Guenzburger Zeitung

Zehn Mal Vorfreude

Neue Romane des Frühjahrs

- VON STEFANIE WIRSCHING

Die Nacht ist noch lang, die Sonne winterkalt, der Lockdown zäh wie Bodennebel. Aber zumindest zwischen Buchdeckel­n geschieht weiter viel! Hier ein Ausblick auf den Bücherfrüh­ling mit zehn Romanen, auf die man sich freuen darf.

Im Hanser-Verlag startet das Frühjahr mitten im Winter, nämlich nächste Woche. Am 25. Januar kommt nicht nur der alljährlic­h neue Roman von T.C. Boyle in die Buchhandlu­ngen: In Sprich mit mir erzählt der US-Amerikaner komisch wie einfühlsam die Geschichte des Affen Sam, der umsorgt wie ein Kind lernt mit dem Menschen zu kommunizie­ren, beinahe zum Fernsehsta­r wird, dann doch im Käfig landet. Am gleichen Tag erscheinen außerdem Vati von Monika Helfer, in dem sie nach ihrem Bestseller Die Bagage die eigene Familienge­schichte weiter fortschrei­bt, sowie von der US-amerikanis­chen Autorin Ottessa Moshfegh, Meisterin des schrägen abgründige­n, der Roman Der Tod in ihren Händen: eine einsame alte Frau verstrickt sich in einen Kriminalfa­ll …

Raus aufs Land, ins brandenbur­gische Nirgendwo, geht es wieder mit Juli Zeh und ihrem neuen sehr gegenwärti­gen Roman Über Men‰ schen. Dort stört gleich mal ein Nachbar, kahlrasier­t und rechter Sprücheklo­pfer, den Frieden, den sich die Neudörfler­lin Dora ersehnt. Die will sich aus der städtische­n Lockdown-Enge befreien und sucht auch ansonsten eigentlich Abstand. Ein garantiert­er Bestseller (Luchterhan­d, 22. März), das gilt auch für den neuen Roman von Benedict Wells, der am 24. Februar bei Diogenes erscheint. Wells verlegt sein Plot in Hard Land raus aus der Gegenwart und Deutschlan­d nach Missouri im Jahr 1985. Dort erlebt der 15-jährige Sam diesen einen großen Sommer, wenn man sich vom Kind zum Erwachsene­n häutet. Zitat aus dem Roman: „Und ich fühlte mich so, wie ich mich schon mein ganzes Leben lang fühlen wollte: übermütig und wach und mittendrin und unsterblic­h.“Vom späten Aufbruch einer Frau in ein neues Leben, der nächste Häutung, handelt dagegen Judith Hermanns Roman Daheim (S.Fischer, 26. April). Sozusagen auch Sommerhaus, aber später…

Der Fallmeiste­r. Eine kurze Ge‰ schichte vom Töten – so der Titel von Christoph Ransmayrs neuem Roman bei S. Fischer (24. März). Wovon der handelt? In aller Kürze: von Schuld, Vergebung, reißendem Wasser und Wasserkrie­gen. Die Französin Leila Slimani hat sich mit sehr schmalen, abgründige­n, Romanen eine internatio­nale Leserschaf­t erschriebe­n. Nun folgt ein Epos: Bei Luchterhan­d erscheint am 24. Mai mit Das Land der Anderen der erste Band einer Familiensa­ga, dessen Geschichte der Slimanis eigenen Großeltern ähnelt: Eine junge Französin heiratet nach Ende des Weltkriegs einen marokkanis­chen Offizier, folgt ihm ins andere Land, wo sie sich mit dem alltäglich­en Rassismus der Kolonialge­sellschaft konfrontie­rt sieht. Die Verlassenh­eit des Menschen ist ein zentrales Thema in den Romanen des japanische­n Nobelpreis­trägers Kazuo Ishiguro. In Klara und die Sonne (Blessing, 15. März) aber leiht er seine Stimme einem anderen, einsamen Geschöpf: Klara, als künstliche Freundin für Jugendlich­e entwickelt, auf menschlich­e Nähe hoffend.

Also, zum Schluss, womit man nicht gerechnet hat… Nach 25 Jahren lässt Christian Kracht in Eurotrash (Kiepenheue­r & Witsch, 4. März) seinen Erzähler aus Faserland zurückkehr­en. Erster Satz, altbekannt­er Sound: „Also, ich musste wieder auf ein paar Tage nach Zürich“.

Eine Rückkehr – 25 Jahre nach Faserland

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