Georg ist wieder ganz oben
Der Sturz der Brunnenfigur am Ichenhauser Marktplatz brachte Mängel zum Vorschein. Aber das Missgeschick war gleich aus drei Gründen in gewisser Weise auch ein Glücksfall
Ichenhausen Nachdem der Heilige Georg von seinem Podest heruntergestoßen worden war und eine ganze Zeit im Bürgerbüro der Stadt Ichenhausen verbracht hatte, musste er eine kleine Reise antreten. Jetzt ist er zurück in der Heimat und schaut wieder am Marktplatz in Ichenhausen auf die Menschen herab: Die Figur auf der Säule am Kriegergedächtnisbrunnen ist restauriert und wieder an ihrem angestammten Platz.
Ein Missgeschick hatte den im Volksmund als Georg bezeichneten Kämpfer zum Absturz gebracht: Beim Abbauen des großen Christbaums auf dem Marktplatz hatte sich im vergangenen Jahr ein Seil oder ein Kabel unglücklich in der Brunnenfigur verheddert, sie ging zu Boden. Das war in dreifacher Hinsicht ein Glücksfall: Erstens, weil bei dem Absturz der etwa 1,40 Meter großen Figur aus Bronzeguss niemand zu Schaden gekommen ist.
Zweitens, weil die Figur dabei nur minimal lädiert worden ist. Das Original hatte vor bald 100 Jahren der in Behlingen geborene akademische Bildhauer Jakob Rudolph geschaffen, für ein von Christen und Juden der Stadt Ichenhausen finanziertes Mahnmal, mit dem man ein Zeichen im Kampf gegen das Böse setzen wollte.
Das Mahnmal wurde 1925 enthüllt, der Kämpfer gegen das Böse aber fiel wenige Jahre später selbst dem Bösen zum Opfer, denn die Bronzefigur wurde im Zweiten Weltkrieg ebenso wie Kirchenglocken eingezogen und als „Metallspende“zur Rohstoffgewinnung eingeschmolzen.
Weil die Ichenhauser ihren Drachentöter aber sehr vermissten, fertigte der aus der Umgebung stammende Spenglermeister Georg Berger aus Zinkblech eine kunstvolle Nachbildung der Figur an, die bis in die 1970er-Jahre hinein den Kriegergedächtnisbrunnen krönte. Bei der Umgestaltung des Marktplatzes 1976 kam dann wieder eine Bronzeplastik auf die Säule. Die Stadt hatte das von Bildhauer Jakob Rudolph geschaffene Gipsmodell kaufen können, sodass ein originalgetreuer Nachguss möglich war.
Seitdem war die Bronzefigur am Ichenhauser Marktplatz Wind und Wetter ausgesetzt. Verfärbungen und Rostspuren an der Figur, insbesondere am Kopf, waren sichtbar.
zu sehen war aber, dass auch den Bolzen, mit denen die Figur auf der Steinsäule verankert ist, der Rost ziemlich stark zugesetzt hatte. Dass dies durch den ungewollten Sturz der Brunnenfigur bemerkt worden ist, bevor womöglich etwas
Schlimmes hätte passieren können, darf als die dritte glückliche Fügung gelten.
„Im Nachhinein muss man froh sein“, hatte Ichenhausens Bürgermeister Robert Strobel vor knapp einem Jahr gesagt, weil bei dem AbNicht sturz niemand zu Schaden gekommen war und die Beschädigungen an der Brunnenfigur nicht allzu gravierend waren.
Und jetzt steht der Georg wieder auf der Säule am Advent und Weihnachten prächtig geschmückten
Brunnen mitten in der Stadt. Die Restaurierung „hat wunderbar geklappt“, sagt Bürgermeister Strobel, allerdings sei sie schon „diffizil und aufwendig“gewesen. Insgesamt etwa 2000 Euro haben die Arbeiten gekostet.
Zuerst wurde das Schwert begradigt, das sich bei dem Sturz verbogen hatte. Das erledigte der Maschinenbaumechanikermeister Martin Schmid aus Waldstetten mit der gebotenen Vorsicht. „Dass es ja nicht bricht!“, war nicht nur ein Anliegen des Bürgermeisters.
Apropos Schwert: Für den Kämpfer gegen das Böse, der den Drachen zu seinen Füßen besiegen will, mag das Schwert ein brauchbares Werkzeug sein. Der Drache und die kämpferische Haltung der Figur haben den Kämpfer auf dem Brunnen bei den Ichenhausern dann auch zum Georg werden lassen – der Drachentöter Georg hat in der biblischen Bildsprache aber keineswegs ein Schwert, sondern eine Lanze.
Der Freundschaft der Ichenhauser Bürger zu ihrem Georg tut dies jedenfalls keinen Abbruch. Und weil sich gezeigt hatte, dass auch Georg verwundbar ist, war nach Waldstetten seine nächste Station Memmingen. Dort wurde die Bronze, ein verhältnismäßig weiches Metall, ganz behutsam gestrahlt und die oxidierten Stellen entfernt, sagt Stadtbaumeister Adolf Stapf, bei dem die Fäden für die Restaurierung der Brunnenfigur zusammenliefen.
Allerdings war damit auch die Patina weg, die der Figur nicht nur Schutz, sondern auch Charme gibt. Also ging die Reise weiter zu einer Firma bei Göppingen, wo laut Adolf Stapf ein paar größere schadhafte Stellen repariert wurden und der Georg eine neue Patina bekam. Auch die Konturen wurden dabei ein bisschen verstärkt, sagt Stapf. Das lasse die fein gezeichnete Figur wieder plastischer erscheinen. All diese Arbeiten geschahen in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde am Günzburger Landratsamt.
Neue Verankerungsbolzen bekam der Georg auch, und der Ichenhauser Steinmetzbetrieb Robert Wiedenmann reparierte einen kleinen Riss in der Brunnensäule und sorgte dafür, dass der Kämpfer wieder fest und sicher steht. Vor dem Abbau des Christbaums sollte sich einer wie Georg ja nicht fürchten müssen.