Die Frage der Woche Sich über gute Horoskope freuen?
Etwa ein Viertel der Deutschen glaubt laut Umfragen daran, dass die Sterne unser Leben beeinflussen. Das bedeutet: Drei Viertel sind offenbar der Ansicht, dass die Astrologie ein großer Humbug ist. Warum aber dann lesen doch so viele Menschen ihre Horoskope? Also deutlich mehr als die 25 Prozent? Weil vielleicht ja etwas Gutes drinsteht… Darum geht es nämlich eigentlich. Keiner will lesen, dass der Mars einem einen Strich durch die Rechnung macht, die Venus leider nichts für einen parat hält, und man außerdem vorsichtig in Geldangelegenheiten sein sollte.
Aber hey, wenn da nun steht, dass Glücksplanet Jupiter sein Füllhorn über einem ausschüttet, dann ist das doch eine wunderbare Sache – warum sich darüber nicht freuen? Etwa aus Prinzip nicht? Papperlapapp! Ein gutes Horoskop wirkt ja eher wie ein Espresso: Bringt einfach ein bisschen Schwung, nicht mehr. Bloß weil nun Jupiter offenbar in Spendierlaune ist, wird ja keiner die Arbeit niederlegen und zu Hause aufs Füllhorn warten. Das wäre dann tatsächlich fatal. Würde die Frage lauten, ob schlechte Horoskope einem Anlass zur Sorge geben sollen, wäre die Antwort übrigens auch ein klares Nein. Aber weil Astrologen wissen, dass sie bald ihren Job los wären, wenn sie die Menschheit ständig mit schlimmen Vorhersagen peinigen und entmutigen würden, lesen sie aus den Sternen dankenswerterweise ja meist auch irgendetwas Gutes heraus. Und gerade weil bislang doch keiner schwarz auf weiß beweisen konnte, dass Astrologie funktioniert, kann man mit den Ergebnissen machen, was man will: Schlechte Horoskope ignorieren und vergessen, gute dagegen ganz pragmatisch wie die Botschaften von Glückskeksen fürs kurze Freuen zwischendurch nutzen.
Obacht, persönliche Offenbarung: Hier schreibt einer, der in der Regel immer die Stufen, die er hinaufgeht, zählt und nicht nur interessiert vermerkt, ob sie insgesamt eine gerade Zahl ergeben, sondern auch, ob bei mehreren Stockwerken mitsamt der halben Treppen der Rhythmus passt: 7 und 13 etwa, beides nicht schön, aber zusammen doch rund… Alles Quatsch? Ordinärmystizismus gepaart mit Autismusverdächtigem? Wie Sie meinen. Aber es ist ein hübsches Spiel mit dem uralten Bedürfnis der Menschen, Zeichen aus der an sich bedeutungsstummen Welt für sich herauszulesen – die, wenn sie auch nur hineingelesen sind, immerhin von poetischer Schönheit sein können und allein schon das Hinschauen bewusster und genauer machen… In dieser Frage aber treffen gleich zwei Dinge zusammen, die einem solchen Poesiespiel
zwar ähnlich scheinen, aber in Wirklichkeit genau das Gegenteil sind: Horoskope nämlich tun in meist grässlich ungefährer Phrasenprosa, als wären sie viel mehr, irgendwie wissenschaftlich nämlich, nicht bloß Poesie – und eine Person, die sie liest, sie eigentlich nicht ernst zu nehmen versichert, sich dann aber doch an Positivem freut, vergeht sich an den Regeln des Spielens, die Gewinnen- und Verlierenkönnen vorgeben.
Es ist ungefähr so wie mit jenen Gegnern bei einem Gesellschaftsspiel, die sich freuen, wenn sie gewinnen, aber völlige Gleichgültigkeit zeigen, wenn es ein anderer tut. Spaß macht das Spiel mit denen eher selten. Und man könnte eine solche Willkür ja auch bisschen charakterlos, gar armselig nennen und ihre Anhänger zumindest so langweilig finden wie die meisten Horoskope selbst . Aber bitte: Wem’s Spaß macht! Wer’s braucht…