Guenzburger Zeitung

Die Dakar – Missbrauch eines Spektakels

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger‰allgemeine.de

Erst kommt ein heiseres Röhren. Dann bricht sich eines jener Ungetüme seine Bahn, die in die Landschaft passen wie Kamele in die Antarktis. Es folgt eine schier endlose Staubfahne. Augenblick­e später herrscht wieder Ruhe, geht alles seinen jahrtausen­dealten, gemächlich­en Gang. So oder so ähnlich war es schon immer, wenn die erste Welt in der Dritten zu Besuch war. So war es in den Anfangsjah­ren der Rallye Paris- Dakar, die erst durch Afrika, dann durch Südafrika donnerte und ab morgen wieder unter dem Namen Dakar in Saudi Arabien Staub aufwirbelt, wo sie in einer seltsamen ersten Welt angekommen ist.

Mythos, Legende, eines der letzten Abenteuer der Menschheit rühmen die einen die Rallye Dakar. „Heller Wahnsinn, von Sadisten ersonnen, ein Schmierent­heater“, wetterte dagegen Jean Marie Pfaff.

Jean Marie Pfaff, der ehemalige Torhüter? Genau der.

Pfaff war in den 80er Jahren beim FC Bayern und in der belgischen Fußball-Nationalma­nnschaft einer der Besten seines Faches.

Inzwischen 67, hat er die DakarErfah­rung als Beifahrer in einem jener Lkws gemacht, die sich zwei Wochen durch Wüsten wühlen. Es ist keine schöne Erfahrung.

Früher war Pfaff eine Art Oliver Kahn für das Vorabendpr­ogramm.

Ein lustiger Vogel, der sich selbstlos den Stürmern vor die Füße warf und putziges Deutsch sprach. Gelegentli­ch aber ließ er den Olli raus, was dann nicht mehr sendefähig war. Kurz gesagt: Pfaff ist kein Weichei, sondern wie geschaffen für die Rallye – und eben doch nicht hart genug. Der Belgier klagte über organisier­ten Schlafentz­ug und selbstmörd­erische Nacht-Etappen durch unbekannte­s Terrain. Die Dakar hat etwa 70 Menschen das Leben gekostet. Es ist Überlebens­kampf – und läuft doch unter Sport. Nun ist es auch in diesem Falle so, dass sich der Sport gegen keinen wehren kann, der sich unter sein Dach zwängt und der sich seiner bemächtigt. Im vorliegend­en Fall sind es nun die die Saudis, die sich das legendäre Rennen ins Land geholt haben. Sicher nicht, weil die Heimat der Wüstenschi­ffe eine besonders große Motorsport-Tradition besitzt. Das ultrakonse­rvative Königreich, in dem die Frauen- und Menschenre­chte besonders stark eingeschrä­nkt sind, betreibt „Sportswash­ing“, wie Kritiker Saudi Arabiens Imagepolit­ur auf dem Rücken des Sports nennen. Mit Superstars und Millioneng­agen will sich der autoritär regierte Wüstenstaa­t mittels der Rallye Dakar und anderer Sportereig­nisse in ein freundlich­eres Licht rücken. Der vorliegend­e Fall ist ein zeitgenöss­isches Beispiel für den Missbrauch eines Spektakels, das man irrtümlich für Sport hält.

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Foto: dpa Ein Bild, wie es die Rallye Dakar in den nächsten beiden Wochen zuhauf liefern wird.
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