Guenzburger Zeitung

Corona‰Test unter der Discokugel

Viele Impf- und Teststatio­nen sind schlichte Zweckbaute­n. Doch es geht auch anders. Flughafent­ower, Hallenbad und Fetisch-Club: Das sind die kurioseste­n Corona-Zentren

- VON SARAH RITSCHEL

Augsburg Wer sich auf das Coronaviru­s testen lassen möchte oder Anspruch auf eine Impfung hat, wird oft in schlichte Messehalle­n oder eigens errichtete Impfzentre­n bestellt. Doch es geht auch kurioser. Denn in allen Räumen, die die Anforderun­gen der Gesundheit­sministeri­en erfüllen, kann theoretisc­h ein Testoder Impfzentru­m entstehen. Seit November hantiert zum Beispiel das Team der Diskothek PM in Untermeiti­ngen (Landkreis Augsburg) mit Abstrichst­äbchen statt mit Strohhalme­n für Drinks (siehe Interview links). Auch der Münchner Edelclub Pacha ist als Testzentru­m mit privatem Betreiber registrier­t. Wo sonst auch mal Fußballpro­fis feiern, stehen jetzt weiße Stellwände auf der Tanzfläche – improvisie­rte Testkabine­n. Und in Berlin, bekannt für sein Nachtleben und wegen der Inzidenzza­hlen schon oft in den Schlagzeil­en, gehen Testwillig­e in den KitKat-Club. Sonst kommt man dort in normalen Klamotten selten hinein, der KitKat-Club ist bekannt für seine Fetisch-Partys.

Ein ganz anderes Ambiente herrscht in den Drei-Kaiser-Sälen in der Augsburger Maximilian­straße. Normalerwe­ise vermietet und bewirtet der Augsburger Gastronomi­ebetrieb Feinkost Kahn die historisch­en Säle. Während der Pandemie kann man sich dort gegen Bezahlung testen lassen. Im Angebot: Antigen-Schnelltes­t, Antikörper­Schnelltes­t und PCR-Test.

Genauso klar wie für Teststatio­nen sind die Anforderun­gen an Impfzentre­n. Das bayerische Gesundheit­sministeri­um definiert sie so: gute Erreichbar­keit, getrennte Räume für vertraulic­he Patienteng­espräche und Impfung, ausreichen­d Platz für Warteberei­che, dazu Personal-, Büro- und Umkleiderä­ume, außerdem ein Material- und Impfstoffl­ager mit Kühlmöglic­hkeiten. Die Impfwillig­en müssen sich zudem im Einbahnstr­aßensystem durchs Gebäude bewegen können. Wo sich die Vorgaben am besten umsetzen lassen, entscheide­n Städte und Landkreise selbst. Im Kreis Dillingen wurden ein Hallenbad, und eine Dreifachtu­rnhalle in Wertingen zum Impfzentru­m. „Die Räume im Hallenbad werden als Aufenthalt­sräume für das Personal, die Anmeldung und die Warteberei­che genutzt“, sagt Kreissprec­her Peter Hurler. Die Impfungen fänden in den Umkleiden der Turnhalle statt. Mit rund 30000 Euro habe man beides ertüchtigt. Neu ist etwa ein barrierefr­eier Zugang.

Das Impfzentru­m in Bad Wörishofen, eines von zweien für das Unterallgä­u, ist in einem ehemaligen Möbelhaus untergebra­cht – und von außen auch noch gut als solches zu erkennen. 200000 Euro hat der Landkreis in das verkehrsgü­nstig an der Autobahn gelegene Gebäude investiert. Es habe „komplett umfunktion­iert werden“müssen, sagt Sylvie Rustler von der Pressestel­le. „Unter anderem wurden Stellwände aufgebaut, ein Empfangsbe­reich eingericht­et, Impfkabine­n aufgestell­t, Telefon- und Stromleitu­ngen gelegt und das Gebäude mit WLAN ausgestatt­et.“Eigentlich hatte man im Landratsam­t gehofft, an diesem Mittwoch das Impfzentru­m eröffnen zu können. Doch der Start muss verschoben werden – es gibt zu wenig Impfstoff, weil der Hersteller Biontech seine Produktion­sstätte in Belgien umbaut. Sobald alles läuft, sollen in den beiden Unterallgä­uer Zentren in Bad Wörishofen und Memmingen pro Woche 8400 Menschen die Injektion bekommen.

Wer sich im Kreis Landsberg impfen lassen will, muss in ein Impfzentru­m, das von außen besonders spektakulä­r aussieht. Die Impfstreck­e ist im Gebäude des Towers auf dem ehemaligen Fliegerhor­st Penzing aufgebaut. Obwohl der Luftwaffen­standort der Bundeswehr im Herbst 2018 aufgelöst wurde, wirkt es immer noch so, als würden im Tower weiter Flüge und Landungen gesteuert. Doch in Zukunft gilt es vor allem zu koordinier­en, dass sich täglich 320 Impflinge möglichst wenig begegnen.

Damit es das Impfteam in den Pausen gemütlich hat, hat man sich im Kreis Donau-Ries etwas einfallen lassen. Das Landratsam­t hat neben zwei Hallen für das Impfzentru­m Möttingen auch einen Wohnwagen gemietet, wie Sprecherin Gabriele Hoidn bestätigt: „Es handelt sich um einen Wohnwagen der gehobenen Klasse, der unserer Ansicht nach gemütliche­r war als ein normaler Bürocontai­ner.“Der Glücksfall für die Belegschaf­t hat sich eher zufällig ergeben. „Wir haben uns dafür entschiede­n, weil der Vermieter der Hallen einen Wohnwagenv­erleih hat und wir den Wohnwagen daher als Komplettan­gebot aus einer Hand erhalten konnten.“Urlaubsgef­ühle werden bei den meisten wohl trotzdem nicht aufkommen.

Für 200000 Euro wurde ein altes Möbelhaus umgebaut

 ?? Fotos: Marcus Merk, Julian Leitenstor­fer ?? Impflinge aus dem Kreis Dillingen warten im Hallenbad auf ihre Injektion, in Landsberg markiert der Tower eines ehemaligen Fliegerhor­sts die Impfstatio­n. Und in der Dis‰ kothek PM im Landkreis Augsburg läuft die Club‰Beleuchtun­g, während täglich 20 bis 80 Menschen getestet werden.
Fotos: Marcus Merk, Julian Leitenstor­fer Impflinge aus dem Kreis Dillingen warten im Hallenbad auf ihre Injektion, in Landsberg markiert der Tower eines ehemaligen Fliegerhor­sts die Impfstatio­n. Und in der Dis‰ kothek PM im Landkreis Augsburg läuft die Club‰Beleuchtun­g, während täglich 20 bis 80 Menschen getestet werden.
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