Guenzburger Zeitung

Alles Kopfsache

Gabriel Clemens vergibt im Achtelfina­le der WM sieben Matchdarts und scheidet letztlich aus. Ein Psychologe erklärt, wie es dazu kommen kann – und was Clemens ändern muss

- VON FLORIAN EISELE

Dokumentat­ion, „Hö‰ henrausch: Karl Geiger und Andre‰ as Wellinger, Der perfekte Flug“

ARD/Eurosport, 13.30/13.45 Skispringe­n, Vierschanz­entournee: Qualifikat­ion aus Garmisch‰Par‰ tenkirchen

ARD, ca. 15.20 Uhr Reportage: „Die Huberbuam – Grenzgänge­r der Vertikalen“, Alexander und Thomas Huber gehören zur Weltspitze im Klettern

FREITAG SPORTSCHAU Eurosport, 11.35 Uhr Langlauf‰ Weltcup, Tour de Ski, Sprint Frau‰ en/Männer aus Val Müstair (CH) ARD/Eurosport, 13.25/13.45 Uhr Skispringe­n, Vierschanz­entournee: 1. und 2. Durchgang aus Garmisch‰ Partenkirc­hen

» DARTS WM aus London Sport1, 13/19 Uhr Viertelfin­ale

» Dokumentat­ion

ARD, 16.30 Uhr „SCHW31NS7e­iger: Memories – Von Anfang bis Legende“, Rückblick auf die Karriere von Bastian Schwein‰ steiger (Film von Til Schweiger)

London Knapper geht nicht: In einem an sportliche­r Dramatik kaum zu überbieten­dem Match ist Gabriel Clemens bei der Darts-WM in London ausgeschie­den. Gegen den Polen Krzysztof Ratajski vergab „The German Giant“sieben Matchdarts – also Chancen auf den Sieg – und musste am Ende den Traum vom ersten Deutschen im WM-Viertelfin­ale begraben. Frappieren­d an der Schlusspha­se des Matches: Beide Profis, die zu den besten der Welt gehören, versagten reihenweis­e darin, den letzten Pfeil in einem der Doppelfeld­er zu versenken. Ratajski vergab sogar neun Matchdarts, bevor er den Sieg perfekt machte. Nach Spielende war auch der Pole mit den Nerven am Ende, lehnte mit dem Kopf an der Wand.

Zwei Darts-Spieler, die bei der Weltmeiste­rschaft in der Runde der letzten sechzehn stehen und denen kurz vor dem großen Ziel die Nerven durchgehen – wie kann das sein? Das zu begründen und zu beheben, das Arbeitsfel­d von Jürgen Walter. Der Sportpsych­ologe aus Düsseldorf arbeitet seit 25 Jahren mit Athleten aus allen Sportarten zusammen, veröffentl­ichte etwa zusammen mit dem Fußballpro­fi Mats Hummels den Film „Alles geschieht im Kopf“– und hat das Achtelfina­lAus von Clemens als Darts-Fan ebenfalls mitverfolg­t.

Der 62-Jährige ist überzeugt davon, dass Clemens nicht optimal auf diese Drucksitua­tion vorbereite­t war. Vor allem die Körperspra­che des Saarländer­s war aus Sicht von Walter verheerend: „Ich kann doch nicht die Hände über den Kopf zusammensc­hlagen und meinem Gegenspiel­er damit signalisie­ren, wie sehr mich dieser Misserfolg getroffen hat – damit baue ich ihn doch auf.“Auch ein Interview, das Clemens nach seinem Aus bei Sport1 gab, sei sinnbildli­ch für die falsche Herangehen­sweise gewesen. Clemens sagte darin, dass er nach dem WM-Aus „nichts Positives“sagen kann – für Walter ein Unding: „Er hätte sagen können, dass er durch diese Niederlage gelernt hat, dass das Darts in Deutschlan­d populärer geworden ist.“Auch wenn Walter Clemens bescheinig­t, in dem Interview authentisc­h gewirkt zu haben, fällt sein Urteil hart aus: „Clemens hat mit dieser Aussage auch eine Chance für seinen Sport vertan.“

Dass Sportler in einer Drucksitua­tion versagen, ist natürlich kein Alleinstel­lungsmerkm­al des Darts. Walter berichtet von einem Handballer, der im Training alles traf und im Spiel nicht einmal den Abschluss wagte. Von einer Fußballeri­n, die bekannte, Angst vor dem Ball zu haben, weil sie bei dessen Besitz einen Fehler machen könnte.

Das Ziel, auf das Walter mit den von ihm betreuten Athleten hinarbeite­t: Die Lust auf das Gewinnen muss größer sein als die Angst vor dem Verlieren, sie idealerwei­se soist gar verdrängen. „Gegen negative Gedanken kann ich nicht ankämpfen – sobald er da ist, behindert er mich.“Wichtig sei es deswegen, mit positiven Gedanken zu arbeiten, den Spielspaß zu wecken. Dem Handballer half es etwa, sich im Spiel mit dem Wort „Mut“zu motivieren – die Fußballeri­n bekam Lust auf den Ball, als sie einen Smiley auf ihre Handinnenf­läche malte.

Wie mentale Stärke aussieht, demonstrie­rte der Weltrangli­stenerste Michael van Gerwen später am Abend im Match gegen Joe Cullen. Van Gerwen erwischte keinen guten Tag. Cullen hingegen zeigte das beste WM-Spiel seiner Karriere, hatte zwei Matchdarts – und verlor am Ende gegen van Gerwen, der sich nie entmutigen ließ. Und Clemens? „Der wirkte, als ob sein Haus abgebrannt ist“, sagt Walter. So spektakulä­r die Spiele des Saarländer­s bei dieser WM auch waren – Walter sieht bei ihm noch großes Steigerung­spotenzial. Zumindest das könnte für den „German Giant“eine gute Nachricht sein.

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Jürgen Walter

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