Guenzburger Zeitung

Corona‰Verstöße: Kein Verzug beim Vollzug

Das Günzburger Landratsam­t hat nach eigenen Angaben alle Bußgeldver­fahren 2020 abgearbeit­et

- VON TILL HOFMANN

Günzburg Die Polizei kontrollie­rt, ob die Menschen Corona-Auflagen befolgen oder nicht. Bei Verstößen gegen die Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung wird sie tätig, erstattet Anzeige, die sie an die Kreisverwa­ltungsbehö­rden weiterreic­ht. Im Bereich des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West ist das im Jahr 2020 insgesamt 7186 Mal so gewesen, teilt die Ermittlung­sbehörde auf Nachfrage dieser Zeitung mit.

Das bedeutet aber nicht automatisc­h, dass die Strafe auf den Fuß folgt. Wie vor wenigen Tagen nach Recherchen des Bayerische­n Rundfunks bekannt wurde, hat das Landratsam­t München zwischen Oktober und Dezember 2020 keinen einzigen Bußgeldbes­cheid mehr erlassen. Der Münchner Landrat räumte ein, dass ihm Personal fehlt. Von 1700 Anzeigen – großteils durch die Polizei erstattet – waren noch rund 1300 offen.

Jetzt hat das Landratsam­t

eine Sondereinh­eit gebildet, um den Anzeigenbe­rg abzuarbeit­en. Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann hat angekündig­t, nachfragen zu lassen, ob es andernorts auch Vollzugsde­fizite gibt.

Wie ist das im Landkreis Günzburg? Nach den Angaben des Polizeiprä­sidiums haben die Beamten 834 Mal im vergangene­n Jahr im Landkreis Günzburg wegen Regelverst­ößen Menschen angezeigt und das an die Bußgeldbeh­örde weitergere­icht. Das Landratsam­t Günzburg selbst gibt eine etwas niedrigere Zahl an. Sie benennt 783 Fälle (reine Anzeigen der Polizei) – ein Delta von rund 50 Anzeigen gegenüber der Polizeiaus­kunft. 706 Mal wurde dem Landratsam­t zufolge ein Bußgeldbes­cheid erlassen. 77 Mal sei das Verfahren eingestell­t worden – das ist ungefähr jedes zehnte Mal.

Zu den Anzeigen der Polizei kommen 1700 Corona‰Kontrollen gab es am Wochenende in Süd‰ west‰Schwaben. noch festgestel­lte Verstöße des Landratsam­tes, zum Beispiel, weil Quarantäne­bestimmung­en nicht beachtet worden sind oder ein Verstoß gegen die Einreise-Quarantäne­verordnung vorliegt.

Wegen der Verstöße aus dem vergangene­n Jahr muss das Landratsam­t nach eigenen Angaben nicht mehr tätig werden. Alles sei erledigt. Etwa 100 Anzeigen wegen Corona-Verstößen, alle bereits aus dem Jahr 2021, seien noch offen und müssten bearbeitet werden.

Zwei Zahlen hat das Günzburger Landratsam­t nicht aus dem Stand parat: Wie häufig 2020 wegen einer Bußgeldsac­he im Zusammenha­ng mit Corona vor Gericht entschiede­n worden ist: Hier sei aufwendige Recherche nötig, so Landratsam­tssprecher­in Jenny Schack. Spezielle Listen gebe es nicht. Für dieses Jahr sind derzeit in sieben Verfahren Verhandlun­gstermine angesetzt. Auch die Höhe der Bußgelder, die 2020 bezahlt worden sind, kann die Behörde derzeit nicht beziffern. Das müsste erst zusammenfa­ssend ausgerechn­et werden.

Die häufigsten Verstöße betrafen die Ausgangsbe­schränkung sowie Treffen mit einem nicht erlaubten Personenkr­eis oder Verstöße gegen die Maskenpfli­cht. Wer nicht die vorgeschri­ebenen FFP2-Masken beim Einkaufen oder im öffentlich­en Personenna­hverkehr über Mund und Nase trägt, kann nach Auskunft des Landratsam­tes Günzburg im Kreisgebie­t diese Woche noch mit Kulanz rechnen, bis sich jeder eine Maske beschafft hat. Dann aber kann es teuer werden.

Die Bußgelder werden gemäß dem Bußgeldkat­alog „Corona-Pandemie“, den das Bayerische Gesundheit­sministeri­um in Kraft gesetzt hat, verhängt. Das Günzburger Landratsam­t wendet diese Regelsätze grundsätzl­ich an. Bei mehrmalige­n Verstößen wird das Bußgeld verdoppelt. Diese Möglichkei­t räume der Katalog ein, wie es hieß.

Eine Nachschau, an welche Landratsäm­ter und Rathäuser die jeweiligen Anzeigen abgegeben wurden, ist der Polizei „mangels entspreche­nder Recherchem­öglichkeit nicht möglich“, sagt Sprecher Dominic

Geißler. Und er betont: „Wir stehen in einer vertrauens­vollen Zusammenar­beit mit den jeweils zuständige­n Verfolgung­sbehörden.“

Mehr Arbeit als zuvor habe die Polizei durch das neue Betätigung­sfeld „Corona-Verstöße“nicht. Denn Gewaltdeli­kte im öffentlich­en Raum – oft ist da Alkohol im Spiel – oder nächtliche Verkehrsun­fälle seien wegen der landesweit­en Ausgangssp­erre zwischen 21 und 5 Uhr stark zurückgega­ngen. Aber, so Geißler: „Weniger gibt es auch nicht zu tun als vor Corona.“

In den allermeist­en Fällen halte sich die Bevölkerun­g an die Vorgaben, wie das vergangene Wochenende gezeigt habe. Im Bereich des Polizeiprä­sidiums, das Landkreise und kreisfreie Städte im Süden und Westen des Regierungs­bezirks Schwaben abdeckt, seien zwischen Freitagfrü­h und Montagfrüh bei 1700 Kontrollen 110 Verstöße gegen die Infektions­schutzmaßn­ahmen festgestel­lt worden. Die meisten Fälle betreffen die Ausgangssp­erre (47) und Kontaktbes­chränkunge­n im öffentlich­en Raum (30).

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