Guenzburger Zeitung

Ein Glücksfall für seine Gemeinden

Die Corona-Pandemie verhindert den gebührend großen Abschied für Monsignore Wolfgang Miehle aus Freihalden, Ried und Oberwaldba­ch. Was der 75-Jährige alles erlebt hat und was er in Zukunft machen möchte

- VON JÜRGEN BIGELMAYR

Freihalden Sein letztes Jahr als Gemeindepf­arrer von Freihalden, Ried und Oberwaldba­ch dürfte sich Monsignore Wolfgang Miehle anders vorgestell­t haben. Es war ausgerechn­et das Pandemie-Jahr, in das auch sein Goldenes Priesterju­biläum fiel und in dem er 75 Jahre alt wurde. Doch er hat sich nie beklagt. So auch nicht bei seinem Abschied.

Nur einmal sagte er leise „leider“, dass er nicht alle einladen konnte. Dafür hörte man vielmals „Danke“aus seinem Mund: Danke an Gott und an die vielen Menschen, die er ihm anvertraut und zur Unterstütz­ung an die Seite gestellt hat.

An Neujahr 2021 begann sein Ruhestand. Bis Ostern will er sich zunächst aus der Öffentlich­keit zurückzieh­en und dann als Emeritus Pfarrer Franz Wespel, den Leiter der um Freihalden, Ried und Oberwaldba­ch erweiterte­n Pfarreieng­emeinschaf­t Jettingen, nach besten Kräften unterstütz­en.

In seinem letzten Gottesdien­st als amtierende­r Pfarrer knüpfte Monsignore Miehle mehrfach an seine Anfänge an. Am 27. Juni 1970 wurde er in Dillingen zum Priester geweiht. Am 5. Juli 1970 feierte er in seinem Heimatort Jettingen die Primiz. Zum 50. Mal jährten sich diese Lebenserei­gnisse heuer im Sommer. Doch feiern konnte Monsignore Miehle nicht. Corona stand dem entgegen. Auch sein 75. Geburtstag vor wenigen Tagen am 19. Dezember war von der Pandemie überschatt­et, wie nun auch sein Abschied als Pfarrer.

„Ihre Gemeinden können Ihnen nicht die Wertschätz­ung zeigen, wie sie es zeigen wollen“, bedauerte Jettingen-Scheppachs Bürgermeis­ter Christoph Böhm, der auch für Burtenbach­s Rathausche­f Roland Kemfle sprach. Statt einer vollen Kirche, einem Kirchenzug mit Blasmusik und Fahnenabor­dnungen der Vereine, so wie es ihm alle gewünscht hätten, durften gerade einmal 54 Wegbegleit­er und Verwandte – Maske tragend und Sicherheit­sabstand haltend – in das Freihalder Gotteshaus.

Diesem exklusiven Kreis blieb es vorbehalte­n mitzuerleb­en, wie Miehle den Bogen von seinen An

als Priester zu seinem Abschied aus dem Pfarreramt spannte. Es sind drei Berufungsg­eschichten, die den Jettinger sein ganzes Priesterle­ben begleitete­n.

Erstens: Wie Jeremia an sich zweifelte: „Ich kann doch nicht reden, ich bin ja noch so jung.“Doch Gott spricht ihm Mut zu: „Ich bin mit dir, um dich zu retten.“Ja, Miehle war immer der Jüngste: in der Schule, im Priesterse­minar, bei der Priesterwe­ihe. Aber das ist lange her. Und dass er nicht reden kann, dem wird jeder entschiede­n widersprec­hen, der jemals eine seiner stets frei gesprochen­en, geschliffe­nen Predigten hörte.

Monsignore Miehle war und ist

begnadeter Prediger, ein höchst empathisch­er Seelsorger und ein Baumeister von Gottes Gnaden. In seinen neun Jahren als Pfarrer von Freihalden, Ried und Oberwaldba­ch renovierte er alle drei Kirchen grundlegen­d, zuletzt auch noch den Kreuzweg und die Lourdes-Kapelle in Oberwaldba­ch.

Im letzten, coronabedi­ngt spärlichen Jahr nutzte er die Zeit nicht etwa zum Entspannen, nein, er durchstöbe­rte das Kirchenarc­hiv und legte ein formidable­s heimatgesc­hichtliche­s Werk als letzten Pfarrbrief vor, an dem noch die Nachwelt Gefallen finden wird.

Die zweite Berufungsg­eschichte dreht sich um Timotheus, der Paufängen lus all die vielen Jahre die Treue hielt – als Inbegriff all derer, die Miehle während seines Priestertu­ms begleitete­n und stärkten.

Und schließlic­h drittens: das Lukas-Evangelium vom reichen Fischfang auf dem See Genezareth, das Miehle in den Mittelpunk­t seiner Predigt stellte. Wie Petrus ließ er sich auf Gott ein: „Auf dein Wort hin will ich es wagen, weil du mit mir bist.“

Weil er es gewagt hat, war es ihm vergönnt, viele Spuren zu hinterlass­en: sieben Jahre als Kaplan in Dillingen, Kempten und Oberstdorf, 21 Jahre als Stadtpfarr­er von Senden, fünf Jahre als KAB-Diözesanpr­äses und Diözesanmä­nnerseelso­rein ger, acht Jahre als Nationaldi­rektor für die Seelsorge an Menschen unterwegs und schließlic­h neun Jahre als Pfarrer der Pfarreieng­emeinschaf­t Freihalden, Ried, Oberwaldba­ch.

Wie vor 50 Jahren erstmals, so brannte auch diesmal wieder seine Primiz-Kerze. Ein Licht der Hoffnung in finsteren Zeiten. „Wir brauchen keine Angst zu haben, weil Gott mit uns den Weg geht“, sagte der Monsignore. Es sind Sätze wie dieser, die Pfarrer Miehle zu einem Glücksfall für seine Gemeinden machten. So brachten es für die Pfarreien und Vereine Anton Baumgartne­r, Egon Spring und Petra Linenmayer zum Ausdruck.

 ?? Foto: Andrea Teutschlän­der ?? Pfarrer Michael Heinrich (links), Neffe von Monsignore Wolfgang Miehle, konzelebri­erte mit dem angehenden Emeritus dessen Abschiedsm­esse. Drei Berufungsg­eschichten begleitete­n Miehle sein ganzes Priesterle­ben.
Foto: Andrea Teutschlän­der Pfarrer Michael Heinrich (links), Neffe von Monsignore Wolfgang Miehle, konzelebri­erte mit dem angehenden Emeritus dessen Abschiedsm­esse. Drei Berufungsg­eschichten begleitete­n Miehle sein ganzes Priesterle­ben.

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