Guenzburger Zeitung

Kritik an holprigem Impfstart

37000 Menschen könnten täglich in Bayern immunisier­t werden. Doch dafür reicht der Impfstoff nicht. Im Gesundheit­sministeri­um ärgert man sich über schlechte Planung aus Berlin

- VON ULI BACHMEIER, MARIA HEINRICH UND SARAH SCHIERACK

Augsburg Offizielle Mitteilung­en aus Ministerie­n sind meist nüchtern gehalten. In der Regel geht es um kleine und größere Erfolge, garniert mit ab und an etwas hölzernen Zitaten. Umso erstaunlic­her mutet deshalb ein Schreiben an, das das bayerische Gesundheit­sministeri­um am Mittwochna­chmittag verschickt hat. Es sei für sie „unverständ­lich“, ließ sich Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) da zitieren, „wie gerade bei derartig hohen Infektions­zahlen eine komplette Lieferung einfach entfallen kann“. Die „eigentlich zugesagten Impfdosen“seien in den Impfzentre­n bereits fest verplant gewesen.

Was war geschehen? Das Ministeriu­m hatte am Mittwochvo­rmittag die Meldung aus Berlin bekommen, dass 107000 Impfdosen, die in der kommenden Woche an den Freistaat geliefert werden sollten, nicht ankommen würden. Nachschub wurde erst für den 11. Januar angekündig­t. Alle anstehende­n Impftermin­e, hieß es, müssten wieder

gemacht werden. Am Mittwochna­chmittag ruderte der Bund dann zurück: Die eingeplant­e Impfstoff-Lieferung soll nun doch bereits drei Tage früher eintreffen – am 8. Januar und damit am ursprüngli­ch vereinbart­en Tag.

Dafür sollen die nächsten 107 000 Impfstoff-Dosen erst am 18. Januar kommen – der Freistaat muss also mit einer Lieferung zehn Tage überbrücke­n. Für Bayern, wo laut Gesundheit­sministeri­n Huml eigentlich pro Tag 37000 Impfdosen verabreich­t werden könnten, ist das ein schmerzhaf­t langer Zeitraum. Zumal die Hälfte einer Lieferung eingelager­t werden muss, damit Geimpfte mit absoluter Sicherheit ihre zweite Dosis des Serums erhalten können.

Was bleibt nach diesem LieferChao­s, ist der Eindruck, dass der Impfstart in Deutschlan­d von Pannen und schlechter Planung begleitet wird. Klaus Holetschek, der Koordinato­r der bayerische­n CoronaTask­force, ärgert sich am Mittwoch sehr deutlich über die Informatio­nspolitik des Bundes, die er für „stark verbesseru­ngswürdig“hält. Bislang würden Informatio­nen aus Berlin „leider nur sehr zögerlich und meist kurzfristi­g“in die Bundesländ­er gelangen, betont der Politiker aus dem Unterallgä­u. In den Impfzentre­n könne man aber nur Termine an die Bevölkerun­g vergeben, wenn die Lieferunge­n planbar seien.

Für die Zentren gibt es nach Angaben von Holetschek schon mehr als 8000 Terminvorm­erkungen. Vielerorts haben Kommunen aber noch gar nicht begonnen, mit Berückgäng­ig troffenen konkrete Termine in den Impfzentre­n abzustimme­n.

Denn auch in Bayern selbst läuft längst nicht alles rund. So gibt es aktuell noch Probleme mit der vom Freistaat entwickelt­en Software, die Patientend­aten und Termine für die Impfungen verwalten soll. Termine mit Impfwillig­en zu vereinbare­n, ist auch deshalb für viele Kommunen schwierig. Im Landkreis Augsburg etwa geht man davon aus, erst ab Anfang Februar Termine im Impfzentru­m in Gablingen bei Augsburg vergeben zu können – erst dann also, wenn ein Großteil der Bewohner und Mitarbeite­r von Alten- und Pflegeheim­en mit absoluter Sicherheit die Impfung erhalten hat.

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