Eine Generalprobe als Mutmacher
Kurz vor der WM feiert die deutsche Mannschaft ein 34:20 gegen Österreich. Das Turnier findet ohne Fans statt
Köln Es gibt hin und wieder Tage, an denen das Gefühl wichtiger ist als das Resultat. Noch wesentlich besser ist es allerdings, wenn beides stimmt. So wie bei der deutschen Handball-Nationalmannschaft, die am Sonntag in Köln mit einem 34:20 (19:5)-Sieg über Österreich nicht nur die Qualifikation für die Europameisterschaft 2022 in Ungarn und der Slowakei perfekt machte, sondern auch mit einem gewissen Vertrauen in die eigene Stärke am Dienstag ins Flugzeug in Richtung Ägypten steigt.
Dort startet sie am Freitag gegen Außenseiter Uruguay in die Weltmeisterschaft, die für die Auswahl von Bundestrainer Alfred Gislason unter besonderen Vorzeichen steht. Das liegt einerseits natürlich an der Corona-Pandemie, vor allem aber auch am deutschen Kader. Gleich auf neun Spieler muss der Coach verzichten – und trotzdem reist der Europameister von 2016 immer noch zuversichtlich nach Nordafrika. „Die Jungs sind hier, weil sie alle gute Leistungen gezeigt haben. Sie haben es sich verdient, dabei zu sein“, unterstrich Kapitän Uwe Gensheimer sein Vertrauen in das Aufgebot.
Keine Frage: Alle im DHB-Lager wissen um den Verlust an Substanz durch die Ausfälle – und doch sind Spieler, Trainer und Funktionäre optimistisch, wozu es auch durchaus einen Grund gibt. Alle Profis sind Stammkräfte in der Bundesliga, der stärksten Liga der Welt. Entsprechend haben die personellen Möglichkeiten etwas von einem Speckgürtel, den sich der deutsche Handball in den vergangenen Jahren zugelegt hat. „Bei aller Unerfahrenheit, so hat doch jeder aus diesem
Kader eine lange Handballkarriere hinter sich. Und auch wenn fünf bis zehn Jungs fehlen, ist es immer noch kein Selbstläufer, deutscher Nationalspieler zu werden. Das spricht für eine sehr hohe Qualität“, sagte Sportvorstand Axel Kromer: „Wir wären liebend gern mit erfahrenen Spielern zur WM gefahren. Aber kein Verband kann Ausfälle besser kompensieren als der deutsche. Wir haben eine Breite in der Spitze.“
Das bewies das DHB-Team gegen Österreich erneut. Nach neun
stand es 5:0, beim 12:1 (17.) war die Begegnung bereits entschieden. Die Deutschen kamen immer wieder über den Gegenstoß und die zweite Welle zum Erfolg, das geliebte und vor allem benötigte Umschaltspiel klappte hervorragend – auch weil das Gislason-Team im Vergleich zum 36:27-Hinspielerfolg auf den Halbpositionen deutlich besser in der Abwehr stand. Der neuformierte Innenblock mit Sebastian Firnhaber und Johannes Golla agierte erneut zuverlässig. „Es macht Bock, hinter solch einer Abwehr zu spielen“, sagte der überragende Torwart Andreas Wolff. Auch Kromer stellte die Defensive in den Vordergrund. „Wir haben sehr gut verteidigt, eine tolle Staffelung hinbekommen und den Gegner deutlich früher angenommen als noch vor wenigen Tagen“, meinte der DHB-Sportvorstand, der das Resultat aber einzuschätzen wusste: „Das war eine optimale Partie, um Dinge zu probieren. Der Gegner war nicht in der Lage, uns die AufMinuten gaben zu stellen, die während der WM auf uns zukommen.“
In der Tat ging für die Österreicher vor der Pause alles viel zu schnell. Wären sie Schach- und keine Handballspieler gewesen, hätten sie vermutlich als Geste der Kapitulation ihren deutschen Kontrahenten einfach nur die Hand hingehalten und alles wäre vorbei gewesen. So aber mussten sie bis zum bitteren Ende durchziehen. Bundestrainer Gislason nutzte indes die gnadenlose Überlegenheit seines Teams für viele Personalwechsel. Antonio Metzner, der in der Pfalz bei der TSG Haßloch ausgebildet wurde und nun in der Bundesliga beim HC Erlangen unter Vertrag steht, kam zu seinem Länderspieldebüt und führte sich mit fünf Treffern hervorragend ein.
Nach dem Seitenwechsel gingen die Intensität in der Abwehr und das Tempo ein wenig verloren, doch Gislason war zufrieden: „Wir haben eine starke Abwehr hinbekommen, das wollte ich unbedingt haben.“
● WM nun doch ohne Zuschauer
Die Handball-Weltmeisterschaft in Ägypten wird nun doch ohne Zuschauer stattfinden. Diese Entscheidung teilten die Veranstalter am Sonntagabend via Twitter mit. Zuvor hatten sich die Organisatoren des Turniers vom 13. bis 31. Januar auf einem planmäßigen Treffen mit Teilen der ägyptischen Regierung beraten. Damit reagieren die Veranstalter wohl auch auf einen Protestbrief zahlreicher Spieler.
Die Kapitäne der europäischen Nationalteams um Uwe Gensheimer hatten darin ihre Bedenken hinsichtlich der Zuschauerpläne geäußert. Bis zuletzt hatten die Veranstalter die Hallen noch mit bis zu 20 Prozent der Zuschauerkapazität auslasten wollen.