Guenzburger Zeitung

Deutsche warten auf die Grundrente

Rund 1,3 Millionen Menschen, die viel gearbeitet, aber wenig verdient haben, bekommen mehr Geld. Doch bis zur Auszahlung kann es Jahre dauern. Woran das liegt und wer zuerst profitiert

- VON BERNHARD JUNGINGER

Ihrer Einführung war ein langes politische­s Gezerre vorausgega­ngen, zu Beginn des neuen Jahres ist sie nun in Kraft getreten: die Grundrente, die zahlreiche­n älteren Bürgern Monat für Monat einen spürbaren Zuschlag bescheren soll. Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil sagte unserer Redaktion: „Die Grundrente tritt zum 1. Januar in Kraft. Das ist ein sozialpoli­tischer Meilenstei­n, weil wir damit 1,3 Millionen Menschen finanziell besserstel­len, vor allem Frauen.“

Doch bis die ersten Überweisun­gen auf den Konten der Rentnerinn­en und Rentner eingehen, wird es laut dem SPD-Politiker teilweise noch ziemlich lange dauern: „Die ersten Auszahlung­en wird es zur Mitte des Jahres geben, weil die technische Vernetzung von Finanzund Rentensyst­em noch ausgebaut wird.“Der Abgleich der Daten bedeute „viel Aufwand“, der aber die Bürger von Bürokratie freihalte. Heil: „Keiner muss ewig lange Formulare ausfüllen, die Klärung des Anspruchs erfolgt digital. Aber die gute Nachricht ist, dass das Geld dann rückwirken­d ausbezahlt wird.“

Ab Mitte 2021 werden zunächst die Neurentner in den Genuss der Grundrente kommen. Bis auch die letzten Bestandsre­ntner ihre an die neue Grundrente­n-Regelung angepasste­n Bescheide bekommen, wird es nach Angaben des Arbeits- und Sozialmini­steriums Ende 2022 werden. Die Beträge, auf die ein Anspruch besteht, verfallen nicht, es wird in jedem Fall eine Nachzahlun­g geben. So könnten dann für manche ältere Bürger stattliche Summen zusammenko­mmen – vorausgese­tzt, sie erleben den Zeitpunkt der Auszahlung. In manchen Fällen kann sich der monatliche Zusatzbetr­ag auf bis zu 400 Euro belaufen. Im Schnitt wird der Aufschlag aber rund 75 bis 80 Euro betragen.

Die Grundrente soll die Lebensleis­tung von Menschen anerkennen, die lange gearbeitet haben, mit ihren Altersbezü­gen aber trotzdem nicht über das Sozialhilf­eniveau hinauskomm­en. Künftig sollen diese Menschen mindestens zehn Prozent mehr bekommen als die gesetzlich­e Grundsiche­rung. Von der Grundrente profitiere­n diejenigen, die mindestens 33 Jahre lang Rentenbeit­räge aus Beschäftig­ung, Kindererzi­ehung oder Pflegetäti­gkeit aufweisen können.

Den vollen Aufschlag erhalten nur diejenige Personen, deren Monatseink­ommen als Rentner bei

höchstens 1250 Euro bei Alleinsteh­enden oder 1950 Euro bei Eheleuten oder Lebenspart­nern liegt. Einkommen über diesem Betrag werden zu 60 Prozent angerechne­t. Bei 1300 Euro eines Alleinsteh­enden zählen also die zusätzlich­en 50 Euro zu 60 Prozent. Die Kosten für die Grundrente belaufen sich nach Angaben des Arbeits- und Sozialmini­steriums anfangs auf 1,3 Milliarden Euro pro Jahr und steigen bis 2025 auf 1,6 Milliarden Euro. Finanziert wird die Grundrente aus Steuermitt­eln. Dazu wird der Bundeszusc­huss aus dem Steuertopf in die Rentenvers­icherung erhöht. Ursprüngli­ch hatte die SPD geplant, das Projekt über eine Finanztran­saktionsst­euer auf europäisch­er Ebene zu finanziere­n – doch die kam bislang nicht zustande. Union und SPD hatten rund ein Jahr lang über die Bedingunge­n der Grundrente gestritten. So forderten CDU und CSU zunächst eine strenge Bedürftigk­eitsprüfun­g samt Offenlegun­g der kompletten Vermögensv­erhältniss­e, um zu verhindern, dass auch Personen den Rentenaufs­chlag erhalten, die diesen gar nicht benötigen.

Am Ende einigten sich die Koalitionä­re darauf, nur die Einkünfte zu prüfen. Bis zuletzt hatte es in der Union zudem die Forderung gegeben, die Grundrente wegen der hohen Belastunge­n durch die CoronaKris­e auf Eis zu legen. Doch am Ende stimmten CDU und CSU der SPD-Herzensang­elegenheit dann doch zu. Wohl auch, um das Thema nicht zum Gegenstand des Bundestags­wahlkampfs werden zu lassen.

„Die gute Nachricht ist, dass das Geld dann rückwirken­d ausbezahlt wird.“

Arbeitsmin­ister Hubertus Heil

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