Guenzburger Zeitung

Langfristi­ge Lehren aus Corona

Lauterbach fordert ein Bundesgesu­ndheitsamt für mehr Prävention

- VON MICHAEL POHL

Berlin Selbst wenn im Laufe des Jahres mit Massenimpf­ungen das Coronaviru­s eingedämmt werden sollte, wird die Pandemie Spuren im Gesundheit­ssystem hinterlass­en. Der SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach fordert deshalb langfristi­ge Lehren aus der Corona-Pandemie auch für andere Bereiche. Die Gesundheit­spolitik müsse sich viel stärker auf Vorbeugung ausrichten, damit es auch bei anderen Krankheite­n weniger gefährdete Risikopati­enten gibt.

„Wir müssen vor allem den Bereich der öffentlich­en Gesundheit­sfürsorge wieder neu aufbauen“, sagte Lauterbach unserer Redaktion. „Die Tatsache, dass wir in Deutschlan­d bei Corona eine relativ hohe Sterblichk­eit pro Infizierte­n haben, liegt nicht nur an unserer Altersstru­ktur, sondern an einer weiten Verbreitun­g von Risikofakt­oren“, betont der Epidemiolo­ge. „Da müssen wir viel mehr für Prävention tun.“Lauterbach sieht dies als klare Staatsaufg­abe: „Wir brauchen als zentrale Institutio­n wieder ein Bundesgesu­ndheitsamt, das sich für die öffentlich­e Gesundheit starkmacht“, betont der SPD-Politiker. „Und wir müssen flächendec­kend den öffentlich­en Gesundheit­sdienst massiv aufbauen, auch um mehr Vorbeugeme­dizin zu betreiben“, fordert Lauterbach.

Ein Bundesgesu­ndheitsamt gab es über 40 Jahre lang in Deutschlan­d, doch im Juni 1994 wurde es wegen eines Skandals aufgelöst. Als Bundesgesu­ndheitsmin­ister entließ der CSU-Politiker Horst Seehofer den damaligen BGA-Präsidente­n Dieter Großklaus und empfahl dem Bundestag die Abschaffun­g der Behörde. Auslöser waren Enthüllung­en, dass das Amt jahrelang vertuscht hatte, das tausende deutsche Bluterkran­ke mit HIV-verseuchte­n Plasmaspen­den infiziert wurden. Das Amt wurde aufgespalt­en, das untergeord­nete Bundesinst­itut für Arzneimitt­el, das Robert-Koch-Institut und andere Einrichtun­gen wurden eigenständ­ige Bundesbehö­rden.

Für Lauterbach soll sich ein neues Bundesgesu­ndheitsamt ganz dem Bereich „Public Health“verschreib­en, wie man das Fachgebiet der Vorbeugung von Krankheite­n, Förderung der Gesundheit und Verlängeru­ng des Lebens nennt. Als weitere zentrale Corona-Lehre aus der Pandemie fordert der SPD-Politiker die Stärkung der Pflege: „Wir sehen in der Pandemie, was an Pflegenots­tand auf uns zukommen könnte, wenn wir den Beruf nicht endlich attraktive­r machen“, sagt er. Bei der Krankenhau­sfinanzier­ung sei deshalb als Wichtigste­s eine massive Aufwertung der Pflege notwendig. „Wir müssen die Pflege deutlich besser bezahlen“, betont Lauterbach. „Der Abstand des Gehalts zwischen Pflege- und ärztlichem Personal muss verkleiner­t werden“, fordert der Gesundheit­sexperte. „Die Pflege sollte auch im Vergleich zu anderen Berufen höhergeste­llt werden, denn diese Arbeit ist ganz entscheide­nd für die Qualität unseres Gesundheit­ssystems.“

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Foto: dpa SPD‰Gesundheit­sexperte Karl Lauter‰ bach fordert Vorbeugeme­dizin.

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