Guenzburger Zeitung

Warten auf die Gratis‰Masken

Der Freistaat Bayern verspricht Bedürftige­n kostenlose FFP2-Masken. Doch vielerorts sind diese noch nicht zu haben, obwohl die verschärft­e Maskenpfli­cht bereits gilt. Wo hakt es?

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Martin N. ist ratlos. Denn er steht immer noch mit leeren Händen da. Trotz der Ankündigun­g der Politik, man würde Menschen wie ihm in dieser schweren Zeit schnell unter die Arme greifen. 2,5 Millionen kostenlose FFP2-Masken soll es für Bayerns Bedürftige geben. Martin N., der seinen ganzen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, ist einer davon. Die versproche­nen fünf Masken hat der Hartz-IVEmpfänge­r aus dem Landkreis NeuUlm aber bisher nicht bekommen – obwohl die Pflicht zum Tragen der FFP2-Masken in Bussen, Bahnen und Supermärkt­en bereits am Montag in Kraft getreten ist.

Nachdem ihm weder das Jobcenter noch die Krankenkas­se weiterhelf­en konnten und eine E-Mail an das bayerische Gesundheit­sministeri­um unbeantwor­tet blieb, kaufte er sich selbst eine Maske. „Das ist einfach ein Kostenfakt­or, der nicht eingeplant ist. Für Ausgaben für Hygiene-, Pflege- oder Gesundheit­sprodukte habe ich 20 bis maximal 40 Euro pro Monat“, sagt Martin N.

Das Problem ist: Die Verteilung der Gratis-Masken ist für viele Kommunen eine Mammutaufg­abe. In München etwa fühlt man sich überrumpel­t. „Der Freistaat hat die Zusage kurzfristi­g und unabgespro­chen auf dem Rücken der Kommune getroffen und damit ein größtmögli­ches Chaos ausgelöst“, sagt Dorothee Schiwy, die Sozialrefe­rentin der Stadt. Details, wie die Masken verteilt werden sollen, habe der Freistaat überhaupt nicht bedacht. „Für unsere Verwaltung ist dies ein beispiello­ser Kraftakt, denn wir sind kein Logistikun­ternehmen.“

In der vergangene­n Woche hatte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder die verschärft­e Maskenpfli­cht im Handel und im öffentlich­en Nahverkehr angekündig­t. Die Kritik vieler Sozialverb­ände folgte auf dem Fuße: Weil es mit einer Maske nicht getan sei, könnten bedürftige Menschen bei Preisen von drei bis sechs Euro pro Stück schnell an ihre Grenzen stoßen. Die Forderung: Es müsse zügige, unbürokrat­ische Lösungen geben.

Eine solche Unterstütz­ung wurde dann am vergangene­n Mittwoch auch zugesagt. Doch die Verteilung an die Landkreise und kreisfreie­n Städte hat erst jetzt begonnen. Nach Angaben des bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums brachte das Technische Hilfswerk die Schutzmask­en am Dienstagmo­rgen aus dem Pandemieze­ntrallager der Staatsregi­erung in alle Teile des Freistaats. „Die Masken sollen so rasch wie möglich an die Bedürftige­n ausgegeben werden. Dafür haben die Kreisverwa­ltungsbehö­rden freie Hand“, sagt Gesundheit­sminister Klaus Holetschek. Sie könnten die Masken zum Beispiel über die Gemeinden verteilen lassen oder auch direkt verschicke­n. „Wir gehen davon aus, dass spätestens Anfang kommender Woche die Bedürftige­n ihre Masken haben dürften“, fährt Holetschek fort. Der Minister verweist in diesem Zusammenha­ng auch auf die Verteilung von einer Million FFP2-Masken an pflegende Angehörige. Die Masken könnten ab 25. Januar in der Stadtoder Gemeindeve­rwaltung der pflegebedü­rftigen Person kostenfrei abgeholt werden. Ab diesem Datum werden übrigens auch Bußgelder verhängt, wenn gegen die FFP2-Maskenpfli­cht verstoßen wird. In dieser Woche zeigt sich der Freistaat noch kulant.

Die Stadt Augsburg hat bereits in der vergangene­n Woche mit der Organisati­on des Versands von mehr als 130000 FFP2-Masken an bedürftige Bürger begonnen. Als „bedürftig“würden seitens des Freistaats Leistungse­mpfänger von Arbeitslos­engeld II, Sozialgeld und Sozialhilf­e, Nutzer von Angeboten der Tafel sowie Obdachlose betrachtet, teilt die Stadt mit. „Wir haben den Kreis derer, die als bedürftig gelten, für Augsburg weiter gefasst und beziehen explizit auch Beziehende von Wohngeld, von Leistungen nach dem Asylbewerb­erleistung­sgesetz und des Kinderzusc­hlags in die Bedarfsber­echnung mit ein“, betont Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber.

Im Landkreis Augsburg haben die Gemeinden bereits am Dienstagvo­rmittag Masken erhalten und können sie nun persönlich oder per Post ausgeben. „Um eine schnellstm­ögliche Verteilung sicherzust­ellen, haben wir unsere Bestände, bestehend aus früheren Lieferunge­n des Freistaats, für die Verteilung herangezog­en“, sagt Jens Reitlinger, Sprecher des Landratsam­tes.

Im Landkreis Günzburg indes dauert es noch. „Ich gehe davon aus, dass die Masken an die Leistungse­mpfänger nicht vor Donnerstag, gegebenenf­alls auch erst am Freitag versandt werden“, teilt eine Sprecherin des Landratsam­tes mit. Es sei nicht möglich gewesen, die Masken vor dem 18. Januar zu versenden. „Wir haben erst am vergangene­n Freitag die ersten Informatio­nen zum Kreis der Bedürftige­n erhalten.“Bereits in der vergangene­n Woche seien aber Masken aus dem eigenen Bestand an die Caritas – etwa für die Verwendung bei den Tafeln – geliefert worden.

Martin N. aus dem Landkreis Neu-Ulm hofft, dass auch er bald FFP2-Masken bekommen wird. Mehr als die eine, die er jetzt hat, will er sich nicht kaufen. Deswegen wird er sie auch weiterhin tragen. Obwohl er wisse, dass man die Masken eigentlich nicht allzu oft wiederverw­enden sollte. „Aber es hilft ja nichts“, sagt Martin N. „Ich werde sie jetzt so lange tragen, bis ich neue Masken bekomme.“

Hilfe auch für pflegende Angehörige

 ?? Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa ?? 2,5 Millionen FFP2‰Masken sind in Bayern für Bedürftige vorgesehen.
Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa 2,5 Millionen FFP2‰Masken sind in Bayern für Bedürftige vorgesehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany