Trumps letzter Aufschlag
Begnadigungen und Salutschüsse
Washington Der einstige RealityTV-Star Donald Trump hat seine Präsidentschaft wie eine Fernsehserie inszeniert. In den letzten Tagen war er merkwürdig ruhig. Doch das Finale nach vier Jahren begeht der 74-Jährige buchstäblich mit einem Donnerschlag: Neben rund 100 Begnadigungen für Unterstützer und Freunde ist an diesem Mittwoch eine militärische Abschiedszeremonie geplant, bevor Trump ein letztes Mal die Air Force One besteigt.
Die Amtszeit des bisherigen Präsidenten endet am Mittwoch um zwölf Uhr Ortszeit. Bis dahin muss er das Weiße Haus räumen. Tatsächlich will Trump seinen bisherigen Amtssitz offenbar bereits im Morgengrauen verlassen. Für acht Uhr morgens hat er seine Unterstützer zu einer militärischen Abschiedszeremonie auf der Luftwaffenbasis Andrews vor den Toren Washingtons geladen. Der Wetterbericht sagt Temperaturen um den Gefrierpunkt voraus. Der von Trump im Streit gefeuerte ExKommunikationschef Anthony Scaramucci berichtet, dass selbst er eine Einladung erhalten habe, was auf einen großen Verteiler oder begrenztes Interesse schließen lässt.
Nach amerikanischen Medienberichten wünschte sich Trump zu seinem Abschied eine Militärparade auf dem Rollfeld. Nun ist von einem roten Teppich, einer Ehrengarde und 21 Schuss Salut ähnlich wie bei einem Staatsbesuch die Rede. Die Vorbereitungen sind streng vertraulich. Es ist unklar, ob Trump auch eine Rede hält. Für elf Uhr – eine
Die Air Force One soll um 11 Uhr in Florida landen
Stunde vor dem Amtswechsel – ist die Presse in Palm Beach in Florida zur Landung der Präsidentenmaschine geladen. Auf seinem dortigen Anwesen Mar-a-Lago wird Trump mit seiner Frau Melania und Sohn Barron künftig leben.
US-Zeitungen berichten, dass Trump in den vergangenen Tagen über einer langen Liste von Begnadigungen brütete. Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner sollen ihn dabei beraten haben. Außerdem bereitete sich Trump auf die drohende Impeachment-Anklage vor. Die New York Times spricht von 60 bis 100 Kandidaten für eine Last-Minute-Begnadigung, etwa für den im Juli wegen Korruption zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilten früheren Sprecher des New Yorker Abgeordnetenhauses, Sheldon Silver und den Rapper Lil Wayne, dem zehn Jahre Gefängnis wegen illegalem Waffenbesitz drohen.
In den vergangenen Wochen hatte Trump schon seinen Ex-Berater Roger Stone und Charles Kushner, den Vater seines Schwiegersohns, aus dem Gefängnis geholt. Hingegen soll er auf Anraten seiner Berater auf eine rechtlich höchst fragwürdige Selbstbegnadigung verzichten. Die würde nämlich wie ein Schuldeingeständnis wirken und könnte eine Mehrheit der Republikaner im Senat bewegen, für die formale Amtsenthebung und eine Sperre für alle öffentlichen Ämter zu stimmen.
Bereits am Montagabend zündete Trump eine Rauchbombe, mit der er Joe Biden mutmaßlich den Start erschweren will. Der scheidende Präsident kündigte überraschend an, das von ihm im März 2020 wegen der Corona-Pandemie verhängte Einreiseverbot für Reisende aus Europa zum 26. Januar aufzuheben. Binnen weniger Minuten widersprach Jen Psaki, die Sprecherin des künftigen Präsidenten Biden, bei Twitter: „Auf Anraten unseres medizinischen Teams beabsichtigt die Regierung nicht, diese Beschränkungen am 26.1. aufzuheben.“Eher sei eine Verschärfung geplant.
Die amerikanischen Präsidenten schwören feierlich, dass sie ihr Amt „getreulich ausführen und die Verfassung der Vereinigten Staaten nach besten Kräften wahren, schützen und verteidigen.“Wie groß ist der Schaden, den Trump hinterlässt?
Casper: Ich würde unterscheiden zwischen dem Schaden, den er an der Verfassung angerichtet hat und dem, den er der Rechtskultur beigefügt hat. Trump hat zwar einige Verfassungswidrigkeiten begangen und hat sich so verhalten, als ob er der Staat sei. Er ist ja nicht der Erste, der dieser Versuchung erlegen ist. Sie erinnern sich an Watergate, Richard Nixon. Auch Trump sah die Macht, die er hielt und die er in Anspruch nehmen konnte, für absolut. Dafür zahlen wir einen hohen Preis. Aber schlimmer ist, dass er die rechtsstaatliche Kultur untergraben hat.
Trump und das Verhältnis zu seinem Justizminister ...
Casper: Die Verfassung sagt in Artikel 2, dass die exekutive Macht dem Präsidenten zusteht. Exekutive Macht heißt: Er hat vor allem die Verantwortung für die Exekution des Rechts, für die Gesetzgebung.