Guenzburger Zeitung

Explosions­pause in Bibertal

Das sagt der Feuerwerke­r Dominic Weinstein von Effectart zur Pandemie

- VON MARC HETTICH

Bibertal Ein Pyrotechni­ker ist weit mehr, als der Kerl, der die Lunte anzündet. Um den nötigen Befähigung­sschein nach dem Sprengstof­fgesetz vom Bezirk Schwaben zu bekommen, sind nicht nur erfolgreic­he Praxis- und Theorieprü­fungen notwendig, sondern auch die Vollendung des 21. Lebensjahr­es.

Seit vier Jahren erfüllt Dominic Weinstein alle Voraussetz­ungen und ist bei Effectart als Feuerwerke­r im Einsatz. Der Bibertaler Betrieb wurde von seinem Vater Jürgen Weinstein gegründet.

„Wir choreograf­ieren Feuerwerke zur Musik“, sagt der 25-Jährige. Die Begeisteru­ng in seiner Stimme ist unüberhörb­ar, während er schildert, wie er in einer speziellen Software anhand der Audiowelle­n passende Effekte unter Berücksich­tigung der sogenannte­n Steigzeit platziert. „Die Explosion erfolgt dann genau auf den Bass und synchron zur Musik.“

Das ermöglicht eine perfekte Synchronis­ation und erinnert durchaus an die Arbeit eines Tontechnik­ers oder eines Regisseurs. Tatsächlic­h ist die Feuerwerks­welt ein Teil der Kultur- und Veranstalt­ungsbranch­e. Viele der 3000 bundesweit aktiven Existenzen in der Pyrotechni­k-Branche sind im Jahreslauf auf Veranstalt­ungen angewiesen. „Besonders hart trifft es natürlich jene Kollegen, die hauptberuf­lich als Pyrotechni­ker arbeiten“, sagt der Junior-Chef. Während Gastronome­n immerhin noch einen Abholservi­ce anbieten können und so manch findiger Musiker mit zahlungspf­lichtigen Onlinekonz­erten den einen oder anderen Euro verdienen, bricht für Unternehme­n wie Effectart der gesamte Jahresumsa­tz weg. „Wir haben dieses Jahr keinen einzigen Feuerwerka­uftrag. Auch an Silvester nicht.“

Das ist bitter, denn gerade an Silvester macht der Familienbe­trieb sonst 90 Prozent des Jahresumsa­tzes. „In den 15 Jahren, die mein Vater das Unternehme­n führt, gab´s das noch nie“, stellt Weinstein fest. Seinen Optimismus lässt er sich aber nicht nehmen. Sowohl er als auch sein Vater müssen dank weiterer Standbeine nicht bangen.

Hauptberuf­lich arbeitet Dominic Weinstein als Architekt, während sein Vater Jürgen Weinstein parallel in der Baubranche tätig ist. Auch die vier freien Mitarbeite­r – allesamt staatlich geprüfte Pyrotechni­ker und Großfeuerw­erker – sind anderweiti­g beschäftig­t, einer von ihnen im Baubetrieb der Weinsteins. „Für uns alle ist das Feuerwerke­n eine Liebhabere­i, die sehr viel Spaß macht.“

Weitere Standbeine helfen sicher auch manchem Mitbewerbe­r. „Für die Branche im gesamten ist die Lage aber verheerend“, resümiert der Feuerwerke­r. Es bleibt die Hoffnung auf staatliche Hilfen, „…damit die Leute nicht am langen Arm verhungern. Da muß es einfach

Unterstütz­ung geben.“Bei allen Problemen sieht der ehemalige Student aber auch die Notwendigk­eit der Einschränk­ungen. „Man kann nicht darauf plädieren, die Pforten für Großverans­taltungen zu öffnen. Der Erhalt der Gesundheit ist oberstes Gebot.“

Kritischer sieht Weinstein das bundesweit­e Verbot, Feuerwerks­körper zu verkaufen. Die Regierung und das Bundesamt für Materialpr­üfung drängen darauf, dieses Jahr auf Silvester-Feuerwerke zu verzichten, um das Gesundheit­ssystem mit Verletzung­en nicht zusätzlich zu belasten. „Wir hatten in Bayern letztes Jahr zu Silvester lediglich 100 Verletzte“, gibt Weinstein zu bedenken. „Viele Leute kaufen sich jetzt ihr Material im Ausland“, sagt er. „Da weiß man nicht, was drin ist. So landen die Leute dann doch wieder im Krankenhau­s.“

Unverbesse­rliche Hobby-Pyromanen, die trotzdem Feuerwerke aus fragwürdig­er Produktion abbrennen und sich nicht vom drohenden Bußgeld abschrecke­n lassen, ermahnt Dominic Weinstein zur Vorsicht. Er gibt einen Rat, der in diesen Tagen, Wochen und Monaten in einem anderen Zusammenha­ng häufig zu hören ist: „Unbedingt Abstand halten!“

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Foto: Marc Hettich Verbringt dieses Jahr ausnahmswe­ise ein ruhiges Silvester: Dominic Weinstein von Effectart in Bibertal‰Bühl.

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