter­t. Nach und nach, ganz langsam ging es bergauf“. Immunglobu­line kräftigen das Immunsyste­m von Robin. Prophylakt­isch nimmt er Medikament­e gegen Viren ein. Die Antibiotik­a setzte er bereits ab.

Probleme hat Robin aber auch heute noch. Momentan plagt den mittlerwei­le 14-Jährigen eine Entzündung an der Augenhaut. „Wir sind dabei, eine Therapie zu finden“, sagt Kirsten. Trotzdem sei die ganze Familie glücklich, dass es alles so gut geklappt hat. „Gott sei Dank gibt es Menschen, die sich als Stammzelle­nspender zur Verfügung stellen“, sagt Kirsten. Auch sie selbst sei bei der DKMS (Anm. Deutsche Knochenmar­kspenderda­tei) registrier­t. Über die DKMS-Kontaktste­lle hat sie sich bei Robins Spender bedankt. „Er soll wissen, dass es Robin gut geht und er ihn durch seine Spende gerettet hat“.

Unterstütz­ung in der schwierige­n Phase erhielt Kirsten auch durch eine Haushaltsh­ilfe über den Maschinenr­ing, die die Krankenkas­se finanziert­e. „So war Ronia an den Nachmittag­en versorgt und ich konnte mich beruhigt um Robin kümmern.“

Für Robin hat sich derweil ein großer Wunsch erfüllt: Die Neuburger Kommunionk­artenmaler­innen unter der Leitung von Erni Zecha spendierte­n dem 14-Jährigen vom Verkaufser­lös der Karten einen Computer.

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Foto: Dieter Jehle Nach einer Stammzelle­ntransplan­tation geht es dem 14‰jährigen Robin aus Neuburg wieder besser. Der begeistert­e Skifahrer ist mittlerwei­le Mitglied beim Rennteam des Skiclubs Ichenhause­n.

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