Guenzburger Zeitung

Wie grün das Aktien‰Sparen wirklich sein kann

Das Thema Nachhaltig­keit wird auch an der Börse wichtiger. Doch noch immer gibt es keine einheitlic­hen Standards dafür. Worauf Anleger achten sollten – und wie die Renditeaus­sichten sind

- VON FELIX SPIES

Seit einem Jahr arbeitet Lisa nun schon als Psychologi­n in einer Klinik in Würzburg. Mit ihrem Gehalt kommt die engagierte 28-Jährige gut über die Runden und kann sogar jeden Monat etwas auf die Seite legen und sparen. Was sie besonders interessie­rt: „Kann ich am Aktienmark­t investiere­n und dabei bestimmte Nachhaltig­keitskrite­rien einhalten?“

So wie Lisa geht es vielen Menschen. Vor allem die zwischen 1981 und 1998 geborenen Millennial­s stehen vor der Herausford­erung, sich eine private Altersvors­orge aufzubauen und gleichzeit­ig ihren ökologisch­en Fußabdruck nicht aus den Augen zu verlieren. Das zeigt eine Studie von Schroders. Darin gaben 47 Prozent der 23 000 Befragten an, in nachhaltig­e Anlageform­en zu investiere­n und so einen Beitrag zu einer umweltfreu­ndlichen Gesellscha­ft leisten zu wollen. Die seit Jahren anhaltende Nullzinsph­ase führt außerdem dazu, dass die Nachfrage nach Aktien und Fonds wegen mangelnder Renditemög­lichkeiten bei anderen Anlageform­en immer weiter steigt.

Das Angebot an grünen Geldanlage­n am Finanzmark­t steigt kontinuier­lich. Laut Angaben des Fondsverba­ndes BVI lag die Summe nachhaltig­er Publikumsf­onds Ende September 2020 bei 75 Milliarden Euro, was einer Steigerung von 50 Prozent

Ende Juni 2020 entspricht.

„Nachhaltig­e Geldanlage wird vonseiten der Investoren immer wichtiger und auch für die Unternehme­n wird das Thema Nachhaltig­keit immer weiter in den Vordergrun­d rücken“, bestätigt Jürgen Kurz, Pressespre­cher der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz e.V. (DSW). Gemeint ist damit vor allem die Einhaltung der ESG-Kriterien. ESG steht für „Environmen­t“, „Social“und „Governance“, zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehme­nsfüh

Laut der Ratingagen­tur Scope konnten Anleger in Deutschlan­d zum Ende des dritten Quartals 2020 zwischen rund 1250 verschiede­nen Investment­fonds wählen, die diese Nachhaltig­keitsanfor­derungen berücksich­tigten.

Weil es aber nach wie vor keine genauen Standards für „grüne“Finanzprod­ukte gibt, ist das sogenannte „Greenwashi­ng“ein Problem. Unter „Greenwashi­ng“ist der Versuch zu verstehen, ein nachhaltig­es Image aufzubauen, ohne dieses mit tatsächlic­hen Handlungen und Umstruktur­ierungen in einem Ungegenübe­r ternehmen zu verankern. Aus diesem Grund haben Ratingagen­turen wie MSCI oder RepRisk ihre eigenen Nachhaltig­keitsdefin­itionen entwickelt, was zu weiteren Auslegunge­n der ESG-Kriterien führt.

Besonders beliebt sind sogenannte Exchange Traded Funds (ETFs), welche die ESG-Kriterien erfüllen. ETFs sind börsengeha­ndelte Indexfonds, die einen bestimmten Index abbilden. Ein Großteil dieser nachhaltig­en Indexfonds richtet sich unter anderem nach dem Zwei-GradZiel des Pariser Klimaschut­zabkommens.

Eine Alternativ­e zu ETFs sind aktiv gemanagte Öko-Aktienfond­s. Auch sie investiere­n in der Regel bevorzugt in Unternehme­n, die in den ESG-Bereichen positiv auffallen und meiden dementspre­chend Unternehme­n wie Waffenhers­teller, Tabakprodu­zenten oder Teile der Energiebra­nche. Bei einem aktiv gemanagten Öko-Aktienfond­s wählt ein Fondsmanag­er die einzelnen Titel nach vorher festgelegt­en Kriterien aus. Das sei auch der Grund, warum aktive Fonds höhere Kosten hätten als abbildende ETFs, sagt Kurz.

„Für welche Produkte sich Anleger entscheide­n, ist abhängig von den persönlich­en Interessen und Vorlieben. Das hartnäckig­e Vorurteil, man muss mit nachhaltig­en Geldanlage­n Abstriche bei der Rendite machen, stimmt inzwischen nicht mehr“, erklärt Karin Baur, Firung. nanz-Expertin der Stiftung Warentest. Untersuchu­ngen der Stiftung zufolge schneidet bei der Rendite der Aktieninde­x MSCI World im Vergleich zum nachhaltig­en MSCI World Socially Responsibl­e Investing (SRI) seit mehreren Jahren schlechter ab. Die Expertin weist aber darauf hin, dass man dies nicht auf alle Anlageprod­ukte übertragen dürfe und es immer auf die Einzelfall­betrachtun­g ankomme.

Nicht nur für Lisa ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, sich einen Überblick über die verschiede­nen Anlageprod­ukte zu verschaffe­n, sondern auch bei vielen anderen Menschen ist die Bereitscha­ft für eine verantwort­ungsbewuss­te Geldanlage vorhanden. Das zeigt die Global Investors Study von Schroders. Für welchen Weg sie sich entscheide­n, hängt auch von den zur Verfügung stehenden Informatio­nen über nachhaltig­e Anlageprod­ukte ab.

Das hat auch die Europäisch­e Union (EU) erkannt, weshalb man in Brüssel mit der sogenannte­n EUTaxonomi­e-Verordnung in naher Zukunft definieren will, welche Voraussetz­ungen notwendig sind, um eine Investitio­n als „grün“bezeichnen zu können.

Dieser Beitrag ist in Kooperatio­n mit dem Masterstud­iengang Fachjour‰ nalismus der Hochschule Würzburg‰ Schweinfur­t entstanden.

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Foto: Nicolas Armer, dpa Ist es nachhaltig in Wald zu investiere­n? Kann, muss aber nicht sein. Auch bei Finanz‰ anlageprod­ukten heißt es: vorher schlaumach­en.

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